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Neue Chance für alte Brücke

Unterm Bauwerk bei Wilsdruff dampfte einst die Bahn durch. Jetzt wird es nicht mehr gebraucht – und dennoch saniert.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Wilsdruff. Wer von Freital Richtung Kesselsdorf auf dem Bahndamm-Radweg bergan strampelt, kann sich trotz des letzten steilen Anstiegs einer Belohnung gewiss sein. Zumindest einer optischen. Denn sobald es flacher wird, steht ein echter Hingucker in der Landschaft: die Bahnbrücke von Kesselsdorf. Über sie führt heute noch die Oberhermsdorfer Straße. Darunter hindurch dampfte einst die Schmalspurbahn auf ihrer Strecke von Freital-Potschappel nach Wilsdruff. Nun soll sie aufwendig saniert werden. Die Stadt Wilsdruff hat dafür 292 000 Euro eingeplant. 2018 soll die Brücke wieder wie neu aussehen.

Denn das Bauwerk ist marode. Auf einer Skala von eins bis vier – gut bis abrissreif – wurde die Brücke schon vor Jahren bei „drei“ eingeordnet. Nicht nur, dass der Putz bröckelt. Es wurden Risse im Gemäuer festgestellt, die Geländer neigen sich bedrohlich seitwärts, der verbaute Stahl ist angerostet. Für Fußgänger ist die Brücke bereits seit Jahren gesperrt, sie gehen außen am Bauwerk vorbei. Mittlerweile musste die Stadt auch den Autoverkehr einschränken und hat die Fahrbahn verengt. Zudem wurden Netze gespannt, um zu verhindern, dass Passanten vom abfallenden Putz getroffen werden.

Manche fragen sich inzwischen, warum die Stadt die Brücke nicht einfach abreißt. Denn der Verkehr auf der Oberhermsdorfer Straße hält sich in Grenzen. Fußgänger und Radfahrer bräuchten die Unterführung nicht, um sicher auf die andere Straßenseite zu kommen. Das war zu Beginn der Schmalspurbahn-Zeit anders. Die sogenannte Wölbbrücke wurde 1914 errichtet, um den Fuhrwerksverkehr über die Bahntrasse zu führen.

Baujahr 1914

Nostalgiker kommen bei ihr ins Schwärmen: „Sie ist ein markantes Bauwerk, fast schon ein Wahrzeichen und war eine der ersten Betonbrücken mit Ziegel-Auskleidung“, sagt Peter Wunderwald, Vereinsvorsitzender der Interessengemeinschaft Verkehrsgeschichte. Der Wilsdruffer Verein kümmert sich um eines der letzten Relikte des Wilsdruffer Schmalspurbahnnetzes. Die Kesselsdorfer Brücke ist die einzige noch vorhanden gebliebene Überführung in der Umgebung. „Aus historischer Sicht ist eine Erhaltung deshalb begrüßenswert“, sagt Wunderwald.

Das meint man auch in der Wilsdruffer Stadtverwaltung. Dort hat man ausgerechnet, dass ein Abriss genauso teuer wäre wie eine Sanierung. Die soll nun nächstes Jahr starten. „Es ist geplant, den Brückenbogen freizulegen und die Horizontalrisse zu reparieren, um so die statische Tragfähigkeit wieder herzustellen“, teilt Bürgermeister Ralf Rother (CDU) mit. Anschließend werde eine Abdichtung aufgebracht, die das Eindringen von Nässe ins Bauwerk verhindere. Die vorhandenen Wände links und rechts der Unterführung sind allerdings so stark verschlissen, dass nur ein Neubau infrage kommt.

Ein grundhafter Ausbau der Straße ist nicht erforderlich, nur der unmittelbar für die Sanierung des Brückenbogens aufzugrabende Abschnitt wird wieder hergestellt. Die Pläne dafür liegen fix und fertig in der Schublade – und sind veraltet.

Denn die Stadt plante schon vor Jahren mit der Sanierung, bekam dafür aber nie Fördermittel. Jetzt gibt es endlich die Möglichkeit, doch noch einen finanziellen Zuschuss zu bekommen, weil der Freistaat sein Förderprogramm für den kommunalen Straßenbau überarbeitet hat. Am Jahresende will Wilsdruff einen entsprechenden Antrag stellen und im nächsten Jahr bauen. Vorerst aber muss die veraltete Planung nochmals überarbeitet werden. Das soll im Verlaufe dieses Jahres passieren, heißt es aus dem Rathaus.