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Netto oder Norma?

An der B 6 in Großharthau wird ein Discounter gebaut. Die Frage ist, welcher.

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© Steffen Unger

Von Carolin Menz

Neben der B 6 in Großharthau will sich Norma ansiedeln. Das Unternehmen plant, einen 1 000 Quadratmeter großen Discounter mit Lebensmitteln und Non-Food-Artikeln auf dem bisherigen Festplatz an der Wesenitzaue zu errichten. Ein dafür nötiger Bebauungsplan wird jetzt erstellt. Endlich soll es also losgehen und könnte die Gemeinde einen Einkaufsmarkt bekommen, über den seit Jahrzehnten diskutiert wird. Als die SZ eine Nachricht zu diesen jüngsten Entwicklungen veröffentlichte, teilte sie der Großharthauer Frank Caspar in der Facebookgruppe „Großharthau Talking“. Aktuell 340 Großharthauer und am Dorf Interessierte tauschen sich hier regelmäßig aus – natürlich auch über den geplanten Discounter. Demnach befürwortet die Mehrheit der Kommentatoren die Pläne. Doch mancher äußert sich auch skeptisch und sähe lieber eine andere Kette im Dorf. Frank Caspar als einer der Initiatoren der Gruppe wollte es mal genauer wissen und startete eine Umfrage auf Facebook. „Ich habe alle Namen der gängigen Ketten aufgelistet und zur Abstimmung gestellt“, sagt er. Ihn begleitet das Thema Einkaufen auch beruflich. Als Konstrukteur bei der Firma Itab Harr in Niedergurig baut er Kassentische für Discounter und Supermärkte. Bis zum Montag stimmten 91 Mitglieder der Gruppe ab. Klarer Gewinner: Netto mit 31 Stimmen, gefolgt von Lidl mit 29 und Edeka mit 19 Stimmen. Rewe erhielt fünf, Aldi drei. Norma, Diska, der schwarze (Hunde-)Netto und Spar bekamen jeweils eine Stimme. Die SZ konfrontierte die beiden Discounter auf Platz eins und zwei mit diesen nicht repräsentativen Ergebnissen. Geben sie Großharthau eine Chance?

Sowohl Netto als auch Lidl ließen über ihre Pressestellen zunächst mitteilen, dass man sich über den Zuspruch der Großharthauer sehr freue. Von Lidl hieß es weiterhin, dass man grundsätzlich immer an neuen Standorten interessiert sei. Jedoch: „In Großharthau planen wir keine Lidl-Filiale zu eröffnen. Wir sind bereits im Umland vertreten, die Großharthauer finden uns in Pulsnitz und in Bischofswerda.“ Netto teilte mit, dass die Grundvoraussetzung für eine Ansiedlung eines neuen Marktes ein Einzugsgebiet von mindestens 3 500 Einwohnern sei. Unkommentiert blieb die Konsequenz, dass der Standort Großharthau damit für Netto wohl nicht infrage kommt. In der Gemeinde mit ihren Ortsteilen leben derzeit etwa 2800 Einwohner. Freilich hat die Abstimmung auf Facebook keinerlei Auswirkungen auf weitere Marktplanungen. Und doch bestätigt sie, dass den Großharthauern das Thema Einkaufen unter den Nägeln brennt. Seit Jahrzehnten wird über die Notwendigkeit einer Einkaufsmöglichkeit diskutiert. Ohne Auto und lange Wege ist der Großeinkauf für die Einwohner derzeit unmöglich. Mit dem Ende der DDR schloss die Kaufhalle im jetzigen Getränkemarkt nahe der Grundschule. In den frühen 1990er-Jahren wurde der Laden privat geführt, bis er aufgrund fehlender Kaufkraft zumachen musste. Vor einigen Jahren wollte sich Norma schon einmal in Großharthau ansiedeln und sich in einen Markt einmieten – doch das Vorhaben platzte. „Die meisten Großharthauer fahren heute zum Einkaufen in den Netto auf der Dresdener Straße in Bischofswerda“, sagt Frank Caspar. „Der Markt liegt am nächsten und man ist nicht gezwungen, in die Stadt hineinzufahren.“ Es würde den klaren Sieg von Netto bei der Abstimmung erklären.

Lokale Geschäfte müssen bleiben

Aktuell ist die Versorgung in Großharthau mit Bäcker, Fleischer, Drogerie, Getränkehandel und Gartenmarkt nicht schlecht – die Großharthauer sind sich auf Facebook einig, dass diese lokalen Geschäfte unbedingt erhalten bleiben müssen. Und doch fehlt ein breit sortiertes Lebensmittelgeschäft. Großharthaus Bürgermeister Jens Krauße betonte immer wieder, dass gerade die Versorgung für ältere Menschen sichergestellt werden müsse. Zudem würde ein Einkaufsmarkt die Attraktivität des Ortes erhöhen, auch im Hinblick auf die Entwicklungspläne der Verwaltung, die mit der Schaffung neuer Baugebiete auf massiven Zuzug setzt.

Norma wird diese Pläne kennen, seit Jahren schon ist man im Gespräch mit der Gemeinde, die wieder 3000 Einwohner haben will. Norma weiß auch, dass Großharthau direkt an der vielbefahrenen B 6 legt und Berufspendler hier unkompliziert anhalten und einkaufen könnten. Norma muss schlüssig begründen, warum der Markt 1000 und nicht 800 Quadratmeter groß sein soll, wie es der regionale Entwicklungsplan für eine Gemeinde in der Größe Großharthaus eigentlich vorsieht. Frank Caspar ist skeptisch. Er würde einen kleineren Einkaufsmarkt bevorzugen, vielleicht sogar eine Art Genossenschaft, wie es sie in westlichen Bundesländern mehrfach gäbe. „Es wird sich zeigen, ob die Kaufkraft für einen so großen Markt da ist“, sagt der Großharthauer.