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Narva braucht Schutzschirm

Der Leuchtenhersteller in Brand-Erbisdorf will sich sanieren und von Massenware befreien.

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© dpa

Von Michael Rothe

Sonne bedeutet Leben, Licht und Energie.“ So steht’s auf der Hompage der JW Holding GmbH in Stuttgart, einer seit über 35 Jahren im Bereich Sonne, Licht und Solarthermie tätigen Gruppe. Die Sonne sei Energiequelle, aber auch Lebensspender, denn gesundes Leben brauche Sonne, so heißt es. Nun braucht eins der Kinder jener Gruppe, einem führenden Anbieter von Besonnungslampen in Europa, ganz viel Sonne – und paradoxerweise dafür einen Schirm, einen Schutzschirm: die Narva Lichtquellen GmbH & Co KG.

Das Schutzschirmverfahren ist ein noch junges Instrument zur Unternehmenssanierung. Es schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Es gibt ihnen die Möglichkeit, sich in eigener Verwaltung zu sanieren – und den stigmatisierenden Begriff der Pleite zu vermeiden. Diese Chance hatte vor wenigen Tagen auch die fränkische Modehauskette Wöhrl genutzt.

Ein solches Verfahren in Eigenregie sei jetzt beantragt worden, heißt es aus Unternehmenskreisen. „Es handelt sich in Brand-Erbisdorf ausdrücklich nicht um eine Insolvenz“, wird betont. Narva sei weder zahlungsunfähig noch illiquide – und schon gar nicht gebe es kein Konzept, was jenen Tatbestand erfüllen würde. Es gehe um Sanierung und Herstellung der Zukunftsfähigkeit.

Das Unternehmen in Brand-Erbisdorf war 1966 als Teil des Berliner Glühlampenwerks gegründet worden. Drei Jahre später trugen alle in Brand-Erbisdorf produzierten Lampen den Markennamen Narva. Nach der Wende hatten mehrere Mitarbeiter das Unternehmen neu im Rahmen eines Management-buy-outs neu gegründet. 2000 übernahm die JW Holding die Mehrheit der Firmenanteile. In den vergangenen Jahren waren ein Elektronik LED-Labor eingeweiht und die Produktion eigener LED-Tuben begonnen worden. Seine Zukunft sieht der sächsische Standort nahe Freiberg unter anderem im 2004 modernisierten Glaswerk, in der UV-Röhrenherstellung, Solarthermie, im LED-Projektgeschäft und in der Dienstleistungsfertigung für medizinische Lampen. Als Ballast für die Sachsen wurden in der Holding „normale Leuchtstoffröhren“ ausgemacht – „all das, was zu Hauf und billig aus China kommt“. Offiziell sagen will das keiner. Auch nicht, wie viele Jobs in dem Teilbereich wegfallen werden.

„Alles nicht so dramatisch“

Die Narva-Geschäftsführung um den Freiberger Olaf Hansen wollte sich am Donnerstag gegenüber der SZ nicht äußern. „Augenblicklich kann noch keine Auskunft zu Ihren Fragen erteilt werden“, ließ sie über die HWW Unternehmensberater GmbH in Berlin ausrichten. Nach SZ-Recherchen hält die Narva Lichtquellen GmbH selbst mehrere hälftige und Minderheitsbeteiligungen – an Firmen in Hanau, München, Hamburg und Berlin. Welche Folgen dort das Geschehen in Brand-Erbisdorf hat, ist offen.

Es sei „alles nicht so dramatisch – weder für den Standort Brand-Erbisdorf noch für den Konzern“, heißt es aus der Holding, die in Brand-Erbisdorf etwa zwei Drittel der Geschäftsanteile hält. Den Rest besitzt eine ortsansässige Beteiligungsgesellschaft. Die JW-Gruppe beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit etwa 500 Mitarbeiter und beliefert Kunden in fast 100 Ländern. Der Jahresumsatz des Konzerns belief sich 2014 auf 59,6 Millionen Euro nach knapp 64 Millionen Euro im Jahr zuvor. Demnach trugen die Brand-Erbisdorfer mit rund 37 Millionen Euro mehr als die Hälfte zum Geschäft bei. Ihr Unternehmen hatte damals selbst einen Jahresfehlbetrag von gut 1,5 Millionen Euro bilanziert. Jüngere Zahlen liegen noch nicht vor.

Heute fertigen knapp 400 Mitarbeiter bei Narva 30 Millionen Lampen pro Jahr, aber auch LED-Leuchten und Vakuumröhren für Solaranwendungen. Je ein Drittel des Umsatzes wird in Deutschland, Europa und den USA erzielt. 2014 hatten die Mittelsachsen ihre 500-millionste Leuchtstofflampe seit der Privatisierung 1991 gefeiert.