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Neuland für die Musikschule

Die Einrichtung ist nicht ganz freiwillig ins Christliche Gymnasium umgezogen – und hat dort jetzt bessere Bedingungen.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Zu Beginn der Musikstunde steht Theorie auf dem Plan. Frieder Stange zeigt einen A4-Zettel mit einer Viertelnote in die Runde. „Na, wer weiß noch, wie die in der Notensprache heißt?“ Ein paar Anläufe brauchen die Fünftklässler, dann kommt die richtige Sprechsilbe, das „Ta“. Eine weitere Note kommt noch dran, dann wird an den Cellos und Geigen geübt, die die Schüler vor sich haben. Zwischendurch helfen Stange und seine Kollegin Constance Herbig den Kindern, geben Tipps bei der richtigen Haltung. „Du hältst den Bogen so, als wolltest du da Wasser rausdrücken“, sagt Stange einem Mädchen und lächelt. „Denk dran: Schlabberfinger!“

Seit Anfang des Schuljahres besteht am Christlichen Gymnasium in Riesa diese „Streicher-Klasse“. Die 20 Kinder üben dann einmal in der Woche an ihren Instrumenten. Angeleitet werden sie von den beiden Musikpädagogen Constance Herbig und Frieder Stange. Die Idee, den regulären Musikunterricht auf diese Weise zu ergänzen, kam mit dem Umzug der Musikschule in das Gymnasium zustande. „Wir haben uns dann die Frage gestellt: Welche Möglichkeiten gibt es, zusammenzuarbeiten?“, erklärt Schulleiterin Christin Tellisch. Mitte Januar habe man dann die Idee der Streicherklasse gesponnen. Auch für die Musikschule ist das eine neue Erfahrung, sagt die Leiterin des Riesaer Musikschulbezirks Antje Aé. Keiner der Standorte im Landkreis Meißen habe bisher eine solche Klasse. „Am ehesten ist das noch mit der Bläserklasse in Coswig zu vergleichen. Aber für uns in Riesa ist das komplettes Neuland.“

Neu ist nicht nur die Kooperation, sondern auch der Schulstandort als solcher. Bis zu den Sommerferien war die Musikschule noch an der Heinrich-Heine-Straße untergebracht. Weil dort in Zukunft das Landratsamt mehr Platz benötigen wird, musste die Musikschule weichen. Überraschend kam das nicht, sagt Aé. „Das war absolut planbar, auch der Umzug ans Rudolf-Stempel-Gymnasium war bereits seit etwa zwei Jahren klar.“ Mit dem neuen Standort sei sie sehr zufrieden. „Von der Fläche steht uns in etwa so viel Platz zur Verfügung wie zuvor.“ Entscheidender seien aber andere Faktoren: helle Räume, eine gute Erreichbarkeit, ein eigener Vorspiel- und Tanzsaal. Außerdem muss zum Üben niemand mehr in den Keller. Das war an der Heinrich-Heine-Straße bei den lauteren Instrumenten der Fall. Nun steht den jungen Saxofonisten und Schlagzeugern ein Anbau auf dem Gelände zur Verfügung.

Und dann ist da eben noch die Möglichkeit zur Kooperation mit der Schule. Am Anfang habe es Bedenken der Eltern gegeben, erzählt die Schulleiterin. „Sie befürchteten, dass die Belastung für die Kinder zu groß ist.“ So einen Geigenkoffer bekomme man ja gerade noch weg, ein Cello sei aber schon deutlich sperriger. Mittlerweile sind diese Befürchtungen offenbar verflogen. Wo die jungen Musikschüler am Ende des Schuljahres stehen werden, ist noch nicht abzusehen. „Es ist sehr spannend, was noch passieren wird“, sagt Constance Herbig. Virtuose Geigenspieler wird die Klasse wohl so ohne Weiteres nicht hervorbringen. „Bei 20 Schülern wird sich der Fortschritt langsamer einstellen, als bei Einzelunterricht“, sagt Herbig. Einfach, weil man nicht so intensiv auf jeden einzelnen Schüler eingehen könne. Was die Sache aber noch nicht unnütz macht. Denn die Musiktheorie lasse sich über die Praxis nun einmal besser vermitteln. „Der Rhythmus bleibt besser hängen, wenn man ihn selbst auch mal gespielt hat.“

Auch die Musiklehrerin der Fünftklässler bestätigt, dass sich die Schüler leichter für klassische Musik begeistern ließen, weil sie „ihr“ Instrument heraushören. Und dann sind da noch andere Fähigkeiten, die der Unterricht vermitteln kann: Durchhaltevermögen, Konzentration, auch die Rücksichtnahme auf andere. „Das sind alles Sachen, die man fürs Leben braucht“, sagt Musikschul-Chefin Antje Aé. Sie verknüpft noch eine andere Hoffnung mit dem Projekt. „Mein Wunschtraum ist es, dass sich die Begeisterung der Schüler für das Instrument überträgt und sie nach den zwei Jahren bei uns weiterlernen.“ Denn das sei ja die eigentliche Herausforderung: die Schüler am Ende bei der Stange zu halten.

Die Musikschule veranstaltet am Sonnabend, 23. September, von 9.30 bis 12 Uhr einen Tag der offenen Tür an ihrem neuen Standort im Rudolf-Stempel-Gymnasium (Lange Straße 51). Dabei wird es unter anderem Angebote zum Zuhören und Ausprobieren geben. Der erste Auftritt der Streicherklasse soll im November stattfinden.