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Neue Rettungswache ärgert Mieter

Der Bau entsteht nah an zwei Wohnhäusern für ältere Leute in Weinhübel. Die Bewohner vermissen Infos zum Baugeschehen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Görlitz. Lothar Neumann hat sich die Balkontür vor Kurzem extra umbauen lassen, damit er mit seinem Rollstuhl auch mal nach draußen gelangt. „Das hätten wir uns wohl sparen können“, sagt Ehefrau Ilse: „Künftig ist der Balkon sowieso nichts mehr wert.“

So soll die neue Rettungswache in Weinhübel von der Leschwitzer Straße aus aussehen. Die linke Außenwand ist zu den Wohnhäusern gerichtet.
So soll die neue Rettungswache in Weinhübel von der Leschwitzer Straße aus aussehen. Die linke Außenwand ist zu den Wohnhäusern gerichtet. © Wünsche + Langer

Die Neumanns wohnen im Parterre der Leschwitzer Straße 17 in Weinhübel. Das Haus und die benachbarte Nummer 17a sind 1998 gebaut worden – altersgerecht mit Aufzügen. In den insgesamt 24 Wohnungen leben ausschließlich ältere Mieter. Und die haben jetzt ein Problem: Der Landkreis baut auf dem Nachbargrundstück Leschwitzer Straße 19 die neue Rettungswache, von der aus die Einsatzfahrzeuge auch schnell an den Berzdorfer See gelangen. Der Neubau entsteht acht Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. „Das ist deutlich mehr als der erforderliche Mindestabstand von drei Metern“, sagt Dieter Peschel, Leiter des Bauamtes beim Landkreis.

Die Mieter sind trotzdem unglücklich – nicht nur die Neumanns aus dem Parterre, sondern auch die weiter oben Wohnenden. „Wenn ich auf meinem Balkon stehe, bin ich auch nur vier Meter über dem Erdboden des Nachbargrundstückes“, sagt zum Beispiel Edeltraud Weikert, die mit ihrem Mann im ersten Stock wohnt. Auch sie fürchtet, künftig auf eine nackte Mauer zu blicken statt weit in Richtung Landeskrone. Peschel kann ihr die Sorge nicht nehmen: „Das Gebäude wird circa 3,70 Meter hoch, aber der Garagenteil etwa 6,20 Meter.“ Besonders verärgert ist Eberhard Stanek, der mit seiner Frau im dritten Stock wohnt: „Mich stört, dass mit uns niemand über den geplanten Bau gesprochen hat.“ Dass überhaupt gebaut wird, habe er aus der Zeitung erfahren. Aber offiziell habe ihm niemand etwas mitgeteilt. Er will wissen, warum der Neubau gerade hier gebaut wird und nicht ein Stück weiter von den Häusern entfernt: „Weiter weg stehen alte Garagen, die nicht genutzt werden, dort könnte doch der Neubau hin“, sagt er.

Nein, entgegnet Peschel. Die Garagen gehören der Stadt – und sie seien vermietet. Die Stadt will auf die Mieteinnahmen nicht verzichten – und hat dem Landkreis deshalb nur das andere Grundstück verkauft, das näher an den Wohnhäusern steht. Peschel selbst hätte ein ganz anderes Grundstück bevorzugt, und zwar im vorderen Teil der Leschwitzer Straße, ganz nahe am Deutsch-Ossig-Ring. „Leider war dieses Grundstück aber zu klein“, sagt er.

Eberhard und Sieglinde Stanek stört auch der Baulärm. „Einmal kam nachts um 3.45 Uhr ein Auto angefahren, um den großen Bohrer anzuliefern“, sagt der 73-Jährige. Anschließend seien 60 Löcher gebohrt worden – nicht in der Nacht, aber von 7 bis 19 Uhr. „Seit Anfang Juli haben wir hier Baukrach“, sagt Stanek. Die Pfahlgründung ist inzwischen abgeschlossen, erläutert Peschel: „Jetzt folgen Erschließungsarbeiten, danach Roh- und Innenausbau.“ Für Oktober sei die offizielle Grundsteinlegung geplant. Und im zweiten Quartal 2017, also spätestens im Juni, soll der Bau abgeschlossen werden und die Rettungswache in Betrieb gehen. Die Außenanlagen sind für 2017 geplant. Zu den beiden Wohnhäusern hin wird es eine helle Putzfassade, Rasen und außerdem eine Begrünung geben, so Peschel. Ob Sträucher gepflanzt werden oder etwas Rankendes an der Mauer, steht aber noch nicht fest: „Das hängt am Ende von unserem Budget ab.“

Im Übrigen seien alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden: „Die Baugenehmigung liegt vor, damit sind alle bauordnungsrechtlichen Belange erfüllt.“ Auch die Nachbarn seien beteiligt worden: „Wir haben mit der Stadt, den Stadtwerken, Kommwohnen und vier Privatbesitzern verhandelt“, sagt Peschel. Die Nachbarn hätten keine Bedenken genannt, auch nicht der Eigentümer der Häuser Leschwitzer Straße 17 und 17 a. Die zuständige Hausverwaltung der Gebäude war am Montag für SZ-Nachfragen nicht erreichbar.

Eberhard Stanek hat inzwischen resigniert: „Wir können ja ohnehin nichts mehr ändern.“ Aber mehr Infos im Vorfeld und auch jetzt noch hätte er sich auf jeden Fall gewünscht: „Der Landkreis hat sicher alle Genehmigungen, aber die menschliche Seite hat er völlig vergessen.“ Jetzt hoffen die Mieter, dass der Baulärm etwas nachlässt – und dass nach der Inbetriebnahme nicht allzu viele Rettungswagen mit Sirene losfahren, vor allem nachts. „Nein“, sagt Peschel, „das wird nicht passieren.“ Die Sirene werde nur bei Bedarf eingeschaltet. Vielleicht wird das an der Kreuzung zur B 99 öfter der Fall sein, aber direkt vor der Rettungswache wohl eher nicht.