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Neustadt-Haus erzählt deutsch-jüdische Geschichte

Einst gab es auf der Bautzener Straße 20 einen Laden, später zog die jüdische Gemeinde ein. Eine Tafel erinnert daran.

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© Sven Ellger

Von Kay Haufe

Es ist nur eine Tafel. Doch wer an ihr vorübergeht, schaut hin. Auf das Foto von Louis und Henriette Schrimmer, die seit 1911 auf der Bautzner Straße 20 wohnten und im Hinterhaus eine Fabrik für Schuhcreme und chemische Produkte betrieben. Und auf die Texte, die davon erzählen, wie es mit dem Gebäude und seinen Bewohnern und Nutzern weiterging.

Denkzeichen heißt die Aktion der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die 2006 in Dresden startete und fast ausschließlich über Spenden finanziert wird. Zehn Denkzeichen stehen bereits an verschiedenen Stellen in der Stadt. So als Stele oder Tafel am ehemaligen Judenlager Hellerberge, am Wohnhaus und der Praxis des Arztes Dr. Willi Katz auf der Borsbergstraße oder als Gläserne Bank im Großen Garten. Am Dienstag kam das elfte dazu, die Gedenktafel am Jüdischen Gemeindehaus.

1937 kaufte es die Israelitische Religionsgemeinde Dresden, doch schon ein Jahr später mussten die jüdischen Ladeninhaber darin ihre Geschäfte aufgeben. Die Gemeinde richtete im Hinterhaus eine Kleiderkammer für Bedürftige ein. Ab April 1940 wurde das Gebäude eines der sogenannten Judenhäuser, in denen jüdische Familien zwangsweise wohnen mussten. Das Ehepaar Schrimmer wurde am 25. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und kam dort um. Doch jüdisches Leben ging weiter in Dresden. Im Mai 1945 wurde das Haus der jüdischen Gemeinde zurückgegeben. Am 1. November 1945 konstituierte sich hier wieder die Gemeinde. Bis 2001, als die neue Synagoge und das Gemeindezentrum eröffnet wurden, befanden sich hier Gemeinderäume, die Verwaltung und die Jüdische Wohlfahrtspflege.

„Die Denkzeichen sind keine Mahnmale, Menschen sollen nicht betroffen davorstehen, sondern sich für die Vergangenheit interessieren und weitersuchen“, sagte Nora Goldenbogen, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden. Sie erinnere sich noch gut an eine Chanukka-Feier im Haus und wie schnell es nach der Wende zu klein wurde. Dresden sei heute eine Bühne für neue rechte Kräfte geworden, sagte Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke). Die Tafel spreche Menschen an, sich für andere zu interessieren, statt sich abzugrenzen.