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Nieskyer Asylbewerberheim schließt im Februar

Noch leben 77 Menschen in der Klenke-Straße. Bis Anfang 2017 sollen sie ausziehen. Was wird dann aus dem Haus?

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© Jens Trenkler

Von Alexander Kempf

Noch gibt es in Niesky zwei Asylbewerberheime. Das soll sich aber schon bald ändern. „Der Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft Herrmann-Klenke-Straße wird mit Ablauf des 31. Januar 2017 eingestellt“, erklärt der zuständige Dezernent Werner Genau vom Landkreis Görlitz auf Nachfrage. Das Aus für das Asylbewerberheim steht schon länger fest. Die Nieskyer Stadtverwaltung und die Betreiberfirma seien darüber vom Landkreis Görlitz „mit angemessener Vorlaufzeit“ informiert worden. Mit dem Betreiber des Heimes will der Landkreis Görlitz nun noch abstimmen, wann die verbliebenen Bewohner umziehen müssen und wohin.

Derzeit leben noch 77 Menschen in dem Heim, das zuvor leer gestanden hat. Die größte Gruppe stammt mit 47 Personen aus Afghanistan. Flüchtlinge aus Syrien stellen mit 19 Personen die zweitgrößte Gruppe. Außerdem teilen sich die Unterkunft Asylbewerber aus dem Irak, Eritrea und Venezuela. Acht der Bewohner sind Kinder und Jugendliche, die noch der Schulpflicht unterliegen. Zwei Kinder aus Afghanistan besuchen die Grundschule in Niesky. Fünf Kinder aus Syrien und Afghanistan pendeln zur Oberschule nach Rothenburg. Ein Afghane besucht zudem die Berufsschule in Weißwasser. Wohin ihr Weg nun führt, ist noch offen.

Werner Genau zieht drei Monate vor der Schließung des Heimes ein versöhnliches Fazit. Nach einigen Sorgen und Bedenken der Bürger im Vorfeld habe die Einrichtung während des ganzen Zeitraumes öffentliche Akzeptanz gefunden. Das Haus werde allein aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Denn zurzeit werden dem Landkreis Görlitz nur noch rund 60 Flüchtlinge pro Monat zugeteilt. „Das Gebäude wird aber noch einige Monate für Unterbringungszwecke vorgehalten“, erklärt Werner Genau, „um auf eine veränderte Situation seitens der Kreisverwaltung reagieren zu können.“

Die ersten Flüchtlinge sind Anfang August 2015 in das zuvor umgebaute Gebäude eingezogen. Der Landkreis Görlitz hat unter anderem Herde und Duschen nachrüsten lassen. Das Haus ist spartanisch mit funktionalen Betten, Schränken sowie Tischen und Stühlen ausgestattet worden. Nach der Schließung im Februar 2017 wäre es gut anderthalb Jahre in Betrieb gewesen. Bisher sind zwei Angriffe auf das Asylbewerberheim verübt worden. Unmittelbar nach dem Einzug der Flüchtlinge ist eine Scheibe eingeworfen worden. Im Juli dieses Jahres ist dann ein vier Millimeter großes Loch in einer Fensterscheibe festgestellt worden. Die Polizei geht von einem Einschussloch aus und ermittelt weiter wegen gefährlicher Körperverletzung.

Zur Tatzeit hat ein Asylbewerber hinter der beschossenen Fensterscheibe gesessen. Die Beamten gehen aber davon aus, dass der abgefeuerte Schuss nicht in der Lage gewesen ist, den Mann hinter der Scheibe zu töten. Bei der Tatwaffe könnte es sich um eine Softair-Waffe handeln. Ein solches Exemplar haben die Ermittler bei der Hausdurchsuchung eines Verdächtigen festgestellt. Daraus ist besagter Schuss aber nicht abgegeben worden. Drei Jugendliche aus dem Raum Niesky, die verdächtigt worden sind, das Heim beschossen zu haben, scheiden laut der Polizei als Täter aus.

Nach dem Angriff auf das Asylbewerberheim im Juli 2016 sind die Mitarbeiter und Bewohner dort für das Thema Sicherheit besonders sensibilisiert worden. Der Vorfall ist an den Flüchtlingen offenbar nicht spurlos vorbeigegangen. „Die Bewohner haben vermehrt die soziale Betreuung der Sozialarbeiter wahrgenommen“, teilt der Landkreis Görlitz mit. Auch die Präsenz der Betreuer ist infolge des Angriffs erhöht worden. Zwischen 16 Uhr und 4 Uhr sind ständig mindestens zwei Personen zur Sicherheit vor Ort.

Positiv bewertet der Landkreis Görlitz das Engagement der Nieskyer vor Ort. „Viele haupt- und ehrenamtliche Anwohner unterstützen die Asylbewerber bei den täglichen Problemen, auch in Zusammenarbeit mit dem Jugendring Oberlausitz, welcher sich insbesondere um regelmäßige Treffen zwischen Einheimischen und Asylbewerbern kümmert“, so Sprecherin Marina Michel. Über ehrenamtliches Engagement konnten in Niesky zudem mehrere Sprachkurse ins Leben gerufen werden. Während das Heim in der Klenke-Straße bald nur noch auf Abruf für Notfälle bereit steht, plant der Landkreis Görlitz mit dem Heim in der Fichtestraße „eine langfristige Zusammenarbeit“ mit dem Betreiber, so Dezernent Werner Genau.