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Neue Praxis soll Notaufnahme entlasten

Das Städtische Klinikum Görlitz verhandelt mit den Kassenärzten über eine Bereitschaftspraxis. Mehr Arztstellen gibt es aber nicht.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Sebastian Beutler

Jetzt soll es ganz schnell gehen. Am Wochenende suchte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) per Stellenanzeige in der SZ bereits Mitarbeiter für eine Bereitschaftspraxis in Görlitz, für 2. Juli rechnet die Vereinigung mit dem Start dieser Praxis im Städtischen Klinikum. Damit, so erklärt Klinikum-Sprecherin Katja Pietsch gegenüber der SZ, soll das Problem der Überlastung der Krankenhaus-Notaufnahmen mit Patienten, die keine Notfälle im eigentlichen Sinne sind, gelöst werden.

Seit Monaten verhandelt der Medizinische Direktor, Dr. Eric Hempel, mit der Ärztevertretung. Denn die Situation in den Notfallambulanzen an den Krankenhäusern generell und am Klinikum im Speziellen ist schwierig. So suchen viele Patienten die Notfallaufnahme auf, die kein medizinischer Notfall sind. Der Leiter der Notfallaufnahme, Dr. Mark Frank, erklärte vor drei Jahren, es kämen 70 und mehr Patienten pro Tag. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Mit der Bereitschaftspraxis sollen nun die wirklichen Notfälle schnell von den Patienten unterschieden werden, die eine ambulante Behandlung benötigen. Deshalb, so erklärt Katharina Bachmann-Bux, Sprecherin der KV Sachsen, würden im Idealfall Mitarbeiter der Notfallambulanz und der Bereitschaftspraxis an einem gemeinsamen Aufnahmetresen arbeiten und nach einer ersten professionellen Inaugenscheinnahme entscheiden, wer zum Krankenhausarzt kommt und wer zum allgemeinmedizinischen Bereitschaftsarzt. Das System sei aber so flexibel, dass Patienten auch dann noch zur Notfallambulanz geschickt werden, wenn sich in der Bereitschaftspraxis die Erkrankung als schwerwiegender herausstellt als zunächst gedacht.

Ob es diesen gemeinsamen Tresen tatsächlich gibt, ist aber noch nicht sicher. Derzeit laufen die Verhandlungen darüber zwischen Klinikum und Kassenärztlicher Vereinigung. Ausstattung, Räume, Abläufe – all das ist Gegenstand dieser Gespräche. Fest steht, dass die Praxis an Mittwoch- und Freitagnachmittagen jeweils von 15 bis 19 Uhr, an Sonnabenden und Sonntagen sowie Feiertagen und Brückentagen jeweils von 9 bis 13 und 15 bis 19 Uhr geöffnet haben soll. In dieser Zeit werden niedergelassene Allgemeinmediziner ihren Bereitschaftsdienst in der neuen Praxis ausüben. Deren Aufgabe: Den Patienten soll so geholfen werden, dass sie die Wartezeit bis zur nächsten regulären Sprechstunde eines Haus- oder Facharztes überstehen. Für die Bereitschaftspraxis seien die Tage ausgesucht worden, wo erfahrungsgemäß der Andrang in der Notaufnahme am größten ist. An den anderen Tagen gilt das dezentrale System wie bislang.

Dagegen gibt es durchaus auch Kritik der niedergelassenen Ärzte. Nach SZ-Informationen wandten sich die Kritiker auch in einem Schreiben an die KV. Das bestätigt auch Sprecherin Katharina Bachmann-Bux. Da geht es beispielsweise um die Pflicht, in der neuen Praxis Dienst zu leisten oder um die Vereinbarkeit mit der Selbstständigkeit der Kassenärzte. Aber es sei eben keine freiwillige Maßnahme, sondern beruhe auf einer gesetzlichen Verpflichtung, sagt die Sprecherin der KV. Mit anderen Worten: Wenn die Bereitschaftspraxis öffnet, ist jeder niedergelassene Arzt zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst dort verpflichtet. Zumal auch die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung, eine Art Ärzteparlament, dieser Neuordnung generell zugestimmt hatte.

Diese Punkte waren auch schon Gegenstand eines Streits, als im Januar vorigen Jahres am Nieskyer Krankenhaus Emmaus eine der ersten Bereitschaftspraxen in Sachsen eingerichtet wurde. Doch seitdem ist von dem Streit nichts mehr zu hören. Stattdessen hätten die Hilfesuchenden das neue Angebot sehr positiv angenommen, erklärte der Sprecher des Emmaus-Betreibers, Victor Franke, zum Tag der offenen Tür des Krankenhauses. Auch Frau Bachmann-Lux sagt, es laufe in Niesky „sehr gut“. Für die Nieskyer ist die Bereitschaftspraxis auch ein Teil, um das Emmaus zu einem lokalen Gesundheitszentrum zu machen – und so im ländlichen Gebiet um die frühere Kreisstadt eine möglichst gute medizinische Versorgung zu sichern.

Doch gibt es solche Bereitschaftspraxen mittlerweile nicht nur in ländlichen Gebieten. Auch in Dresden, Leipzig und Chemnitz kennt man dieses System. Nun soll es auch in weiteren Städten pilotartig eingeführt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung hat dafür neben Görlitz noch Annaberg-Buchholz und Delitzsch ausgewählt. Sie selbst betreibt diese Praxen. Mehr Ärzte werden es dadurch aber nicht, denn eine zusätzliche Arztstelle ist damit nicht verbunden.