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Neuer Verein für Selbsthelfer

Frank Jähne will in Ebersbach-Neugersdorf das Engagement für Suchtkranke bündeln. Und vermitteln, wie man vorbeugt.

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© Matthias Weber

Von Birgit Hollstein

Ebersbach-Neugersdorf. Immer wieder muss Frank Jähne feststellen, dass Suchtprobleme in der Öffentlichkeit ein Tabuthema sind. „Man spricht nicht darüber, wenn vielleicht der Freund oder Nachbar ein Problem mit Alkohol, Drogen oder Tabletten hat“, erläutert der Vorsitzende eines neuen Vereins, der sich vor Kurzem in Ebersbach-Neugersdorf gegründet hat. Jähne weiß ganz genau, dass es weder für Betroffene noch für die Angehörigen eine Hilfe ist, das Problem unter den Teppich zu kehren.

Immer mehr Menschen suchen im Kampf gegen die Sucht eine von drei Selbsthilfegruppen (SHG) auf, die Frank Jähne in den vergangenen Jahren gegründet hat. Mittlerweile sind das 40 Personen, sodass er sich mit dem Gedanken befasst hatte, einen Verein zu gründen. Das ist nun erfolgt. Der Verein trägt den Namen „Selbsthilfe im Oberland“. Er wird gemeinnützig tätig sein und sozusagen als Dachverband für Selbsthilfegruppen dienen. Das bedeutet, dass weitere Selbsthilfegruppen aufgenommen werden können. Das wird schon bald der Fall sein. Für den 20. Februar ist der Beitritt der SHG „Äberlausitzer BMI Runde“ geplant. Diese Gruppe wendet sich an all jene, die Probleme mit Adipositas, einer Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit mit starkem Übergewicht, haben. Der Verein versteht sich vor allem als Kontaktstelle im ländlichen Raum für Männer und Frauen, die für sich und Angehörige gesundheitsbezogene Selbsthilfe suchen.

Eine Selbsthilfegruppe für Alkohol-, Drogen-, Spiel- und Medikamentensüchtige gibt es in Ebersbach-Neugersdorf bereits seit dem Jahr 2001. Frank Jähne hat sie 2013 übernommen, nachdem er selbst erfahren musste, wie lang und steinig ein Weg aus der Sucht sein kann. Diesen Weg für andere leichter zu gestalten, hat sich Jähne vorgenommen. Unter seiner Anleitung treffen sich regelmäßig Gleichgesinnte. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und lernen so voneinander, ohne Suchtmittel zu leben. Einer, der oft in diese Gruppe kommt, ist René Berger*. „Die Gruppe ist für mich ein starker Rückhalt“, sagt er. „Sie ist mir wichtig, um mich nicht ausgestoßen aus der Gesellschaft zu fühlen.“ Zur Selbsthilfegruppe hatte er durch das Internet gefunden, nachdem ein dreiwöchiger Aufenthalt im Fachkrankenhaus Großschweidnitz nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte. Berger war sich bewusst, dass er Hilfe braucht und er hat sie angenommen. Das war sein erster Schritt, aus seiner Sucht herauszukommen. Heute ist er glücklich, gegen sein Alkoholproblem gekämpft zu haben. „Meine Familie profitiert davon. Ich habe wieder Arbeit, kann Auto fahren, und das Geld lässt sich für vieles besser und sinnvoller ausgeben.“

Eine weitere Selbsthilfegruppe ist die für die Angehörigen von Suchterkrankten. Sie ist noch im Entstehen. Die Hemmschwelle hier ist hoch, denn wer gibt schon gerne zu, dass sein Angehöriger ein Suchtproblem hat? „Für die Angehörigen ist es wichtig, den Umgang mit der Krankheit zu lernen, um wirksam helfen zu können“, sagt Monika Jähne, eine der drei Gruppenleiter. „Selbst nach der Überwindung einer Sucht kann es schwierig sein“, fährt sie fort. Das sei zum Beispiel dann der Fall, wenn der einst auf Hilfe angewiesene Partner seine Sucht überwunden hat und selbst Verantwortung übernehmen will.

Monika und Frank Jähne sowie die anderen Gruppenleiter haben eine mehrwöchige Ausbildung absolviert, um das notwendige Rüstzeug für die gesundheitsbezogene Selbsthilfe zu haben, informiert der Vereinsvorsitzende. Für die Zusammenkünfte der Gruppen können die Räume des Kultur- und Bildungszentrums „Am Wasserturm“ in Neugersdorf genutzt werden. Für die Zukunft plant der Verein seine Aktivitäten auszuweiten. „Wir wollen verstärkt in Betrieben, schulischen und pädagogischen Einrichtungen tätig werden“, erläutert Frank Jähne. So können Kenntnisse über vorbeugende Maßnahmen, Heilmethoden und Heilaussichten vermittelt werden, unterstreicht der Vereinschef.

*Name wurde geändert