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Neustart im Gasthof Poisental

Andreas Menzer bringt das geschichtsträchtige Haus Stück für Stück auf Vordermann – und sucht nun neue Wirte.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Der Immobilienmarkt in Freital kommt gerade auf Touren. Solch ein Haus wie der alte Gasthof Poisental am Ortsausgang von Freital ließe sich sicherlich für gutes Geld an ein Immobilienunternehmen verkaufen. Für Andreas Menzer ist das aber kein Thema. „Niemand kennt das Gebäude besser als ich“, sagt der 57-Jährige. „Da hängt viel Herzblut dran.“ Sein Urgroßvater Max Schneider hat das markante Gebäude an der Poisentalstraße 1920 übernommen. Menzer selbst ist hier aufgewachsen und wohnt seit mehr als 30 Jahren im Hinterhaus des Gasthofs.

Die Postkarte stammt aus den 20er- oder 30er-Jahren.
Die Postkarte stammt aus den 20er- oder 30er-Jahren. © privat
Die Dachgauben des Gasthofs wurden bei einer notdürftigen Sanierung in der 80er-Jahren abgerissen.
Die Dachgauben des Gasthofs wurden bei einer notdürftigen Sanierung in der 80er-Jahren abgerissen. © privat

Stück für Stück will er das riesige Gebäude auf Vordermann bringen. Rund 300 000 Euro hat er als Privatmann schon in die Immobilie gesteckt. Sowohl im alten Tanzsaal als auch im Restaurant stehen nun größere Veränderungen an.

Am Standort des Gasthofs Poisental werden schon seit Hunderten Jahren Gäste bewirtet – und es ist kein Einheimischer, der sich als Erster in die Chronik der Gastwirtschaft einträgt. Den Anfang macht ein Fremder, ein gewisser Baltasar Ziegler aus Blankenhain, der 1571 unter der Regierung des Kurfürsten August die Konzession erhält. Zwischen 1850 und 1910 kommt es zu einem häufigen Besitzer- und Pächterwechsel. Auch der Freiherr von Burgk streckt 1904 seine Hände nach dem Gasthof aus. Mehrfach wird an- und umgebaut. Die Einkehr erhält 1878 einen Saal mit einer Kapazität von 400 Plätzen. Er wird zu einem Treffpunkt des örtlichen Vereinslebens. 1898 entsteht der Gasthof Poisental in seiner heutigen Gestalt. Ein Vorgängerbau wird abgerissen.

Am 1. April 1920 erwirbt der Wirt Max Schneider das Grundstück. Der Saal, nach 1940 vorübergehend in Kriegsdienste mit einbezogen, wird zwar 1948 in neuem Glanz wiedereröffnet, doch sein eigentlicher Charakter geht mehr und mehr verloren. Der Schwund an Veranstaltungen führt schließlich zu einem Funktionswechsel. Die letzte Tanzveranstaltung findet Anfang der 50er-Jahre statt. Der alte Saal wird zum Möbel-Lager, dann zum Ladengeschäft. Das Restaurant bleibt erhalten.

Der Saal ist derzeit eine Baustelle. Bagger fahren hier, wo sich zuletzt ein Teppich-Handel eingemietet hatte, ein und aus. An der Fassade zur Poisentalstraße steht ein Gerüst. Wie Menzer erzählt, zieht hier ein neuer Mieter ein. Genaueres will er noch nicht verraten. Anfang 2017 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. „Das schafft für uns die Voraussetzung, dass wir das große Haus erhalten können“, sagt Menzer und meint die dadurch gesicherten Mieteinnahmen. Im Vorder- und Hinterhaus vermietet der Freitaler außerdem vier Wohnungen, die er nach der Wende Stück für Stück saniert hat. „Wir arbeiten uns von innen nach außen“, sagt er.

Neues Dach für den Gasthof

Einen großen Schritt weitergekommen ist Menzer im vergangenen Jahr, als das Dach des Gasthofs komplett erneuert wurde. „Da waren vorher Pappschindeln drauf“, sagt er. „Und es gab sehr viele Risse.“ Die meisten Fenster sind auch schon auf dem neuesten Stand. Die Fassade hat Menzer in den vergangenen Jahren ebenfalls malern lassen. „In der Anfangszeit haben wir viel selbst gemacht. Mittlerweile überlassen wir das lieber Fachfirmen.“

Die nächste große Baustelle wird das Gasthaus im Erdgeschoss. Das Wirts-Ehepaar Bergmann ist schon jenseits der 60 Jahre und will zum Jahresende aufhören. Am 15. Januar endet der Mietvertrag. Laut Menzer müssen im Restaurant die Fenster, Decken, die Elektrik, die Toilettenanlagen und die Küche erneuert werden. „Aber es wäre nicht schlecht, wenn die Gastronomie erhalten bleibt.“

Wenn sich Menzer einen idealen Nachfolger im Gasthof wünschen könnte, dann würde sich dieser an den nötigen Sanierungsarbeiten beteiligen. Eine Etage darüber könnte zusätzlich ein kleiner Saal genutzt werden, der früher als Kino diente und von Menzer heute für kleinere Familienfeiern vermietet wird. „Der Saal ist reine Liebhaberei“, sagt er. Die alten großen Holzfenster hat er ersetzen lassen. Zum Gasthof dazu gehört auch noch ein kleiner Raum, in dem früher die Kneipe „Zur gemütlichen Ecke“ eingerichtet war. „Es gab früher zwei Gasträume, einen für die Bauern und einen für gehobenere Schichten“, sagt Menzer. Bis 2000 war in dem Raum noch ein kleiner Lebensmittelladen eingerichtet, heute wird er als Lager genutzt.

Trotz der Fortschritte in den vergangenen Jahren weiß Menzer, dass der Besitz eines solchen Hauses eine Lebensaufgabe ist. Wenn man alles saniert habe, könne man gleich vorn wieder anfangen, sagt er. „Das ist eine Aufgabe, die ich meinen Erben hinterlassen werde.“