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Nachwuchs in 18 Wolfsrudeln

Das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ zieht Bilanz. Auch im Norden und Süden des Landkreises gibt es Veränderungen.

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© dpa

Von Uwe Schulz

Bautzen. Die Debatte um die Ausbreitung der Wölfe ist aufgeheizt. Das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ berichtet als offizielle Informationsstelle zum Thema Wolf vom Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) weiter regelmäßig über neue Erkenntnisse aus dem Wolfsmonitoring und dem damit verbundenen Wissensstand zu den Wolfsterritorien in Sachsen. Im Monitoringjahr 2017/2018 gab es demnach in Sachsen 22 bestätigte Wolfsterritorien. Davon liegen 19 Territorien ganz im Freistaat Sachsen und drei Territorien sind grenzübergreifend: eines zu Brandenburg, eines zu Sachsen-Anhalt und ein weiteres zur Tschechischen Republik. Sieben weitere Wolfsterritorien haben nur einen kleinen Teil ihres Gebietes auf sächsischer Seite und werden daher in den Nachbarländern mitgezählt.

Wolfsvorkommen in Sachsen: Die Darstellung der Territorien ist schematisch. Tatsächlich grenzen die einzelnen Territorien überall aneinander oder überlappen sich teilweise.
Wolfsvorkommen in Sachsen: Die Darstellung der Territorien ist schematisch. Tatsächlich grenzen die einzelnen Territorien überall aneinander oder überlappen sich teilweise.

Massenei-Wölfe doch kein Rudel?

Aufhorchen ließ die Nachricht von einem Rudel in der Massenei bei Großröhrsdorf. Nach Auswertung der genetischen Daten gibt es zu den Masseneiwölfen einen neuen Wissensstand: Offenbar ist das Vorkommen dort doch kein eigenes Rudel. Es handelt sich wohl um eine Ausweitung des bereits bekannten Hohwald-Territoriums bis in die Massenei. Das Wolfsterritorium in der Königsbrücker Heide ist dagegen schon lange bekannt. In den vergangenen Jahren wurde es stets als Rudel eingestuft. Aus dem Monitoringjahr 2017/18 wurden allerdings nie mehr als zwei Wölfe zusammen und keine Reproduktion nachgewiesen. Daher wurde dieses Vorkommen als Paar eingestuft.

Neues Rudel bei Knappenrode

Im letzten Monitoringjahr 2017/2018 wurden im Freistaat Sachsen 18 Rudel und vier Paare nachgewiesen, davon sind neue Vorkommen die Paare Delitzsch, Dübener Heide und Großhennersdorf. Während das Paar in der Dübener Heide bereits im Winter 2017/2018 durch das Monitoring als Paar bestätigt werden konnte, gelang für die Paare bei Großhennersdorf (Kreis Görlitz) und Delitzsch (Kreis Nordsachsen) die Bestätigung des Status erst rückwirkend, weil der Nachweis von Welpen in diesen Territorien im Sommer 2018 erfolgte. Im Bereich Hoyerswerda neu ist das Knappenrode II-Rudel, dessen Existenz erst durch die Auswertung aller genetischen Daten deutlich wurde. Das ursprüngliche Knappenrode-Rudel hatte bereits im Herbst 2016 sein Kerngebiet nach Norden ins Seenland verlagert und das dortige Rudel verdrängt. Zur besseren Unterscheidung wird es nun offiziell Knappenrode/Seenland-Rudel genannt. Im Monitoringjahr 2017/18 konnten außerdem in vier Territorien Rudel festgestellt werden, welche im Jahr zuvor (2016/17) als Paare geführt wurden (Cunewalde, Dahlener Heide, Hohwald, Stolpen/Hohnstein).

68 Welpen nachgewiesen

Im aktuell laufenden Monitoringjahr 2018/2019 konnte bisher in 18 Rudeln der Nachweis von Reproduktion durch Aufnahmen von Welpen oder einer Fähe mit Gesäuge erbracht werden. Auf diese Weise erlangte man Hinweise auf mindestens 68 Welpen. Aufnahmen, die auf Nachwuchs hindeuten, gibt es unter anderem auch aus Rosenthal sowie Hohwald/Massenei. Aus dem Territorium Königsbrücker Heide liegen noch keine Nachweise von Welpen vor. Wie viele von diesen das erste Jahr überleben, ist aber unklar.

14 tote Wölfe entdeckt

In Sachsen wurden 2018 bisher 14 Totfunde gemeldet. In zwei dieser Fälle waren die Tiere infolge eines Verkehrsunfalles so schwer verletzt, so dass sie von einem Veterinär eingeschläfert werden mussten. Dies betraf am 24. Januar 2018 eine Welpenfähe des Milkeler Rudels auf der B 156 zwischen Boxberg und Uhyst und am 17. April 2018 einen aus dem Knappenrode/Seenland-Rudel stammenden, erwachsenen Rüden an der S 94 zwischen Bernsdorf und Kamenz.

Am Ufer des Restlochs Mortka wurdeam 10. Juni eine Jährlingsfähe tot aufgefunden, die aus dem Territorium Knappenrode II stammt. Sie wies im Brustraum Löcher auf und war mithilfe von Betongewichten dort versenkt worden. Die Untersuchung am Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin bestätigte den Verdacht der illegalen Tötung. Das Landratsamt Bautzen stellte Strafanzeige. Die Polizei nahm entsprechende Ermittlungen auf. Auch zwei diesjährige Welpen wurden im Sommer tot gefunden: Ein männlicher Welpe des Knappenrode/Seenland-Rudels starb am 3. Juli bei Sabrodt (Kreis Bautzen) bei einem Verkehrsunfall und ein aus dem Rosenthaler Rudel stammender männlicher Welpe wurde am 16. Juli auf einem Betriebsgelände bei Holschdubrau tot aufgefunden. Das Tier war an den Folgen einer Darm- und Lungenentzündung gestorben.

Tipps für den Herdenschutz

2018 wurden dem Wolfsmanagement im Freistaat 104 Schadensfälle an Haus- und Nutztieren gemeldet. In 54 Fällen war der Wolf als Verursacher wahrscheinlich bzw. nicht auszuschließen. Dabei wurden insgesamt 145 Tiere getötet, 16 sind vermisst und 34 verletzt. 18 Fälle sind derzeit noch in Bearbeitung. Betroffen waren hauptsächlich Schafe und Ziegen (170), teilweise Damwild (18), außerdem ein Rind, ein Hund und zwei Kaninchen. Zum Schutz der Haus- und Nutztiere, darauf weist das Kontaktbüro hin, sei es wichtig, dass Zäune regelmäßig überprüft werden. Tierhalter sowie Betreiber von Wildgattern haben im Freistaat Sachsen die Möglichkeit, sich Herdenschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel die Anschaffung von Elektrozäunen, über die Richtlinie „Natürliches Erbe“ NE/2014 fördern zu lassen. Nicht elektrifizierte Festzäune aus Maschendraht, Knotengeflecht oder ähnlichem Material sind laut Kontaktbüro nicht zu empfehlen, da sie leicht untergraben, übersprungen oder überklettert werden können. Der Freistaat Sachsen führt derzeit ein Pilotvorhaben zur Verbesserung des Schutzes von Festzäunen durch. Dabei soll die Schutzwirkung zusätzlicher, stromführender Leiter an bestehenden Festzäunen erprobt werden.

Infos zum Thema bei: André Klingenberger.

E-Mail: [email protected]

www.wolf-sachsen.de