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Neue Pläne für alte Villa

Der Lebenshilfe-Verein will an der Albert-Schweitzer-Straße in Bautzen ein Haus der Begegnung eröffnen – und Kaffee rösten.

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© Uwe Soeder

Von Sebastian Kositz

Ihre besten Tage hat die große Villa an der Albert-Schweitzer-Straße ganz augenscheinlich schon hinter sich. Lange Zeit diente das um 1900 errichtete Gebäude als Internat, zuletzt fand das Steinhaus dort für gut zwei Jahre ein Exil. Doch jetzt gibt es neue Pläne für die alte Villa. Die Bautzener Lebenshilfe will hier ein Haus der Begegnung eröffnen – mit einem einzigartigen Konzept, das ganz nebenbei Kaffeefreunde auf den Geschmack bringen soll.

Schon seit Anfang der 1990er-Jahre ist der Verein in Bautzen tätig, feiert dieses Jahr das 25-jährige Jubiläum. Die Lebenshilfe betreibt unter anderem das Kinderhaus Sonnenschein und kümmert sich zudem um Menschen mit Behinderung. Allein im vergangenen Jahr betreuten die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter bis zu 400 Menschen mit einer Reihe von verschiedenen Angeboten. Und genau darum geht es nun auch bei den Plänen für die Villa an der Albert-Schweitzer-Straße.

Der Verein möchte dort einerseits einige Wohnungen für Menschen mit Behinderung einrichten und in den neuen Räumen die dringend benötigten Angebote ausbauen. Außerdem will die Lebenshilfe ein sogenanntes Integrationsunternehmen gründen: eine Kaffeerösterei mit angeschlossenem Cafébetrieb, Seminar- und Veranstaltungsräumen. Dort sollen Jobs für jene entstehen, die es wegen ihrer Behinderung auf dem Arbeitsmarkt sehr schwer haben.

Kaufvertrag schon unterschrieben

Ein außergewöhnliches Vorhaben, das für die Lebenshilfe eine große Herausforderung ist, wie Geschäftsführer Sylvio Funke-Müller sagt. Da geht es zunächst um nötige Investitionen in Höhe von etwas mehr als zwei Millionen Euro. Geld, das der Verein aus Eigenmitteln, über Fördertöpfe und Spenden aufbringen muss. Als großer Unterstützer könnte dabei die „Aktion Mensch“ auftreten. Zugleich muss sich die Kaffeerösterei auf Dauer aus eigener Kraft tragen. Wichtig seien dabei vor allem regionale Kooperationen und Partnerschaften.

„Wir haben lange überlegt und sind dann auf die Rösterei gekommen. Bautzen hat schließlich noch keine“, sagt Sylvio Funke-Müller. Der Lebenshilfechef und seine Mitstreiter setzen auf den stetig steigenden Kaffeedurst – und die Nachfrage nach besonderen Zubereitungen. „Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kauft einfach unseren Kaffee“, erklärt Sylvio Funke-Müller. Der Verein denkt dabei nicht nur an private Konsumenten. Auch hiesige Firmen können einen Beitrag leisten, in dem dort die Kaffeemaschinen für die Mitarbeiter mit Bautzener Bohnen befüllt werden.

Wohnungen geplant

Neben dem Integrationsunternehmen, das einmal den Namen „Filterkaffee“ tragen soll, plant die Lebenshilfe im obersten Geschoss der Villa sieben Wohnungen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zugeschnitten werden. Sylvio Funke-Müller betont, dass den Mietern dort die Möglichkeit auf ein weitgehend selbstbestimmtes Leben geboten werden soll – und sie zugleich auf die Angebote und die Unterstützung des Vereins zählen können.

Schließlich will die Lebenshilfe auch ihre Angebote für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige in der Albert-Schweitzer-Villa bündeln und ausbauen. Dabei handelt es sich einerseits um einfache Betreuungsangebote. Die Bautzener Lebenshilfe springt beispielsweise aber auch dann ein, wenn Angehörige verreisen und eine kurzfristige Betreuung eines Familienmitglieds nötig wird. Dazu werden im Gebäude Zimmer geschaffen, in denen die Betroffenen für einige Tage wohnen können und individuelle Hilfeleistungen durch den Familienunterstützenden Dienst erfahren.

Läuft alles nach Plan, könnten schon im kommenden Jahr der Umbau und die Sanierung des markanten Bauwerks starten. Gekauft hat der Verein die Villa bereits. Die gehörte bislang dem Landkreis. Beim Vorbesitzer ruft das Vorhaben große Begeisterung hervor. Aktuell gibt es nach Worten von Peggy Schwarz, Leiterin des Sozialamts, im Kreis lediglich fünf Integrationsunternehmen, in denen 36 Menschen mit Behinderung beschäftigt sind. Durch „Filterkaffee“ könnten bis zu acht Jobs hinzukommen. Aber auch beim selbstbestimmten und betreuten Wohnen gibt es immensen Nachholbedarf. Denn der weitaus größte Teil der Betroffenen wohnt in Heimen. „Wir begrüßen das Projekt deshalb sehr“, erklärt Peggy Schwarz. Beeindruckt von der Idee zeigt sich auch Vize-Landrat Udo Witschas (CDU) – und spricht für Bautzen von einer „gelebten Innovation“.