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Neue Fernbusse für Dresden

Verkehrsunternehmen dürfen seit Jahresbeginn mehr Fernstrecken befahren. Morgen startet die erste neue Verbindung.

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Von Tobias Winzer

Für Anneli Björklund gibt es keinen bequemeren Weg nach Berlin. Die Schwedin, die in Dresden für eine Woche zu Besuch war, steigt am Hauptbahnhof in den Fernlinienbus zum Flughafen Berlin-Tegel. Etwas weniger als drei Stunden dauert die Fahrt. 18 Euro zahlt sie dafür. „Das ist so praktisch“, sagt die 77-Jährige. Am Abend geht es mit dem Flugzeug zurück in die Heimat nach Göteborg.

So wie Anneli Björklund nutzen immer mehr Reisende den Fernbus statt der Bahn, des Autos oder des Flugzeugs. Laut Statistischem Bundesamt wurden im ersten Halbjahr 2012 deutschlandweit eine Million Fahrgäste gezählt – ein Zuwachs von rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In diesem Jahr ist ein weiteres Wachstum zu erwarten. Mehrere Busunternehmen wollen deswegen neue Fernlinien auch in Dresden einrichten.

Grund für den Boom ist ein Gesetz zur Liberalisierung des Fernbuslinienverkehrs. Es ist seit Jahresanfang gültig. Bislang durften Fernbusse nicht mit der Eisenbahn konkurrieren. Nur wenn die Busunternehmen nachweisen konnten, dass sie zugleich billiger, schneller und mit weniger Umstiegen die Strecke bedienen konnten, wurden die Linien genehmigt. Das war jedoch äußerst selten der Fall. Eine weitere Ausnahme waren Verbindungen nach Berlin. Der Westteil der Stadt sollte während der deutsch-deutschen Teilung gut erreichbar von westdeutschen Städten aus sein. Nach der Wiedervereinigung kamen auch Verbindungen zu ostdeutschen Städten hinzu – wie 2008 die von Dresden.

Angeboten wird die Verbindung seitdem von der Bahntochter Berlin Linien Bus (BLB). Mit rund 30 Linien ist der Verbund, zu dem sieben Verkehrsunternehmen gehören, derzeit der größte Anbieter auf dem Fernbusmarkt. Von Dresden aus geht es derzeit nach Berlin, München, Frankfurt und Würzburg. Auch der beliebte bayrische Kurort Bad Füssing wird angefahren. Die Strecken werden zum Teil vom regionalen Busunternehmen Regionalverkehr Dresden (RVD) bedient.

Der RVD bietet darüber hinaus eigene Verbindungen nach Prag und im Sommer zusammen mit dem Regionalverkehr Erzgebirge Fahrten an die Ostsee an. Hinzu kommen internationale BLB-Verbindungen nach Wien, Prag, Budapest, Varna und Burgas. Mit der Deutschen Touring und dem Verbund Eurolines geht es von Dresden aus zudem direkt nach Dänemark, Polen und Tschechien – zum Teil mit Zwischenstopps in deutschen Städten.

Bis auf die RVD-Verbindungen an die Ostsee sind alle Tickets online erhältlich. Wer seine Fahrkarte auf herkömmlichem Weg kaufen will, kann das beim Busfahrer tun. Für die Berlin-Verbindung wird dann allerdings ein Zuschlag von zwei Euro fällig. Tickets gibt es außerdem in einigen Reisebüros und im RVD-Servicecenter in der Ammonstraße 25.

„Das ist ein Riesenmarkt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bustouristik-Verbandes RDA, Dieter Gauf. Er erwartet, dass Fernbusse in Deutschland auf Strecken von mehr als 300 Kilometern einen Marktanteil von bis zu 38 Prozent erreichen können. Zurzeit ist der Anteil verschwindend gering. Laut Gauf werden etliche neue Linien in Dresden starten. „Dresden ist ein beliebtes Reiseziel“, sagt er. Außerdem sei es durch Züge relativ schlecht an andere deutsche Städte angebunden.

ADAC prüft den Einstieg

Bereits morgen startet das erste neue Angebot. Das Münchner Unternehmen Flixbus fährt ab 28. Februar täglich in achteinhalb Stunden von der Bayrischen Straße am Hauptbahnhof bis nach Köln. Flixbus kooperiert mit regionalen Busunternehmen und übernimmt für seine Partner Netzplanung, Marketing sowie Vertrieb. Tickets gibt es online oder beim Busfahrer gegen einen zehnprozentigen Zuschlag.

Nach ähnlichem Prinzip funktionieren auch die Geschäftsmodelle der Konkurrenten Meinfernbus und Deinbus. Beide Unternehmen planen noch in diesem Jahr Fernbuslinien von und nach Dresden. „Natürlich ist Dresden als Fernbushalt attraktiv: die Landeshauptstadt ist Großstadt und besitzt deshalb ein hohes Kundenpotenzial allen Alters“, sagt Meinfernbus-Sprecher Gregor Hintz. Neben diesen neu gegründeten Unternehmen wollen sich auch etablierte Firmen im Fernbusverkehr engagieren. So prüft der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) gemeinsam mit der Deutschen Post den Einstieg. Auch das Unternehmen Veolia Verkehr, das zurzeit im Regionalverkehr aktiv ist, hat Interesse.

Konkreter wird die Deutsche Bahn mit dem Tochterunternehmen BLB. „Die Deutsche Bahn ist als Marktführer im innerdeutschen Buslinienverkehr präsent und wird es auch bleiben“, teilt eine Sprecherin selbstbewusst mit. Man beobachte die Entwicklungen des Fernbusmarktes sehr genau und werde entsprechend reagieren. Für Dresden hat das einen positiven Effekt: Ab Mai wird BLB drei- bis viermal täglich eine Verbindung nach Hamburg mit Umstieg in Berlin anbieten. Ansonsten konzentriere man sich wegen der geringen Gewinnmargen im Fernbusmarkt weiterhin auf das Kerngeschäft Bahnverkehr.

Auch der Verkehrsökologe an der Technischen Universität, Udo Becker, freut sich über das neue Angebot. „Der Fernbus ist ökologisch gesehen ein tolles Verkehrsmittel.“ Im Vergleich zu Bahn, Auto und Flugzeug sei ein halbwegs voll besetzter Bus am umweltfreundlichsten.

Allerdings warnt er vor einer Schieflage zwischen Straßen- und Eisenbahnverkehr. Weil die Straßennutzung kostenlos sei, das Befahren von Schienen hingegen nicht, würden vor allem unrentable Verbindungen in Zukunft von der Schiene auf die Straße verlagert. „Den Fernzügen fehlen damit die Zubringer. Sie werden weniger ausgelastet sein“, sagt Becker. Er fürchtet, dass dann einzelne Verbindungen zwischen großen Städten gestrichen werden könnten. „Die Manager, die diese Verbindungen nutzen, wechseln dann nicht in den Bus, sondern ins Flugzeug.“ Das sei wiederum schlecht für die Umwelt. „Diese Effekte wird man aber erst in fünf Jahren spüren.“

Diese Fernbuslinien gibt‘s schon:

Berlin: Berlin Linien Bus - achtmal täglich 18 für €

Hamburg: Berlin Linien Bus - drei- bis viermal täglich (ab Mai) --

Frankfurt: Berlin Linien Bus - zweimal täglich für 50 €

Köln: Flixbus zweimal täglich - (ab 28.02.) für 49 €

München: Berlin Linien Bus - einmal täglich für 49 €

Zinnowitz/Usedom: Regionalverkehr Dresden - einmal täglich (Mai-September) für 64 €

Göhren/Rügen: Regionalverkehr Dresden - einmal täglich (Mai-September) für 64 €

Zingst/Darß: Regionalverkehr Dresden - einmal täglich (Mai-September) für 61 €

Würzburg: Berlin Linien Bus - viermal pro Woche für 36 €

Bad Füssing: Berlin Linien Bus - zweimal pro Woche für 51 €