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Porzellan jetzt aus Neukirch

Die Töpferei Kannegießer in Neukirch übernimmt mit Bonapart eine Marke aus Meißen. Sie will damit weltweit auf den Markt.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch und Peter Anderson

Neukirch. Das Neukircher Unternehmen Kannegießer Keramik Saxonia Feinsteinzeug Manufaktur erweitert seine Produktion. Zu den beiden etablierten Marken des Betriebes Kannegießer Keramik und Heise Original Bunzlau kommt mit Bonapart im kommenden Jahr nicht nur eine dritte Marke, sondern ein komplett neues Geschäftsfeld hinzu. Die 1824 gegründete Töpferei, die seit 1910 in Besitz der Familie Kannegießer ist, steigt damit in die Herstellung von Porzellan ein. „Für uns ist es ein weiteres wirtschaftliches Standbein“, sagt Firmenchef Andreas Kannegießer. Sein Betrieb übernimmt von der Neuen Privaten Porzellangesellschaft (NPM) Meißen die Erzeugnisse, das Know-how, einen Teil der Maschinen und den Kundenstamm. Das Meißener Unternehmen stellt zum 31. Januar seinen Betrieb ein. „Mit dem Wechsel geht ein Technologietransfer einher“, sagt Andreas Kannegießer. Bis Ende März 2018 sollen in Neukirch die Voraussetzungen geschaffen werden, um Porzellan herzustellen. „Ein sportliches Ziel“, so der Firmenchef.

Andreas Kannegießer liebäugelt bereits seit längerer Zeit mit der Herstellung von Porzellan für die Tischkultur. Dafür gibt es mehrere Gründe. Das Unternehmen stellt mittels moderner CNC-Technik bereits jetzt Werkzeuge für Porzellanhersteller deutschlandweit her. „Wir haben damit in Zukunft die Möglichkeit, unsere Werkzeuge selbst zu testen“, sagt er. Hinzu kommt, dass ein Teil der vorhandenen Maschinen für die Keramik- und Porzellanproduktion gleichermaßen genutzt werden kann. Die Maschinen können dadurch effektiver eingesetzt werden. Der Hauptunterschied: Während Töpfereien mit Ton arbeiten, sind Kaolin, Quarz und Feldspat die Ausgangsstoffe für Porzellan. Die neue Fertigungsstrecke soll im Produktionsgebäude der Firma Kannegießer untergebracht werden.

Die Saxonia Feinsteinzeug Manufaktur hat Kunden weltweit. „Unser nächster Kunde sitzt in Bautzen, unser weitester in Tokio“, sagt Geschäftsführer Andreas Kannegießer. Die Porzellanmarke, die bisher europaweit vertrieben wird, wollen die Neukircher künftig auch außerhalb unseres Kontinentes anbieten.

Roboter helfen bei der Produktion

Als vermutlich einzige Töpferei Deutschlands setzt das Neukircher Unternehmen bereits jetzt auf 3D-Scanner und Roboter in der Rohlingsfertigung. So ist es möglich, Großserien zu produzieren. Im Jahr 2015 lieferte der Neukircher Betrieb erstmals 100 000 Glühweintassen für den Dresdner Striezelmarkt. Seitdem werden jedes Jahr weitere 50 000 Tassen für diesen Weihnachtsmarkt hergestellt. Kannegießer-Keramik produziert in Neukirch aktuell mit 26 Mitarbeitern. Vier neue Arbeitsplätze sollen durch die Porzellanfertigung entstehen. Andreas Kannegießer sucht dafür Mitarbeiter, bevorzugt mit Erfahrungen in der Branche. Er hätte gern auch Beschäftigte des Meißener Betriebes übernommen, sagt er. Allerdings wolle ihnen auch der Nachfolger des Meißener Betriebes ein Angebot machen. – Die Werkshalle im Meißner Gewerbegebiet Zaschendorf soll künftig nicht leer stehen. NPM-Chef Wolfgang Weber kündigt an, dort sollten „ertragreiche und zukunftsorientierte technische Keramik-Erzeugnisse“ hergestellt werden.

Mit dem Ende der Neuen Privaten Porzellangesellschaft wird die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen (SPM) künftig der einzige Betrieb in der Elbe-Stadt sein, welcher Geschirr in größeren Stückzahlen herstellt. In einem Schreiben des NPM-Geschäftsführers heißt es, die Produktion in der Stadt werde nach „den letzten beiden erfolgreichen Geschäftsjahren“ beendet. Dafür seien weder juristische, noch wirtschaftliche, sondern private Gründe ausschlaggebend.

In der Vergangenheit hatte das Unternehmen NPM durch Markenstreitigkeiten mit der Porzellan-Manufaktur immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit gestanden. Stein des Anstoßes für den Staatsbetrieb war die Herkunftsangabe Meissen/Germany der NPM-Produkte. Die Kosten für die endlosen Verfahren erreichten Weber zufolge über die Jahre einen fünfstelligen Euro-Bereich. Die Auseinandersetzung drohte zu eskalieren, als Anfang 2014 bekannt wurde, die Manufaktur habe sich die Wortmarke Meissen und die Wort-/Bildmarke Meissen Couture für 45 verschiedene Kategorien im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) eintragen lassen. Dem Chef der Staatlichen Prozellanmanufaktur Tillmann Blaschke gelang es in den letzten mehr als zwei Jahren, durch ruhige Diplomatie an dieser Front für Ruhe zu sorgen. Mit den Kontrahenten sei Frieden geschlossen worden, heißt es auch seitens der Neuen Porzellangesellschaft. Die Firma hat in den vergangenen Jahren vor allem mit dem Geschirr der Linie Bonapart gute Umsätze erzielt. Vertrieben wurde das Gebrauchs- und Zierporzellan unter anderem über Pfunds Molkerei in Dresden.