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Nah am Wasser gebaut

Riesas Ex-OB zieht ins Überschwemmungsgebiet – und schon brodelt die Gerüchteküche.

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Von Britta Veltzke

Riesa. In Altriesa entsteht derzeit ein neues Wohnhaus in einer Straße, die laut dem amtlichen Geoportal Sachsen im Überschwemmungsgebiet liegt (siehe Karte). Oberflächlich betrachtet ist das verboten. Denn in den „besonderen Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete“ heißt es, dass dort „die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen“ untersagt ist. Doch wie immer gibt es Ausnahmen von der Regel.

Gerti Töpfer, Riesas ehemalige Oberbürgermeisterin: „Es gab bereits eine positive Bauvoranfrage, als wir das Grundstück im Jahr 2015 gekauft haben.“
Gerti Töpfer, Riesas ehemalige Oberbürgermeisterin: „Es gab bereits eine positive Bauvoranfrage, als wir das Grundstück im Jahr 2015 gekauft haben.“ © Lutz Weidler

„Wenn zum Beispiel durch das zu bauende Gebäude der Wasserstand beziehungsweise der Abfluss bei Hochwasser nicht beeinträchtigt wird, kann gebaut werden. Das kann erreicht werden, wenn es sich um Ersatzbauten handelt – also dafür bereits bestehende Gebäude abgerissen werden. Außerdem kann eine Genehmigung durch Auflagen, zum Beispiel hochwasserangepasstes Bauen, erteilt werden“, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage der Sächsischen Zeitung mit. Für eine ordnungsgemäße Genehmigung im angesprochenen Altriesaer Fall seien alle Voraussetzungen erfüllt, heißt es aus dem Rathaus.

Trotz allem kursiert derzeit das Gerücht, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugehe. Der Fakt, dass es sich bei der Bauherrin um Riesas Ex-Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer handelt, dürfte die Gerüchteküche noch zusätzlich befeuert haben. Die ehemalige Rathauschefin habe die Genehmigung nur deshalb erhalten, weil sie nach wie vor gute Kontakte ins Bauamt pflege, heißt es.

Auch Frau Töpfer selbst hat schon von den Gerüchten gehört. Sie spricht von Denunziation. „Das ist Unsinn. Die Entscheidung trifft in diesem Fall auch nicht das Bauamt der Stadt, sondern die Untere Wasserbehörde in Meißen. Außerdem gab es bereits eine positive Bauvoranfrage, als wir das Grundstück 2015 gekauft haben“, erklärt Gerti Töpfer.

Stadtsprecher Uwe Päsler bestätigt: „Im Rahmen dieses Verfahrens werden natürlich diverse Stellungnahmen von anderen Behörden eingeholt. Dazu gehört unter anderem die Untere Wasserbehörde des Landratsamtes. Von dort gab es im konkreten Fall einen positiven Bescheid.“

Beim Bau musste nun die Auflage erfüllt werden, eine Aufschüttung vorzunehmen, auf der das private Wohnhaus schließlich steht. Im vergangenen Jahr gingen die Arbeiten los. „Wegen des kalten Winters herrschte leider zwei Monate Baustillstand“, erklärt Töpfer. Der Einzug sei für den Sommer geplant. Angst vor einem neuen Hochwasser hat sie nicht. „Natürlich spielt man solche Fragen durch, bevor man sich für ein Baugrundstück entscheidet. Fakt ist aber, dass dort bei der letzten Flut 2013 gar nichts passiert ist. Im Jahr 2002 stand das Wasser gerade mal ein paar Zentimeter hoch.“ Daher gehe sie davon aus, dass die Aufschüttung „eine gewisse Sicherheit“ biete, um nicht vom nächsten Jahrhunderthochwasser betroffen zu sein. „Eine absolute Gewissheit gibt es nie.“

Als Überschwemmungsgebiet werden in der Regel Flächen bezeichnet, die statistisch gesehen einmal in hundert Jahren überflutet werden. In anderen Gemeinden rund um Riesa wurden diese Gebiete zum Teil grundsätzlich für den Bau neuer Gebäude gesperrt.

In Wülknitz beispielsweise wurde 2013 das Baurecht für sieben Wohnbauflächen gekippt. Grund waren neue Hochwasserkarten, die das Land Sachsen nach der Röderflut 2010 erstellen ließ. Die Karten hatten gezeigt, dass die leeren Bauparzellen innerhalb des Flutgebiets liegen.

Gemeinden kippen Baugebiete

Auch in Gröditz bewegt sich ein geplantes neues Baugebiet in der Nähe des Wasserturms penibel entlang der Grenze, die das amtlich festgeschriebene Überschwemmungsgebiet vorgibt. Die Pläne für ein Gewerbegebiet am Gröditzer Stadtrand, das laut der neuen Hochwasserkarten auch im Flutgebiet liegt, musste die Kommune fallenlassen. Und in Nünchritz war vor einigen Jahren auch die Erweiterung des Eigenheimstandortes an der Riesaer Straße vorgesehen gewesen. Sie fiel aus, da auch die dortigen Flächen im Überschwemmungsgebiet lagen. (mit ewe)