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Neue Kinderärzte für Görlitz

Einer eröffnet demnächst eine eigene Praxis, ein zweiter unterstützt eine Ärztin. Das entspannt die Situation in der Stadt.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Daniela Pfeiffer

Undine Kern hatte sich noch gar keine Gedanken zum Thema Ruhestand gemacht, als Markus Rentsch bei ihr anklopfte. Das war vor zwei Jahren. Inzwischen arbeiten die beiden Kinderärzte Seite an Seite in Undine Kerns Praxis in Königshufen. Markus Rentsch ist einer von zwei Kinderärzten, die vom Städtischen Klinikum in eine Praxis wechseln und damit die Situation um die Kinderarzt-Versorgung in Görlitz ungemein verbessern.

Kinderarzt Sören Schlichting vor dem Haus 3 des Rauschwalder Gesundheitszentrums. Hier werden gerade seine Praxisräume ausgebaut.
Kinderarzt Sören Schlichting vor dem Haus 3 des Rauschwalder Gesundheitszentrums. Hier werden gerade seine Praxisräume ausgebaut. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Seit Januar arbeitete Rentsch bereits teilweise in der Königshufener Praxis mit, war aber auch noch im Klinikum. Im vergangenen Jahr hatte er seine Facharzt-Ausbildung beendet, die Zukunftsperspektive im Klinikum war nicht optimal, und er habe ohnehin ambulanter Kinderarzt werden wollen, sagt der 35-Jährige. Es ist ihm sogar in die Wiege gelegt worden, ist doch seine Mutter die Kinderärztin Ulrike Rentsch – mittlerweile im Ruhestand – die viele Familien noch von der Gemeinschaftspraxis mit Ines Berger in Rauschwalde kennen.

Seit Juli ist er nun in der Praxis Kern angestellt. Markus Rentsch wird sie irgendwann übernehmen, das ist jedenfalls der Plan. Obwohl die Kinderärztin mit 64 Jahren schon an den Ruhestand denken könnte, mag sie sich noch nicht wirklich vorstellen, nur daheim zu sein. „Das kann ich einfach nicht“, sagt sie. Ab Januar drehen sie aber den Spieß zumindest schon mal um: Dann wird sie bei ihm angestellt sein. Undine Kern jedenfalls gefällt es, Verstärkung zu haben. „Es ist schön, dass wir uns austauschen können: Er bringt neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit, ich habe meine jahrelangen Erfahrungen.“

Ein paar mehr Patienten könnten sie noch aufnehmen, sagen beide. Mit etwa 600 Patienten im Quartal liegen sie noch unter dem Durchschnitt, der in Görlitz bei etwa 1 300 liegt, dem Vernehmen nach in einer Praxis sogar über 2 000. Zum Vergleich: In ganz Sachsen sind es durchschnittlich 900 pro Quartal. „Diese Zahl wurde in den letzten Jahren im Durchschnitt aller Görlitzer Kinderarztpraxen regelmäßig überschritten“, sagt Michael Rabe von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen. Vor allem in den Erkältungsperioden hatten einige Kinderärzte doch oft enormen Andrang, mitunter konnten Eltern, die morgens angerufen hatten, erst am Abend mit dem kranken Kind in die Praxis kommen.

Nach wie vor gilt aber verblüffenderweise, dass Görlitz bei Kinderärzten einen Versorgungsgrad von 237 Prozent hat. Wie Michael Rabe sagt, sei eine neue Praxis in Rauschwalde da sogar schon mit eingerechnet. Trotzdem dürfe der Zulassungsausschuss dem Antrag eines Arztes auf Sonderbedarf aber zustimmen, wenn das unerlässlich sei, um einen zusätzlichen Versorgungsbedarf zu decken. „Diesen haben die Zulassungsinstanzen für die Stadt Görlitz und das unmittelbare Umland festgestellt.“

Deshalb darf sich Sören Schlichting nun als Kinderarzt niederlassen. Seine Praxis entsteht zurzeit in unmittelbarer Nähe zur Praxis von Ines Berger – nämlich auch im Gesundheitszentrum Rauschwalde. Während Ines Berger Kinder im Haus 1 behandelt, wird Sören Schlichting das ab November in Haus 3 tun. Auf 170 Quadratmetern wird seine neue Praxis im Moment ausgebaut. Neben dem Empfang wird die Praxis ein großes Wartezimmer, zwei Sprechzimmer, ein kleines Labor, ein extra Isolierzimmer und Büro haben. Nach zwölf Jahren Arbeit im Krankenhaus – davon drei in Greifswald – freut sich Sören Schlichting darauf, sein eigener Herr zu sein, eigenständig etwas bewegen zu können. Nach seiner Zeit in Greifswald stand für den 39-jährigen Familienvater fest, es soll zurück nach Görlitz gehen – der Familie wegen. Mit zwei bis drei Schwestern wird er die Kinder und Jugendlichen hier künftig empfangen. Quasi-Nachbarin Ines Berger freut sich und hat sich vom jungen Kollegen die Baustelle schon zeigen lassen. Sie hatte der neuen Praxis auch offiziell zugestimmt. „Wir werden uns bei unseren Sprechzeiten abstimmen, so, dass hier auch nachmittags immer mindestens einer Sprechstunde hat“, sagt Schlichting.

Die Lage in der Stadt dürfte sich also spätestens ab November deutlich entspannen. Das glaubt auch Michael Rabe: „Wir gehen fest davon aus, dass sich damit die Versorgungssituation in Görlitz verbessern und stabilisieren wird.“ Künftig erwarten sechs niedergelassene Ärzte ihre kleinen Patienten – teilweise noch mit zusätzlichen Kollegen, wie etwa bei Ines Berger. Wie Michael Rabe mitteilt, wird dort eine Ärztin in Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin tätig .

Der Flüchtlingszustrom hat sich übrigens unterschiedlich ausgewirkt. Während etwa Ines Berger feststellt, dass zu ihr so gut wie keine Flüchtlingsfamilien kommen, sind es in Königshufen doch einige. „Seit Mai 2015 merken wir es deutlich“, sagt Undine Kern. Aber auch das gehe ohne große Probleme. Zur besseren Verständigung wird inzwischen auf elektronische Übersetzungsprogramme wie den Google Translater zurückgegriffen. Dolmetscher, wie sie anfangs mitgeschickt wurden, kommen heute keine mehr.

Kinderärzte in Görlitz:

Dr. med. Ines Berger: Reichenbacher Straße 106

Dr. med. Marion Richter: Biesnitzer Straße 77 a

Dipl.-Med. Undine Kern (und Dr. med. M. Rentsch): Schlesische Straße 64, Görlitz und Mittelstraße 56, Holtendorf

Annegret Geisler: Luisenstraße 15

Dipl.-Med. Jan Handrick/Dipl.-Med. D. Hausmann: An der Frauenkirche 12

Dr. med. Sören Schlichting (ab November): Ärztezentrum Rauschwalde, H 3

Weitere Informationen unter www.kinderaerzte-im-netz.de.