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Neymar verlässt Barcelona

Der Wechsel zu Paris scheint nur noch eine Formsache – in Höhe von unfassbaren 222 Millionen Euro. Katalanische Medien und Fans schäumen vor Wut über den „Söldner“.

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© dpa

Barcelona. Neymar sagte in der Kabine seinen Mitspielern Adios, der Vereinsführung des FC Barcelona teilte er zusammen mit seinem Vater seine Entscheidung mit. Der 222-Millionen-Euro-Wechsel und mit Abstand teuerste Transfer der Fußball-Geschichte steht kurz vor dem Vollzug. Der 25 Jahre alte Brasilianer will künftig mit Paris Saint-Germain Europas Fußball-Bühne erobern. Neymar habe dem Verein mitgeteilt, ihn verlassen zu wollen, teilte Barça in einer Stellungnahme mit.

Damit nahm der Transfer fußball-historischen Ausmaßes weitere und diesmal auch wohl entscheidende Fahrt auf. Neymar wurde vorerst vom Training der Katalanen freigestellt, er soll seine Zukunft klären. Der FC Barcelona erinnerte den Spieler, der 2013 für 83,5 Millionen Euro vom FC Santos nach Barcelona gekommen war, und dessen Berater-Vater allerdings daran, dass der neue Club die festgeschriebene Ablösesumme komplett zu zahlen habe. Der katarische Chef des französischen Clubs, Nasser al-Chelaifi, ist dazu offenbar bereit.

Damit stößt der Club, der seit Jahren immer wieder vergeblich versucht, ins Champions-League-Endspiel einzuziehen, geschweige denn, sie zu gewinnen, in neuen Dimensionen vor. Noch gilt der Franzose Paul Pogba als teuerster Spieler der Welt. Er war im vergangenen Jahr von Juventus Turin zu Manchester United gewechselt - für nicht mal die Hälfte, aber immer noch atemraubende 105 Millionen Euro.

Wie die Reaktion des Kaders um Superstar Lionel Messi und Nationaltorwart Marc-André ter Stegen auf Neymars Abschiedsankündigung ausfiel, war zunächst noch nicht bekannt. Auch aus Paris war vorerst nichts zu vernehmen. Mit seinen offiziellen Mitteilungen ging Barcelona erstmal in die Offensive.

Neymar selbst schwieg außerhalb des Barça-Büros ebenfalls zunächst. Nachdem er am Vorabend von einem Werbeauftritt aus China nach Barcelona zurückgekehrt war, fuhr der Mann aus Mogi das Cruzes morgens gegen 9 Uhr mit einem blauen deutschen Sportwagen auf dem Trainingsgelände Ciutat Esportiva Joan Gamper vor. Wie die Zeitung „AS“ berichtete, war der Kurzbesuch samt Abschied schon nach 42 Minuten zu Ende.

In Barcelona will man dem Stürmer, der mit Messi und Luis Suárez den gefährlichsten Sturm der Welt gebildet hat, keine Träne nachweinen. Er werde nicht mal als einer der besten Brasilianer des Clubs in Erinnerung bleiben, da er unter anderem von Rivaldo, Ronaldo und Romario übertroffen werde, schrieb „Sport“-Kolumnist Xavier Muñóz. Der künftige Pariser werde aber wohl als erster Brasilianer gelten, für den „der Fußball erst nach dem Marketing kommt“. Andere katalanische Medien beschimpften den trickreichen Fußballer als „Söldner“ und „Egoisten“, der „alle veräppelt“ habe.

Auch die Fans schäumen ob des schier ewigen Wechsel-Culebrón (der Seifenoper) vor Wut. In einer Umfrage von „Sport“ stellte es sich schon vor Tagen heraus, dass nur eine kleine Minderheit (rund neun Prozent) Neymar im Team der „Blaugrana“ behalten wollte. In Barcelona tauchten diese Woche außerdem Protest-Plakate auf. Über einem Bild des Brasilianers war „Verräter gesucht“ zu lesen. Darunter: „Söldner raus aus Barcelona“. Auch viele Barca-Profis sollen wegen des Hickhacks zuletzt böse geworden sein.

„Mundo Deportivo“, so etwas wie ein Hausblatt des Clubs, schrieb, bei der Suche nach einem Neymar-Ersatz sei der Dortmunder Ousmane Dembélé inzwischen Favorit bei den Funktionären am Camp Nou. Der BVB hat den Franzosen jedoch für unverkäuflich erklärt. Philipppe Coutinho - trotz des heftigen Widerstandes von Liverpool-Coach Jürgen Klopp -, Monaco-Sturmwunderkind Kylian Mbappé sowie die Argentinier Paulo Dybala (Juventus) und Ángel Di María (Paris SG) werden laut Medien ebenfalls heftig umworben.

Die gewöhnlich sehr gut informierte französische Fachzeitung „L‘Équipe“ hatte bereits am Dienstag geschrieben, Neymar werde spätestens am Montag in Paris vor dem Eiffelturm präsentiert werden. Die von Medien unter Berufung auf die katarischen Ölscheichs genannten Zahlen machen schwindlig: Neben der Ablösesumme von 222 Millionen soll Paris „Ney“ eine Wechselprämie von 100 Millionen und ein Nettogehalt von 30 Millionen Euro pro Jahr angeboten haben. Und auch Neymar senior soll 40 Millionen kassieren.

Aber wie war das nochmal mit dem viel beschworenen Financial Fairplay, wonach Clubs nicht mehr Geld ausgeben dürfen als sie einnehmen? LaLiga ist nicht nur traurig, dass ein Zugpferd wie Neymar „Adiós“ sagt. Sie ist auch skeptisch, dass PSG beim Transfer die Regeln einhält. Barca-Boss Javier Tebas kündigte deshalb eine offizielle Beschwerde bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) an.

Nach französischen Medienberichten erwägen die Katarer verschiedene Möglichkeiten, um eventuelle Strafen zu umgehen. Am einfachsten wäre es, die Inflation auf dem Markt auszunutzen und zwei oder drei Profis für (sehr) gutes Geld zu verkaufen. Auf der Liste solen „Les Bleus“-Mann Blaise Matuidi, Serge Aurier, Di María und last but not least auch Fußball-Weltmeister Julian Draxler stehen. (dpa)