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Niesky braucht den Dispo

Die Stadt wird 2016 und 2017 mehr Geld ausgeben als sie einnimmt. Das könnten noch viele zu spüren bekommen.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Nach den Sommerferien stehen der Stadtverwaltung und dem Stadtrat spannende Gespräche bevor. Dann müssen beide womöglich unliebsame Entscheidungen treffen. „Das Kommunalamt drängt darauf, freiwillige Leistungen auf den Prüfstand zu stellen“, erklärt Nieskys Kämmerer Steffen Kluske den Stadträten im jüngsten Verwaltungsausschuss. Dann könnte Liebgewonnenes wie etwa die Zuschüsse für Vereine infrage gestellt werden. Niesky ist angehalten zu sparen, weil es sowohl in diesem Jahr auch als auch im nächsten keinen ausgeglichenen Haushalt haben wird. Kämmerer Steffen Kluske rechnet damit, dass 2016 etwa 611 000 Euro und 2017 rund 512 000 Euro fehlen.

Noch vor zwei Jahren hat Niesky beinahe zwei Millionen Euro auf der hohen Kante gehabt. Nun braucht es einen Kassenkredit. Wie ist das möglich? Als Hauptgrund geben der Kämmerer und die Oberbürgermeisterin immer wieder eine unerwartete Gewerbesteuerrückzahlung an. Die Stadt hat einem großen Nieskyer Unternehmen rückwirkend viel Geld erstatten müssen. Da der Fall Jahre zurückliegt, sind zudem Zinsen in Höhe von fast 300 000 Euro aufgelaufen. Alle Gewerbesteuerrückzahlungen belaufen sich auf rund 700 000 Euro. Mit den Zinsen fehlt so insgesamt fast eine Million Euro in der Kasse. Das hat alle kalt erwischt.

Doch nicht nur die Rückzahlungen erweisen sich als Problem. Im Vergleich zum Vorjahr rechnet Niesky 2016 zudem mit 200 000 Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen. Auch sollen die Schlüsselzuweisungen um 174 000 Euro im Vergleich zu 2015 zurückgehen. Etwa 62 000 Euro kostet Niesky außerdem die Rückübertragung von Eisstadion und Waldbad in städtisches Eigentum. Trotz dieser Zahlen, die keinem gefallen können, sieht die Verwaltung bisher keinen Grund für Panikmache. „Das ist noch ein dickes blaues Auge“, sagt etwa Kämmerer Steffen Kluske.

Tatsächlich ist der Nieskyer Haushalt wohl genehmigungsfähig. Steffen Kluske hat seine Zahlen der Kommunalaufsicht schon präsentiert. Anders als zum Beispiel Weißwasser muss Niesky nicht fürchten, dass die Wächter in Görlitz ab sofort bei allen Ausgaben über 10 000 Euro den Daumen heben oder senken. Und um das für 2017 verlangte Haushaltssicherungskonzept wäre die Stadt so oder so nicht umhin gekommen. „Es ist kein Haushalt, der uns freut. Man muss sich damit aber auch nicht verstecken“, fällt das Fazit von Nieskys Oberbürgermeisterin Beate Hoffmann aus. Sie erinnert daran, dass es auch in der Vergangenheit schon unausgeglichene Haushalte gegeben hat. Die Konjunktur unterliege eben gewissen Zyklen, pflichtet ihr der Kämmerer bei.

Doch bei einzelnen Stadträten klingen auch Zweifel an. Nach Planungen von Steffen Kluske soll Niesky schon 2018 wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben. „Doch wo soll das Geld herkommen?“, fragt etwa Stadtrat Frank Mrusek von der Bürgerbewegung Niesky. Oberbürgermeisterin Beate Hoffmann und der Kämmerer verweisen auf Prognosen vom Freistaat Sachsen. Die seien für die Berechnung maßgeblich. So rechnet man mit mehr Schlüsselzuweisungen für die Kommunen. Außerdem wird ein Anstieg der Gewerbesteuer in den kommenden Jahren vorhergesagt. „Die Auftragslage ist gut“, sagt die Oberbürgermeisterin.

Doch die Zweifel mancher Stadträte kann auch sie nicht voll zerstreuen. Frank Mrusek interessiert, ob Niesky lieber einen Doppelhaushalt auf den Weg bringen sollte. Doch das erscheint Kämmerer Steffen Kluske nicht zielführend. „Dann braucht es einen Nachtragshaushalt“, erklärt er. Die Arbeit würde so nur zunehmen. Das Thema Effizienz spricht auch Stadtrat Lothar Halke an. Er erinnert an ein Sprichwort, wonach sich die Verwaltung selbst Aufgaben stellt und wünscht sich mehr Automatisierung. „Es ist vieles möglich. Wir müssen das auch mal durchsetzen“, sagt der Mann von der Bürgerbewegung Niesky. Oberbürgermeisterin Beate Hoffmann widerspricht ihm und bricht eine Lanze für ihre Mitarbeiter. Für Personal- und Versorgungszahlen sind im Haushaltsplan insgesamt 4 619 550 Euro eingeplant. Das sind rund 344 000 Euro mehr als im Vorjahr. Den Anstieg begründet der Kämmerer mit einer Tariferhöhung von 2,5 Prozent sowie höheren Einstufungen von Mitarbeitern.

Personal ist ein sensibles Thema im Nieskyer Rathaus. Zuletzt hat ein Prüfbericht für Aufsehen gesorgt, wonach Rathausmitarbeiter in der Vergangenheit falsch bezahlt worden sind. Auch die Personalstärke ist von den Wirtschaftsprüfern kritisiert worden. Doch dieses Thema ist bisher nur hinter verschlossenen Türen beraten worden. Die Rufe nach mehr Transparenz könnten nun lauter werden, wenn an anderer Stelle gespart werden muss. „Niesky befindet sich auf einem guten Niveau. Wenn die Leute aber merken, dass es nach unten geht, wird es schwierig“, sagt etwa Stadtrat Lothar Halke.

Doch noch ist gar nichts beschlossen. Die Verhandlungen über weitere Einsparungen sollen laut Oberbürgermeisterin Beate Hoffmann frühestens ab August stattfinden. Wohl hinter verschlossenen Türen. Beim Haushaltsplan setzt die Stadt auf Transparenz. Im Rathaus hat Kämmerer Steffen Kluske ein Faltblatt mit den wichtigsten Zahlen auslegen lassen.