Merken

Neben der Kirche wächst Wein

Eine Rebsorte mit biblischem Namen ist im Glaubitzer Pfarrhof zu finden. Damit wird eine alte Tradition fortgeführt.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Glaubitz Es gibt sehr unterschiedliche Meinungen zum Wein, der hinter dem Glaubitzer Kirchgemeindehaus wächst. „Manche sagen, er ist untrinkbar, manche finden ihn sehr lecker“, sagt Pfarrer Martin Scheiter und schwenkt den hellgoldenen Tropfen in dem zarten Glas. „Er ist auf jeden Fall sehr speziell“, erklärt er nach einem kleinen Schluck des 2014er-Jahrgangs und lacht. „Meine Frau mag ihn zum Beispiel gar nicht“, er selbst findet den relativ schweren, leicht perlenden Weißwein eigentlich gar nicht so schlecht. Erst vor wenigen Tagen wurde der Jahrgang 2015 gelesen und gekeltert, gut 50 Liter Most „blubbert“ derzeit im Keller des Gemeindehauses. Ob letztlich wieder 40 Liter Weißwein wie im Vorjahr abgefüllt werden können, wird sich noch zeigen. Der Absatz indes ist gesichert.

„Ich finde es schön, mit dem Pfarrhofwein das Abendmahl zu feiern“, so Pfarrer Scheiter. Nicht nur weil die hier angebaute Rebsorte Noah einen biblischen Namen hat. „Der Wein entfaltet seine volle Kraft erst richtig in dem Silberkelch. Er riecht dann nach Glaubitz“, sagt der Pfarrer über den Wein. Dessen Muskatnote sei sehr ausgeprägt, manche wollen auch schon ein Erdbeeraroma herausgeschmeckt haben. „Es ist aber ein Hauswein“, relativiert Martin Scheiter, und als echten Weinexperten sieht er sich noch lange nicht. Er selbst kam auch rein zufällig zum Weinbau.

Die Technik zum Pressen und Keltern wird geborgt

Sein Vorgänger Pfarrer Hans Zink stammt ursprünglich aus Siebenbürgen und brachte eine ausgeprägte Vorliebe für Natur und Gärten mit, erinnert sich Gemeindemitglied Ingetraud Riedrich. Und weil seine Eltern selbst Wein anbauten, und der Glaubitzer Pfarrhügel anno dazumal auch ein Weinberg war, ließ sich Hans Zink schließlich ein knappes Dutzend Reben aus Siebenbürgen schicken. „Als er vor zwei Jahren wegging, standen wir vor der Frage, was machen wir nun“, so Ingetraud Riedrich. Sie und ihr Mann Erhard entschieden sich für die Fortführung der Tradition und bildeten sich autodidaktisch quasi zu Kellermeistern weiter.

Dass der Noah ganz ohne Spritzmittel auskommt und gegen die Reblaus resistent ist, wissen sie mittlerweile genauso, wie dass die Rebsorte eigentlich nur in Österreich oder den USA vermehrt angebaut wird. Die Technik zum Pressen und Keltern borgen sie sich regelmäßig vom Niederauer Pfarrer Matthias Fischer und erhalten von ihm und Pfarrer Zink auch immer noch mal einen guten Tipp.

Gut zum Naschen

Wie man den Wein ökologisch düngen kann zum Beispiel, oder wie man mit einem rohen Ei herausfinden kann, ob der Most genug Zucker hat. „Man wird regelrecht zum Alchimisten“, lacht Ingetraud Riedrich und ist froh, die Tradition fortgeführt zu haben. „Es lag uns am Herzen, dass der Wein nicht verwildert, sondern es irgendwie weitergeht.“ Glücklicherweise sei der Wein aber auch sehr dankbar und wachse ohne großes Zutun, sodass sogar regelmäßig zurückgeschnitten werden müsse. Und bei Besuchern sei es immer ein großes Hallo, wenn sie den Wein sehen – „er ist gut zum Naschen“, weiß Pfarrer Scheiter. „Auch die Versektung wäre noch eine Idee. Aber wir haben ja noch viele Jahre vor uns.“