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Neue Hightech-Jobs in Dresden

Heliatek bekommt Millionen von Energiekonzernen – und schafft Stellen in Dresden.

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© PR/Tim Deussen

Georg Moeritz

Dresden. Wenn sich diese Dresdner Technik durchsetzt, dann müssen Büroangestellte bald mit weniger Tageslicht auskommen: Die Heliatek GmbH will in großem Stil Folien herstellen, die auf Glasscheiben und Fassaden Licht einfangen und in Strom umwandeln. Produktentwickler Michael Meißner zeigte am Mittwoch in einer noch leeren Fabrikhalle nahe dem Dresdner Einkaufszentrum Elbepark die Produkte: halbtransparente Folien in Blau, Grün und Grau, die in anderthalb Jahren in die Serienfertigung gehen sollen. Bis dahin will Heliatek die Produktionsanlage aufstellen und seine Dresdner Belegschaft von jetzt gut 60 Mitarbeitern um mehr als 50 aufstocken. Das Unternehmen feierte sein zehnjähriges Bestehen und kündigte zugleich den Ausbau an.

Dass Heliatek trotz Solarkrise 80 Millionen Euro für seine Industrieproduktion ausgeben kann, verdankt das Unternehmen unter anderem großen Energiekonzernen. RWE-Konzernchef Peter Terium wollte zwar nicht genau sagen, wie viel Geld der zweitgrößte deutsche Energiekonzern zu Heliatek beiträgt, doch der Anteil sei auf 20 Prozent mehr als verdoppelt worden. Damit ist RWE ein maßgeblicher Investor für die Dresdner Solartechnik.

Für den Essener Konzernchef Terium passt Öko-Strom gut zum Marketing-Konzept: RWE wird nämlich derzeit aufgespalten – in den „alten“ Konzern, der sich um Altlasten wie Großkraftwerke kümmern soll, und den neuen namens Innogy. Der soll an der Börse neues Geld bringen und den Kunden Umweltfreundlichkeit signalisieren. Schon hat Chef Terium Solarfolien aus der Dresdner Test-Produktion an einer Biogasanlage im Rheinland anbringen lassen und schwärmt davon, die flexiblen Strom-Erzeuger bald auf Zelten, Autos, auf Kleidung und Handtaschen zu sehen.

Solarworld baut ab, Solarwatt auf

Das mit den Handtaschen hat für Heliatek-Chef Thibaud Le Séguillon allerdings noch Zeit. Er will Baustofffirmen als Großkunden. Der Franzose ist froh, dass er außer RWE auch die Bank BNP Paribas und den Energieriesen Engie als Geldgeber gewonnen hat – der aus Gaz de France und Suez entstanden ist. Engie-Vorstand Thierry Lepercq sagte in Dresden, er träume von einer vollständig dezentralisierten Strom-Erzeugung, ohne -Ausstoß. Ein „wirklich grünes Produkt“ sind die Dresdner Kunststofffolien laut Werbefilm von Heliatek. Mit-Erfinder Martin Pfeiffer sagte, er habe schon als Student auch aus ökologischer Überzeugung an den „organischen“ Solarzellen geforscht – im Unterschied dazu bestehen die konventionellen aus dem Halbmetall Silizium und sind schwerer.

Hoffnungsvolle Ankündigungen von Solarfabrikanten hat Sachsen allerdings schon häufig erlebt, doch mehrere Fabriken wurden geschlossen. Erst an diesem Dienstag kündigte die Solarworld AG an, in Freiberg 300 Leiharbeiter-Stellen zu streichen. Dort gibt es aber weiterhin 1 150 Angestellte. Die Dresdner Solarwatt GmbH bekräftigte am Mittwoch, nach Insolvenzverfahren und Stellenabbau nun zu wachsen. Die Zahl der Solarwatt-Mitarbeiter soll in diesem Jahr um 90 auf 300 steigen. Dazu würden nicht nur die robusten Solarmodule mit doppelten Glasscheiben beitragen, sondern auch die Akkus: Dieses Jahr will Solarwatt 2 500 Stromspeicher verkaufen, nächstes Jahr doppelt so viele.

Heliatek dagegen stellt das geringe Gewicht seiner Folien heraus, die auch für Blechdächer großer Industriehallen tragbar seien. Außerdem soll die Produktion günstig werden, weil die Kunststoffbahnen fast wie in einer Zeitungsdruckerei von Rollen gezogen und unter Vakuum beschichtet werden. Die bisherige Anlage von Heliatek stellte 30 Zentimeter breite Folien her, die neue soll 1,20 Meter Breite liefern.

Allerdings ist die Strom-Ausbeute der Folien nicht so stark wie bei Silizium-Modulen. Die kommen bei gutem Sonnenlicht auf etwa 18 Prozent Ausbeute. Heliatek-Folien dagegen schaffen im Labor 13,2 Prozent, in der Praxis sollen es mit der neuen Anlage laut Produktentwickler Meißner zunächst zehn Prozent werden. Andererseits lasse die Leistung von Silizium-Anlagen bei Hitze rasch nach, sodass sie auf Dächern hinterlüftet werden müssten – Heliatek habe Vorteile in heißen Ländern.

Eine Million Quadratmeter Folie sollen pro Jahr mit der neuen Anlage hergestellt werden. Dazu sollen die neu eingeworbenen 80 Millionen Euro beitragen. Allerdings sind nur 42 Millionen davon Eigenkapital von privaten Geldgebern. 20 Millionen Euro stellt die staatliche Europäische Investitionsbank als Kredit bereit, 18 Millionen Euro erwartet Heliatek an Subventionen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bekräftigte wie bei früheren Besuchen sein Zutrauen zu Heliatek. Er hatte Manager der Firma bei Reisen nach Asien dabei und hofft, dass sich die Zuschüsse eines Tages über Steuern auszahlen. Vier Jahre Vorsprung hat die Heliatek-Technik laut Firmenchef vor Mitsubishi und anderen Konkurrenten.