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Neustädter klagen gegen Bauprojekt

Im Hinterhof wird ein Fabrikgebäude zum Wohnhaus umgebaut und ein Neubau errichtet. Die Anwohner fühlen sich eingemauert.

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© René Meinig

Von Sarah Herrmann

Für viele Neustädter sind die grünen Hinterhöfe eine Oase der Ruhe, fernab von der Hektik der Straßen im Szeneviertel. Doch auf dem Areal zwischen Görlitzer, Sebnitzer und Kamenzer Straße geht es gerade alles andere als idyllisch zu. Dort wird nicht nur ein fünfgeschossiges Stadthaus errichtet. Ein altes Fabrikgebäude wird ebenfalls zum Wohnhaus umgebaut. Das Problem: Der Investor stockt um eine Etage auf. Die Anwohner fühlen sich deshalb eingemauert.

„Wir haben nichts gegen eine Bebauung. Aber gegen die Höhe“, sagt Uwe Schneider empört. Auf das bislang dreistöckige Fabrikgebäude wird eine vierte Etage draufgesetzt. Das Haus wird somit um rund vier Meter höher. Deshalb blicken die Anwohner nun auf eine etwa 40 Meter lange und 16 Meter hohe Brandwand, ein fensterloser Koloss aus Beton. „Hier wird einseitig den ausschließlichen Interessen zur Gewinnmaximierung von Investoren nachgegeben. Die Verschlechterung der Wohnsituation der angrenzenden Bewohner wird dabei übergangen“, sagt Schneider.

Er und die anderen Anwohner haben erst kürzlich bemerkt, welches Ausmaß der Neubau annimmt. Denn bei der Planung einbezogen wurden die Nachbarn nicht. Dagegen hat ein Anwohner bereits im November vergangenen Jahres Widerspruch eingelegt. Passiert ist bislang nichts, eine Entscheidung der Landesdirektion steht immer noch aus. Deswegen sahen die Neustädter sich gezwungen zu klagen. Um das Verfahren zu zahlen, haben sie zusammengelegt. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Dresden eingereicht. Die Stadt hat dort bereits eine Stellungnahme abgegeben. Nun wird noch ein Statement vom Investor erwartet. Dann kann das Gericht eine Entscheidung treffen.

Im schlimmsten Fall für den Investor heißt es dann: Abriss. Im schlimmsten Fall für die Anwohner: Die Klage wird abgeschmettert. Gewinnt der Bauherr, fürchtet Schneider, dass das Beispiel „Schule macht“ und auch andere Investoren 16-Meter-Riesen in die Neustädter Innenhöfe setzen. Dabei gibt es für das Gebiet seit 2003 einen Bebauungsplan-Entwurf, der eine Maximalhöhe von 9,60 Metern für Neubauten festschreibt.

„Dieser Bebauungsplan ist aber nicht rechtskräftig“, teilt Stadtsprecherin Anke Hoffmann auf SZ-Anfrage mit. Einen Beschluss zum Entwurf hat es nie gegeben. Das Bauaufsichtsamt habe dementsprechend in einem Baugenehmigungsverfahren die Zulässigkeit geprüft und bestätigt.

„Das Projekt – einschließlich der Errichtung eines neuen Staffelgeschosses – wurde in der Planungsphase mit Bauaufsicht, Stadtplanung, Denkmalamt und mit den unmittelbar anliegenden Nachbarn besprochen“, sagt auch Architekt Uwe Seidel, der von der Wiesbadener Firma Haus & Capital mit der Planung beauftragt wurde. „Die Revitalisierung des Fabrikgebäudes zu einem Wohngebäude und die damit verbundene Erhöhung der Rückwand sind städtebaulich gewollt“, sagt der Pirnaer Architekt. Perspektivisch wolle man mehrere solcher Gebäude in dem Quartier errichten – quasi Rücken an Rücken.

Mit dem Widerspruchsführer habe man des Öfteren das Gespräch gesucht, auch gemeinsam mit der Bauaufsicht. Er ist Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks und will perspektivisch selber einen Neubau im Hinterhaus errichten. „Wir sind überzeugt davon, dass das Bauprojekt Seifhennersdorfer Straße 16 ein Zugewinn für alle sein kann, wenn man Veränderung ein wenig aufgeschlossen gegenübersteht“, so Seidel.

Auf der Homepage des Unternehmens ist von einer Fertigstellung im kommenden Sommer die Rede. Demnach entstehen in dem einstigen Fabrikgebäude fünf Eigentumswohnungen, die bereits alle verkauft sind. In dem fünfgeschossigen Neubau sind fünf weitere Eigentumswohnungen mit drei oder vier Zimmern und 105 bis 200 Quadratmetern geplant. Auch der Neubau soll im Sommer 2018 fertig sein.