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Neue Jobcenter-Chefin benennt alte Probleme

Langzeitarbeitslose beschäftigen die Mitarbeiter der Behörde besonders. Doch es gibt viele Erfolge zu berichten.

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© Eckardt Mildner

Von Tina Soltysiak

Mittelsachsen. Das Jobcenter Mittelsachsen wird ab Donnerstag von Martina Neubert geleitet. Die 56-Jährige wurde am Montag von der Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und des Landkreises Mittelsachsen für fünf Jahre bestellt. Die Chemnitzerin löst damit Karin Ilgert ab.

Im Januar 2013 hatte Ilgert die Leitung des damals neuen Jobcenters Mittelsachsen übernommen. Sie sowie Landrat Matthias Damm (CDU) und BA-Geschäftsführerin Susann Heine blickten zurück. Die Zahl der Arbeitslosen und der Leistungsberechtigten sei in dieser Zeit deutlich gesunken: 2013 gab es in Mittelsachsen 9 254 Hartz-IV-Empfänger, Ende 2017 waren es, Stand September, nur noch 5 979. Zu betreuen haben die derzeit 362 Mitarbeiter jedoch nicht nur die arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger, sondern auch Personen, die arbeiten, aber dennoch Geld vom Jobcenter erhalten – im Volksmund auch „Aufstocker“ genannt. Deren Zahl liege relativ konstant bei 30 Prozent der Leistungsbezieher. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten fiel von anfangs 19 648 auf nunmehr 13 491.

Während diese Zahlen sinken, seien in der Gruppe ausländischer Leistungsberechtigter „moderate Zuwächse“ zu verzeichnen. Das liege angesichts der zugezogenen Flüchtlinge, die vor allem 2016 die Beschäftigten vor eine große Herausforderung stellten, jedoch in der Natur der Sache. Inwieweit dieser Zuwachs anhält, lasse sich nicht verlässlich voraussagen, so die künftige Jobcenter-Chefin Martina Neubert.

Dafür deutet sich ein anderes Problem an, auf das bereits unter Karin Ilgert reagiert wird: „Die Zahl der Eltern, die langzeitarbeitslos sind, steigt“, sagte Ilgert. Als Langzeitarbeitsloser gilt, wer ein Jahr und länger keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. Es deute sich die Gefahr der nachwachsenden Hartz-IV-Generation an: „Die Kinder bekommen vorgelebt, dass morgens nicht auf Arbeit gegangen, sondern der Fernseher angemacht und eine Zigarette angezündet wird.

Einige Jungen und Mädchen haben bereits die Lebenseinstellung ,Meine Eltern haben Hartz-IV, das will ich auch’. Dem müssen wir entgegenwirken“, so Karin Ilgert. Es gebe spezielle Projekte für Langzeitarbeitslose. Im Mai 2015 war das Bundesprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit gestartet. „Das Jobcenter holte damit rund 3,6 Millionen Euro zusätzliche Fördermittel in den Landkreis“, so Karin Ilgert. Das Geld sei gut investiert worden: „Insgesamt 163 Personen konnten trotz Langzeitarbeitslosigkeit und fehlender Berufsabschlüsse bis Ende des vergangenen Jahres in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden“, ergänzte sie. Das Fördergeld wurde bislang für knapp 8 000 Coachingstunden und Lohnkostenzuschüsse eingesetzt. Die Finanzierung laufe noch bis Ende 2020.

Auch knapp 900 arbeitslose Mittelsachsen über 50 Jahre konnten dank des Bundesprogramms „comeback 50plus“ vermittelt werden. Dafür gab es rund 4,6 Millionen Euro vom Bund.

Im Zuge der Neustrukturierung des Jobcenters wurden allerdings auch zwei Standorte geschlossen – in Flöha und Brand-Erbisdorf. Aktuell gibt es fünf Standorte in Döbeln, Freiberg, Hainichen, Mittweida und Rochlitz.

Martina Neubert möchte die erfolgreiche Arbeit von Karin Ilgert fortführen. Auch für sie stehe unter anderem der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit im Fokus. Dafür werde ein Teil des Jobcenter-Personals gezielt geschult. Wichtig seien dabei die gezielte Akquise passender Stellen sowie eine intensive Netzwerkarbeit, so Martina Neubert.