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Neue Wohnideen für Boxberg

Die Mitglieder der Wählervereinigung Boxberg haben eine Diskussion angeschoben, für Senioren und Familien. Und Pendler sollen den Ort auch gut finden.

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© André Schulze

Von Carla Mattern

Renate Schmidt lebt seit 45 Jahren in Boxberg. „Da kann ich mich doch als Boxbergerin bezeichnen?“, fragt die 71-Jährige schelmisch. Sie steht vor dem Gebäude an der Diesterwegstraße, in dem sie 23 Jahre ihren Laden hatte. Auch als Rentnerin macht sie sich noch regelmäßig auf den Weg in das Gebäude. Hier befinden sich die Räume des Seniorenklubs und der Boxberger Bibliothek. Ehrenamtlich kümmert sie sich um die Rentner und um die Leseratten.

Engagieren sich als Mitglieder der Wählervereinigung Boxberg für ihren Heimatort: Ortsvorsteher Claudius Urban ...
Engagieren sich als Mitglieder der Wählervereinigung Boxberg für ihren Heimatort: Ortsvorsteher Claudius Urban ... © André Schulze
... und Gemeinderat Hendryk Balko.
... und Gemeinderat Hendryk Balko. © André Schulze

Das Haus sei exemplarisch für die Probleme in Boxberg, findet Renate Schmidt. Zehn Boxberger finden sich regelmäßig ein, wenn der Seniorenklub sie einlädt. Es könnten viel mehr sein, wenn der Raum besser erreichbar wäre. Doch Treppensteigen mit Rollator ist beschwerlich. Auch fürs Wohnen sind die Bedingungen in Boxberg nicht mehr optimal. „Vor 45 Jahren waren wir alle jung. Jetzt wollen viele lieber Parterre wohnen oder im ersten Stock“, sagt sie. Doch das geht natürlich nicht. Und selbst in den sanierten Mehrfamilienhäusern an der Diesterwegstraße und der Straße der Freundschaft gibt es keine Fahrstühle.

Die Mitglieder der Wählervereinigung Boxberg, für die Renate Schmidt auch im Gemeinderat sitzt, haben sich Gedanken um das Thema gemacht und sich an den Bürgermeister gewandt. Gemeinderat Hendryk Balko erklärt, warum: „Unser Anliegen als Wählervereinigung Boxberg war es, das Thema Wohnen für Jung und Alt in den Gemeinderat zu tragen. Dieses war auch schon ein Kernpunkt, mit dem wir in die Kommunalwahl 2014 gestartet sind.“

Wie bei vielen anderen Themen, wie beispielsweise dem Personalschlüssel für die Gemeindeverwaltung, fällt auch hier der Industriegemeinde ihre Größe und Ausdehnung über 18 Ortsteile auf die Füße. Hendryk Balko nennt ein Beispiel. Die Gemeinde Boxberg ist mit ihrer Fläche von 217 Quadratkilometern nur vier Quadratkilometer kleiner als Chemnitz. In der Stadt leben allerdings rund 240 000 Einwohner, in Boxberg nur rund 4 600 Einwohner.

Dabei ist Boxberg als Industriegemeinde besser aufgestellt als viele andere Kommunen im Landkreis. Eine Vielzahl von Unternehmen bestehen am Kraftwerk, in Schadendorf, in Kringelsdorf und in den Ortschaften. „Trotzdem wohnen viele dieser Angestellten nicht in der Gemeinde Boxberg. Sie kommen von Cottbus, Hoyerswerda, Weißwasser, Dresden und den Nachbargemeinden. Natürlich hat dieser Fakt viele und gerechtfertigte Gründe, das will auch niemand abstreiten. Die Gemeinde kann auch nicht alles regeln und ist personell und vor allem finanziell in ihren Möglichkeiten begrenzt. Dennoch sind wir der Meinung, dass diese Frage einfach mal in den Raum gestellt werden muss“, so Gemeinderat Hendryk Balko.

Deshalb haben sich die freien Wähler in Boxberg auf die Fahne geschrieben, gemeinsam mit dem Gemeinderat, der Verwaltung, der Wohnungsbaugesellschaft Weißwasser und anderen Partnern über die Wohnsituation in Boxberg zu sprechen. Ziel der Diskussion: attraktiven Wohnraum für junge Menschen noch besser bereitstellen und älteren Einwohnern eine Wohnung anbieten, die es ermöglicht, so lange wie möglich ohne fremde Hilfe den Alltag zu bestreiten.

Obwohl dieses Anliegen schon Ende 2016 an den Bürgermeister, die Verwaltung und den Rat herangetragen wurde, ist das bisher immer in nichtöffentlicher Sitzung diskutiert worden. Ortsvorsteher Claudius Urban, der auch zur Wählervereinigung Boxberg gehört, sieht das aber unproblematisch, denn das Wohnen sei ein wichtiges Thema für alle Räte. Bürgermeister Achim Junker sieht das nicht anders. Man wolle erst einmal klären, was in das Konzept grundsätzlich gehöre. Auch Renate Schmidt ist zuversichtlich. Mit dem bereits angeschobenen Ausbau der Schule zum Begegnungszentrum sei immerhin dem Seniorenklub schon geholfen. Denn das Zentrum bekommt einen Fahrstuhl.