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Neuanfang in Tauchritz

Ein Eheepaar aus Thüringen hat gleich vier Häuser gekauft. Eins davon soll mal ihr Alterswohnsitz werden.

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© nikolaischmidt.de

Von ‚Daniela Pfeiffer

Tauchritz. Der Saal. Immer noch imposant und mit einer besonderen Atmosphäre. Auch wenn gerade viel hier drin gelagert wird. Sofas, Stühle, Fenster. Dieser Raum ist trotzdem das Herz des ehemaligen Kretschams in Tauchritz. Viele Dorfbewohner haben ihn ebenfalls noch in ihrem Herzen – mit all den Erinnerungen an den Tanz, bei dem sie den späteren Ehepartner kennenlernten oder auch die Sportstunde, die später hier gegeben wurde. Anke Wahls und ihr Mann Stefan Block haben viele solcher Geschichten gehört seit sie den Kretscham an der Dorfstraße vor zwei Jahren kauften. Zum Tag des offenen Denkmals ließen sie die Dorfbewohner herein, kamen mit ihnen ins Gespräch.

Was aus den Häusern werden soll

Der Kretscham war einst der Mittelpunkt im dörflichen Leben von Tauchritz. Hier soll ein Gästehaus entstehen.
Der Kretscham war einst der Mittelpunkt im dörflichen Leben von Tauchritz. Hier soll ein Gästehaus entstehen.
Die ehemalige Brennerei soll, wie die anderen drei Gebäude, originalgetreu restauriert werden.
Die ehemalige Brennerei soll, wie die anderen drei Gebäude, originalgetreu restauriert werden.
Das Fuchsche Haus gegenüber dem Kretscham soll zuerst saniert und zum Ferienhaus ausgebaut werden.
Das Fuchsche Haus gegenüber dem Kretscham soll zuerst saniert und zum Ferienhaus ausgebaut werden.
Im kleinen Haus am Kirchplatz 19 möchte das Ehepaar aus Thüringen im Alter einmal wohnen.
Im kleinen Haus am Kirchplatz 19 möchte das Ehepaar aus Thüringen im Alter einmal wohnen.

Trotzdem gibt es Gerede im Dorf. Wer ist das Ehepaar? Was haben sie wohl mit den vielen Häusern vor? Denn hinter dem Kretscham haben die beiden auch die alte Brennerei sowie das Nachbarhaus am Kirchplatz 19 und das sogenannte Fuchsche Haus in der Berzdorfer Straße 20 gekauft. Im Ortschaftsrat erzählten beide jetzt öffentlich, was sie vorhaben und warum sie keine Sekte sind.

Das Gerücht, so Anke Wahls amüsiert, gebe es tatsächlich und sei wohl auf den vielen Besuch zurückzuführen – vor allem im Sommer. Darunter seien auch Besucher ihres Untermieters. „Wir sind ganz normale Leute, die ein bisschen Zeit und Geld haben“, so das Ehepaar, das bereits Erfahrungen im Sanieren alter Gebäude hat. In Thüringen hatten sie vor 20 Jahren einen Hof gekauft und hergerichtet.

Auf die Lausitz kamen sie durch Freunde. „Wir wussten nicht mal genau, wo das ist“, gibt Stefan Block zu, der selbstständig in der IT-Branche arbeitet. Google half weiter. Im Internet entdeckten sie auch die Verkaufsanzeige für den Kretscham. Da Block Segler ist, hat ihn die Lage am Berzdorfer See natürlich begeistert. Der Kauf der drei anderen Gebäude ergab sich dann eben einfach, sagen die Eheleute. Das alles quasi im Ensemble zu bekommen und damit ein großes zusammenhängendes Grundstück zu haben, war für sie der ausschlaggebende Punkt.

Das schräg gegenüber vom Kretscham gelegene Fuchsche Haus wollen sie zunächst sichern und zu einem Ferienhaus ausbauen. Für Fahrradfahrer vielleicht. „Es ist ein hübsches Haus, aber zum dauerhaften Wohnen müsste es wahnsinnig aufwendig saniert werden“, sagt Stefan Block. Dazu kommen Deckenhöhen von 1,80 Meter – auch nicht gerade ideal.

Das kleine Häuschen Kirchplatz 19 soll später mal ihr Alterssitz werden. In der alten Brennerei wohnen sie, wenn sie hier sind. Perspektivisch soll es ein Gästehaus werden. Alle vier Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Dabei legen Blocks großen Wert auf möglichst originalgetreue Sanierung. In der Scheune der Brennerei – dem Ort, wo früher tatsächlich der Schnaps gebrannt wurde – sollen etwa nach alten Plänen die Fenster wieder geöffnet werden. Sogar originale Flaschen aus dem 19. Jahrhundert haben sie noch gefunden. Auch im Kretscham gibt es so etwas wie eine kleine Museumsecke. Da ist das Brett aus dem Fußboden des Daches. Laßmann 1898 steht darauf mit alter Schrift. Oder die alten Fliesen, auf deren Rückseite uralte Zeitungen kleben, die damals als Untergrund verwendet worden waren.

Für den seit einigen Jahren leerstehenden Kretscham hat das Paar zurzeit die konkretesten Pläne: Ein Gästehaus soll auch dieses Gebäude werden. Aber kein Gasthaus. Die Idee: Besucher können wir für kurze Zeit oder auch dauerhaft eins von sieben Zimmern mieten, unten wird es eine gemütliche Gaststube geben sowie eine Küche, in der sich die Gäste selbst versorgen können. Ideal etwa für Gruppenwochenenden von Theatergruppen, Literaturkreisen, Musikern oder für Familientreffen. Anke Wahls und Stefan Block haben das Konzept bei Freunden gewissermaßen abgeschaut, wo es sehr gut funktioniert. Mit dem See hat Tauchritz dieses Potenzial auch, ist Stefan Block überzeugt. „Es wird sich vom verschlafenen Dörfchen wandeln, es wird sich mehr Gastronomie entwickeln, die Mietpreise steigen ganz sicher“, sagt er. „Und so denken wir, dass es sich für uns auch vielleicht irgendwann rentiert, wenngleich das nicht unser allererstes Ziel ist. Wir wollen Spaß daran haben.“ Trotzdem wollen sie dazu beitragen, dass Tauchritz seinen alten Dorfkern mit den liebevollen Häusern behalten kann. „Gerade deshalb haben wir die Häuser auch gekauft: weil sie im Dorf sind“, so Stefan Block. Im Ortschaftsrat wurden die Pläne des Ehepaares wohlwollend aufgenommen. Es sei schön, wenn sich wieder jemand um die alten Gebäude kümmert und sie nicht verfallen. Man sehe jetzt schon, dass etwas daran gemacht wird.

Im kommenden Jahr wollen Anke Wahls und Stefan Block wahrscheinlich ganz von Thüringen nach Tauchritz umziehen. Wahrscheinlich soll zur neuen Saison auch der Kretscham schon so weit sein, dass die ersten Gäste kommen können. Was mit dem urigen Saal passiert, ist derweil noch nicht so ganz klar. Dass ihn die Gäste des Hauses nutzen dürfen, sei perspektivisch schon möglich. Größere Veranstaltungen fürs Dorf wird es vorerst aber nicht geben.