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Neue Zukunft für Ex-Ferroli-Gelände

Nach dem Verkauf räumt der neue Eigentümer auf. Es gibt viele Interessenten.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Der jahrelang wuchernde Wildwuchs auf dem früheren Ferroli-Gelände lichtet sich deutlich sichtbar. In der etwas neueren Halle aus DDR-Zeiten rechts neben dem Werktor montieren Fachleute ein Rolltor. Der Eingang wird verlegt. Der italienische Heizgerätehersteller Ferroli trennte sich im Frühjahr von dem Areal. Und damit auch von den Teilen mit Industrieruinen aus den Anfangszeiten des vorigen Jahrhunderts. Von Abriss könne man aber noch nicht sprechen, sagt Wieland Bauer. Er ist Geschäftsführer der in Pulsnitz ansässigen Firma IMT (International Material Trading Dresden GmbH). Es ist eine Handelsfirma, die sich auch mit der Entwicklung von Immobilien beschäftigt. Er hatte das Gelände im Frühjahr übernommen. Außerdem sei er von den Italienern mit der Aufgabe betraut worden, die noch vorrätigen Werksbestände zu vermarkten.

Derzeit werden Müllberge vom Gelände geschafft
Derzeit werden Müllberge vom Gelände geschafft © Reiner Hanke
Die Gebäude  sollen abgerissen werden.
Die Gebäude sollen abgerissen werden. © Matthias Schumann

Derzeit werde aufgeräumt, erklärt Bauer. Zuerst müsse ja Platz geschaffen werden, um überhaupt an Abriss denken zu können. Dafür werden große, freie Flächen gebraucht. Denn das ganze Material muss sortiert werden: Holz, Bauschutt, Plastik, Schrott, Sondermüll, alles ist zu trennen. Derzeit gehe es um den Abfall, der hier jahrelang heimlich abgeladen worden sei, in den Produktionshallen, zwischen den Gebäuden überall. 20 große Container mit 15 Kubikmetern Stauraum sind schon mit Müll vom Gelände abtranportiert worden. „Es werden bestimmt noch einmal so viele“, schätzt Wieland Bauer ein. Er gewährt den Blick in eine der Hallen. Die sieht schon recht aufgeräumt aus. Den Müll haben die Räumkommandos hier schon sortiert und in großen Säcken verstaut: Holzplatten, alte Bürostühle, Elektro- und anderen Schrott, Kabel, Kunststoffteile, Dämmwolle, Bauschutt. Zum Beispiel auch containerweise Autoreifen. Zwei Meter hoch habe der Müll und Schutt allein in der Halle gelegen. In einem anderen Gebäude stehen mitten in Gerümpelbergen eine Badewanne und ein Schreibtisch. Decken sind eingestürzt. Viel mache er selbst, sagt Wieland Bauer. Er habe sich aber auch die Unterstützung einer Entsorgungsfirma geholt: „15 Jahre lang hat sich niemand drum gekümmert. Hier muss ja schnell etwas passieren.“ Zumal wohl auch Kinder auf dem Gelände gesichtet worden seien. Ein sehr gefährlicher Abenteuerspielplatz, weiß Bauer. Nicht auszudenken, wenn es einen Unfall gegeben hätte.

Neues aus Ruinen

Ziel sei, das gewaltige Areal von rund 50 000 Quadratmetern links und rechts der Kamenzer Straße in Pulsnitz als Gewerbestandort zu entwickeln: „Wir haben viele Anfragen“, versichert Wieland Bauer. Es gebe eben wenig Gewerbefläche in Pulsnitz. In das ehemalige Verwaltungsgebäude zieht jetzt die Firma Richter Bauelemente Pulsnitz. Ein Stück des Werksgeländes stadteinwärts habe sich die benachbarte Pfefferküchlerei gesichert. Der Handwerker wolle Stellplätze für Autos schaffen, um die derzeit schlechte Parksituation zu verbessern. Dort, wo derzeit noch die maroden Werksgebäude stehen, will sich ein Jungunternehmer aus Pulsnitz niederlassen, David Schierack. Fahrzeugspezialist, insbesondere für Multicar. Aus den Ruinen soll sich Neues entwickeln. Der junge Mann plant einen Neubau mit Werkstatt und Büro. Nach dem Abbruch - eine gewaltige Aufgabe: „Einer muss es ja machen, wir packen das einfach an“, sagt er zuversichtlich. „Der junge Mann hat Dampf“, sagt Wieland Bauer und betont: „Das Ganze hier ist ein Gemeinschaftsprojekt, wir helfen uns gegenseitig.“

Noch viel mehr Pläne

Ein wichtiger Partner ist dabei auch die Logistik-Firma Locs, die bereits zwei der neueren Werkshallen nutzt. Wieland Bauer geht in Richtung der Bahngleise der Strecke Kamenz-Dresden. Die führen hinter dem Gelände entlang. Daneben entsteht derzeit eine Betriebsstraße. Bisher können die Kunden von Locs mit ihren großen Lastern nicht wenden. Künftig werden sie auf der Straße das Gelände queren und durch das Werkstor an der Kamenzer Straße ein- oder ausfahren. Die noch solide Halle aus DDR-Zeiten rechts vom Werkstor bringt Bauer derzeit auf Vordermann. Entkernt ist sie bereits. Neuen Estrich hat er reingezogen. Die Dächer auch bei Locs in Ordnung gebracht. In dem Gebäude entsteht weiterer Lagerraum. In zwei Monaten soll die Halle fertig werden. Der eigene Firmensitz soll dort ebenfalls einziehen. Denn IMT hat jetzt das Verwaltungsgebäude gegenüber geräumt, um Platz für die Bauelemente-Firma zu schaffen. Der Abriss der maroden Industriegebäude der ehemaligen Eisengießerei und Maschinenfabrik Mattick, der Schmelze, wie Pulsnitzer sagen, soll im nächsten Jahr beginnen, so die Prognose. Pläne hat Wieland Bauer aber noch viel mehr. Er will die 7 000 Quadratmeter Dach- und auch Freiflächen auf dem Areal links und rechts der Straße nutzen, um Photovoltaikanlagen für die Energiegewinnung aufzubauen. Die Anlage soll dann auch den nötigen Strom für eine Wärmepumpenheizung liefern, um angenehme Temperaturen in die Gebäude auf dem Standort zu bringen.

Ende 2004 legte Ferroli die Produktion in Pulsnitz still. 2006 zog sich das Heiztechnik-Unternehmen aus Italien ganz aus Pulsnitz zurück. Die meisten Mitarbeiter verloren ihre Jobs. Das Ende einer über 100-jährigen Industrie-Tradition.

1867 wurde die Maschinenfabrik und Eisengießerei auf dem Gelände gegründet. 1890 kaufte Franz Mattick aus Bretnig das Werk. Gut 100 Jahre später kam Ferroli.

In den vergangenen Jahren gab es mehrere Anläufe, um den Schandfleck zu beseitigen. Auch die Stadt hatte sich um Teile des Geländes beworben.