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Nieskys Blaues Wunder verschwindet

Jahrzehnte haben viele den Übergang am Waggonbau genutzt. Die Demontage bot reichlich Nervenkitzel.

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© Jens Trenkler

Von Jens Trenkler

Es ist früh am Morgen, als sich am Donnerstag die ersten Arbeiter an der Baustelle der künftigen Eisenbahnmagistrale zur Baubesprechung treffen. Am Ende der Plittstraße soll die bislang von Fußgängern genutzte blaue Brücke über die Eisenbahngleise demontiert werden. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Die Ketten müssen einem großen Gewicht standhalten.
Die Ketten müssen einem großen Gewicht standhalten. © Jens Trenkler
Mit der Demontage der Brücke geht in Niesky eine Ära zu Ende.
Mit der Demontage der Brücke geht in Niesky eine Ära zu Ende. © Jens Trenkler

8:00 Uhr Am Rande der Gleisanlagen werden Kranketten und Anschlagmaterial bereitgelegt. Insgesamt drei Autokräne werden von beiden Seiten der Brücke in Stellung gebracht.

8:30 Uhr Vom Osten her schieben sich dunkle Gewitterwolken in Richtung der Baustelle. Alle hoffen, dass sich das für heute angekündigte Gewitter Zeit lässt. Sturm können die Kranführer bei der Arbeit nicht gebrauchen. Insgesamt sieben große Gewichte werden am Heck des großen Kranes befestigt, um genügend Stabilität für die Demontage zu haben.

8:45 Uhr An den Treppenaufgängen der Brücke werden Befestigungen demontiert und Holzbretter beseitigt. Es scheint bald loszugehen. Ab und an schauen Nieskyer Bürger mit ihrem Fahrrad an der Baustelle vorbei, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen.

9:00 Uhr Nun geht es endlich los. Das Kranseil wird bedacht zu Boden gelassen und es werden Stahlketten an den Haken geschlagen. Der Ausleger bewegt sich langsam aber sicher in Richtung Brücke – doch Fehlalarm. Es müssen weitere Gerätschaften wie auch zwei Paletten voller Gasflaschen weggehoben werden. Diese benötigt man später, um die Brücke mittels Schneidbrenner vollständig zu zerlegen.

9:30 Uhr Nun kommen sichtlich mehr interessierte Nieskyer an die Gleisanlage. Meist sind es ältere Menschen, die Jahrzehnte im Stahlbau oder Waggonbau gearbeitet haben und ihren Arbeitsweg Tag für Tag über die Brücke abkürzten. Auch Angelika Starre ist mit ihrer Kamera an die Baustelle gekommen. Ich muss das Vorhaben doch im Bild für später festhalten, erklärt sie. Einige Fotos vom Gleisbau habe sie schon. Das Thema Bahnmagistrale steht bei ihrer Familie hoch im Kurs. Schließlich wohnt sie nur einen Steinwurf von der Gleisanlage entfernt. „Früher habe ich die Überquerung regelmäßig genutzt, um zum ESP-Unterricht zu kommen. Mit dem Abbau geht heut eine Ära zu Ende.“

10:00 Uhr Wieder setzt sich der Kran in Bewegung. Nun wird es wirklich ernst. Die beiden Brückenaufgänge hängen bereits am Haken der beiden kleinen Kräne. Auch am dritten Lastzug werden zwei Traversen für den Transport der Brücke befestigt. An schweren Stahlketten gleiten diese nun über die Brücke.

10:30 Uhr Mit Brechstange ausgestattet begeben sich die Bauarbeiter auf den Treppenzugang. Holzbohlen werden aus den Verankerungen gerissen. Auf der anderen Seite der Brücke beginnen die Bauarbeiter derweil mittels Brennschneider die letzten Verbindungen zwischen Tragwerk und Brücke zu kappen.

11:00 Uhr Es wird hektisch auf der Baustelle. Trotz bereitgestellter Brandwache und der zuvor erfolgten Bewässerung des Bahndammes kam es bei den Schneidarbeiten zur Entzündung der Grasfläche. Schnell wird das kleine Feuerchen abgelöscht und es kann weiter an der Demontage gearbeitet werden.

11:20 Uhr Alle Verbindungsteile scheinen gelöst. Der Kran beginnt mit dem ersten Hubarbeiten, doch dann schaltet die Automatik aus Sicherheitsgründen ab. Es muss nachgearbeitet werden. Eine der Befestigungen hält noch immer stand. Wenig später ist es dann so weit. Die Brücke schwebt über die Gleise zum Ablageort und wird auf Holzbalken abgelegt.

12:15 Uhr Nun heißt es in der Mittagshitze Rückbau für das gesamte Arbeitsteam. Ketten, Gurte und Führungsseile werden abgebaut und verpackt.