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Neue Kassen braucht das Land

Der Gesetzgeber zwingt Geschäftsinhabern moderne Technik auf. Die Geldkassette ist nur in Ausnahmefällen erlaubt.

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© Mario Heinke

Von Mario Heinke

Kassenspezialist Marc Jacob erklärt Sibylle Hepper die nagelneue elektronische Kasse. Frau Hepper hat 1997 ihr Modegeschäft „Heppy Mode“ in Jonsdorf eröffnet und im Jahre 2013 den Laden in die Zittauer Johannisstraße verlegt. Die alte Registrierkasse, Modell „ADS Anker“, stammt noch aus DDR-Zeiten und verrichtete bisher ihren Dienst ohne Probleme. Trotzdem bestellte Frau Hepper im vergangenen Jahr eine neue elektronische Kasse. Sie tat dies nicht ganz freiwillig, sondern wegen einer neuen Verwaltungsvorschrift, die vom Bundesfinanzministerium bereits im Jahre 2010 herausgegeben wurde.

Das Papier trägt den Titel „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften“ und hat weitreichende Folgen für alle Gewerbetreibenden, die mit Bargeld arbeiten. Dass die neuen Regelungen gerade jetzt für Hektik im Handel und der Gastronomie sorgen, liegt daran, dass zum Jahresende 2016 die Frist abgelaufen ist, die es den Geschäftsleuten noch ermöglichte, so weiterzumachen wie bisher. Ende Dezember löste der Bundestag die Verwaltungsvorschrift durch das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ ab, das seit Jahresbeginn in Kraft ist.

„Viele Unternehmer haben gehofft, die neue Regelung werde verschoben oder komme gar nicht“, sagt Marc Jacob. Der selbstständige IT-Systemelektroniker arbeitet seit 14 Jahren in der Branche. Infolge der abwartenden Haltung vieler Geschäftsinhaber gibt es derzeit Lieferschwierigkeiten bei den Herstellern der Geräte, einige Kassenmodelle sind erst ab März wieder lieferbar, erzählt Jacob. Auch Kassenanbieter Klaus Schütze aus Mittelherwigsdorf bestätigt, dass es besonders bei den preiswerten Modellen derzeit Lieferengpässe gibt.

Die neuen Regelungen fasst Marc Jacob so zusammen: Alle steuerlich relevanten Einzeldaten müssen unveränderbar und vollständig gespeichert werden. Eine Verdichtung der Datensätze, etwa durch Endsummen, ist unzulässig. Die ausschließliche Aufbewahrung der Kassenberichte und Kontrollstreifen in ausgedruckter Form ist nicht mehr ausreichend. Zudem müssen alle Daten künftig in einem auswertbaren Datenformat vorliegen. „Aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen“, so das Gesetz. Prüfungen der Finanzämter sollen dadurch erleichtert und Manipulationen erschwert werden. So enthält auch die neue Kasse von Frau Hepper einen daumengroßen Chip, auf dem alle Daten gespeichert werden. Die Sicherung der Daten sollte jeder Gewerbetreibende ernst nehmen, denn laut Bundesfinanzministerium „liegt die Feststellungslast beim Steuerpflichtigen“. Kann der Unternehmer keine auswertbaren Daten vorlegen, drohen unter Umständen hohe Nachzahlungen. „Das kann die Existenz kosten“, warnt Jacob.

Steuerberaterin Renate Victor von der Connex Steuer- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft in Zittau weist jedoch darauf hin, dass kleinere Einzelhändler ohne Angestellte weiterhin handschriftliche Aufzeichnungen führen, und mit einer sogenannten „offene Ladenkasse“, etwa in einer Geldkassette oder Zigarrenschachtel, arbeiten können. Vorausgesetzt der Einzelunternehmer führt ein Kassenbuch und rechnet seine Einnahmen täglich ab. „Wir beraten unsere Mandanten individuell zu der Problematik“, so die Steuerberaterin.

Das Gesetz legt auch fest, dass die Anforderungen an Registrierkassen sich ab 2020 nochmals verschärfen. Registierkassen müssen dann durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert sein und werden von der Finanzverwaltung registriert.