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Nitrat belastet Grundwasser

Die EU verklagt Deutschland wegen des Nitrat-Gehalts. Auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge werden die Grenzwerte teilweise überschritten.

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© dpa

Von Peggy Zill und Franz Werfel

Freital. In den vergangenen Tagen und Wochen waren sie wieder unterwegs, die Traktoren mit den Anhängern, die Gülle auf den Feldern in der Region verteilen. Für das Wachstum der Pflanzen ist das Nitrat gut, für den Menschen weniger: Nimmt er zu viel davon auf, können im Körper entstehende Abbauprodukte das Krebsrisiko erhöhen. Deshalb hat Trinkwasser einen Nitrat-Grenzwert: 50 Milligramm pro Liter (mg/l) dürfen es maximal sein.

Im Landkreis wird dieser Wert zumindest beim Grundwasser häufig überschritten: Von 36 Messstellen, an denen das sächsische Umweltlandesamt ein- bis zweimal jährlich Stichproben nimmt, lagen im vergangenen Jahr die Ergebnisse an sechs Messstellen über dem erlaubten Höchstwert. Dabei gibt es in der Region deutliche Unterschiede.

Der höchste Wert im Kreis wurde im Glashütter Ortsteil Cunnersdorf gemessen. Mit 100 mg/l war der Nitratwert im Grundwasser hier doppelt so hoch, wie maximal erlaubt. An der Kaitzbachquelle in Freital-Kleinnaundorf beträgt der Wert seit neun Jahren immer um die 66 mg/l, ebenso in Struppen. In Pirna-Mockethal pendelt der Nitratwert meist um die Höchstgrenze, zuletzt betrug er 49 mg/l, ähnlich ist die Situation an einer Messstelle in Wilsdruff. Hohen Schwankungen unterliegen die Messwerte in Pirna-Graupa. Lag der Wert vor einem Jahr noch bei 53 mg/l, so waren es in diesem Frühjahr nur noch 39 mg/l.

Zum Grundwasser haben die Verbraucher in der Regel aber gar keinen Kontakt. Es sei denn, sie haben noch einen eigenen Brunnen, sagt Karin Bernhardt vom sächsischen Umweltlandesamt. Je flacher man das Wasser entnimmt, desto mehr Nitrat ist zu erwarten. Hausbrunnen sind in der Regel nur sieben bis zehn Meter tief. Auch bei unmittelbar benachbarter Landwirtschaft sind höhere Nitrat-Werte möglich. Zum Gießen im Garten ist das Grundwasser dennoch geeignet, zum Trinken und vor allem für die Zubereitung von Babynahrung eher nicht.

Das Trinkwasser aus dem Wasserhahn hingegen sei für alle Zwecke bedenkenlos geeignet. Laut dem zuständigen Umweltlandesamt entwickelt sich die Situation zum Positiven: Die mehrjährige Auswertung der Nitrat-Konzentrationen in Sachsen zeige an den Flüssen und Seen überwiegend deutlich fallende Trends. Sowohl in der Landwirtschaft als auch bei der Abwasserbehandlung tue sich etwas. Als Ursache für die hohen Nitratwerte gelten die Überdüngung der Böden und Abgase aus Industrie und Verkehr. Laut Karin Bernhardt dauert es – je nach Boden – zwischen drei und 30 Jahre, bis der Stickstoff im Grundwasser überhaupt ankommt.

Die Trinkwasserversorger müssen ihr Wasser sowieso ständig kontrollieren. Trinkwasser gehört zu den am besten überprüften Lebensmitteln in Deutschland. Frank Kukuczka, Geschäftsführer der Wasserversorgung Weißeritzgruppe (WVW), sagt: „Mit Nitrat im Trinkwasser haben wir in der Region überhaupt kein Problem.“ Die Weißeritzregion bekommt ihr Trinkwasser aus der Talsperre Klingenberg und dem Altenberger Wasserspeicher.

Erhebliche Besserung seit der Wende

Die jüngste Laboruntersuchung fand für Klingenberg Anfang November statt. Das Ergebnis: zwölf Milligramm Nitrat pro Liter Wasser. In Altenberg sind es aktuell sogar nur zwei Milligramm je Liter. Die Pirnaer Stadtwerke geben auf ihrer Internetseite als aktuellen Nitrat-Laborwert zehn Milligramm je Liter an. „Um die Qualität zu gewährleisten, gibt es rund um die entsprechenden Talsperren Schutzzonen“, sagt Kukuczka. In diesen Zonen müssen Bauern besondere Auflagen beachten, etwa bei der Düngungsmenge. Damit deren Ernteausfälle kompensiert werden, überweist die WVW jährlich etwa 5 000 Euro an die Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV). Die ist für die Talsperren zuständig und reicht das Geld an die Bauern weiter.

Die LTV teilt auf Nachfrage mit, dass in allen sächsischen Talsperren die strengen EU-Richtlinien für Trinkwasser eingehalten werden. Nirgendwo sei die Nitratkonzentration höher als 25 Milligramm je Liter. Bis zur Wende sei das anders gewesen, sagt LTV-Sprecherin Britta Andreas. „Eine in der DDR über Jahre zunehmend intensivierte Landwirtschaft bedingte in den 1970er-Jahren relativ hohe Nitratkonzentrationen in den Trinkwassertalsperren“, sagt sie. Dass sich die Situation nach 1990 schnell verbessert habe, liege vor allem daran, dass die hiesigen Bauern deutlich weniger Tiere halten als früher.

Die EU hat Deutschland wegen der steigenden Nitratbelastung des Grundwassers und jahrelanger Untätigkeit bei dessen Schutz verklagt. Zum Beispiel werde zugelassen, dass wesentlich mehr Dünger auf die Äcker gebracht werde, als die Pflanzen überhaupt aufnehmen könnten, so ein Vorwurf. Auch die gesetzlichen Düngepausen von maximal drei Monaten seien viel zu kurz, heißt es in der Klageschrift.

In Sachsen verbessern sich die Werte jedoch seit zehn Jahren. Über dem zulässigen Grenzwert lagen 2015 rund 15 Prozent aller 500 Messstellen im Freistaat. Im Jahr 2005 waren es noch fünf Prozent mehr.