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Nächste Klage gegen die Kreisumlage

Burgstädt und Freiberg lehnen die Zahlung ab. Ostraus Bürgermeister vermutet dahinter Kalkül.

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© dpa/Jens Kalaene

Von Bettina Junge und Tina Soltysiak

Mittelsachsen. Gegen die Kreisumlage 2018, eine Abgabe der Kommunen an den Landkreis Mittelsachsen, hat Burgstädts Bürgermeister Lars Naumann (Freie Wähler) Widerspruch eingelegt. Darüber informierte er den Stadtrat am Montagabend. Damit folge er der Stadt Freiberg, die bereits im Herbst 2017 in der Haushaltdiskussion Widerspruch gegen die Umlage eingelegt hatte. Dabei ginge es um Formfehler, sagte Naumann. Es werde kritisiert, dass die Kommunen im Vorfeld nicht beteiligt wurden.

Zwischen der Stadt Freiberg und dem Landkreis Mittelsachsen wird es zudem eine juristische Auseinandersetzung geben. Im Dezember hatte Freibergs Oberbürgermeister Sven Krüger (SPD) erklärt, eine Klage zusammen mit Anwälten und Stadtrat zu prüfen. „Das bin ich den Bürgern schuldig“, sagte er damals. Die Abgabe der Kommunen an den Kreis steigt offiziell nicht. Dennoch zahlten Städte und Gemeinden aus steuerrechtlichen Gründen 2018 mehr. In diesem Zusammenhang bemängelte der Oberbürgermeister, im Vorfeld nicht ausführlich informiert worden zu sein. Er berief sich auf das Grundgesetz, das eine ebenbürtige Einbeziehung der Kommunen vorschreibe, und auf Gerichtsurteile, die wegen fehlender Beteiligung von Kommunen Festlegungen der Kreisumlage gekippt hätten.

Das Landratsamt hält sich bedeckt. Kreissprecherin Cornelia Kluge erklärte nur, dass die Behörde den Freiberger Widerspruch entgegengenommen habe. Näher äußerte sie sich nicht darüber.

Ostrau zahlt fast eine Million Euro

Jede der 53 mittelsächsischen Kommunen hat einen Kreisumlagenbescheid zugestellt bekommen, gegen den sie theoretisch in Widerspruch gehen könnte. Haben davon auch Städte und Gemeinden im Altkreis Döbeln Gebrauch gemacht? Döbelns Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU) möchte eine entsprechende DA-Anfrage zum Sachverhalt nicht beantworten, wie er über Stadtsprecher Thomas Mettcher ausrichten ließ. Bekannt ist, dass die Stadt in diesem Jahr 8,5 Millionen Euro Kreisumlage abführen muss. Diese Zahl nannte kürzlich Stadtkämmerer Gerd Wockenfuß.

Ostraus Bürgermeister Dirk Schilling (CDU) hat kein Verständnis für die Widersprüche seiner Amtskollegen aus Freiberg und Burgstädt. Die Kreisumlage bezeichnete er als „eine der wesentlichsten Finanzierungsgrundlagen des Landkreises, die dieser benötigt, um leistungsfähig zu bleiben“. Der Kreisvorstand des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) als Interessenvertretung der Bürgermeister und deren Kommunen habe sich mit Landrat Matthias Damm (CDU) und der Finanzverwaltung in den Vorberatungen darauf verständigt, die prozentuale Höhe der Umlage auf dem Niveau des Vorjahres zu belassen. „Wenn wir so eine Vereinbarung treffen, dann halten wir uns auch daran. So funktioniert Partnerschaft und die Gemeinde Ostrau ist ein verlässlicher Partner“, so Dirk Schilling.

Die Gemeinde habe im vergangenen Jahr mit 958 000 Euro Kreisumlage geplant und für 2018 mit 989 000 Euro. „Diese Kostensteigerung trotz gleichbleibendem Umlagesatz hängt mit der gestiegenen Steuerkraft der Kommunen zusammen“, erläuterte der Bürgermeister.

Dass sich Burgstädts und Freibergs Stadtoberhäupter nicht ausreichend informiert fühlen, kann Dirk Schilling nicht nachvollziehen. Er vermutet vielmehr ein gewisses Kalkül dahinter: „In meinen Augen ist diese Aussage aus Freiberg und Burgstädt nur ein Vorwand und der Versuch, mit einem juristischen Winkelzug Geld zu sparen, das dem Landkreis zusteht. Wenn sie damit nicht durchkommen, passiert ihnen nichts und wenn sie Erfolg haben, müssen die restlichen Kommunen letztlich den Einnahmen-Ausfall bezahlen.“ Dieses Gebaren gefährde die Solidargemeinschaft der Kommunen des Landkreises. „Diese egoistische Grundhaltung scheint zwar weltweit gerade in Mode zu kommen, steht aber vor allem der Stadt Freiberg nicht gut zu Gesicht. Ich würde mir wünschen, dass sich die größte Stadt unseres Landkreises wieder ihrer Führungs- und Vorbildrolle bewusst wird, so wie das bisher der Fall war“, so sein Appell.

Kreis nimmt 97,5 Millionen Euro ein

Dirk Schilling selbst fühle sich durch die Mitgliedschaft im Kreistag, in dessen Verwaltungsausschuss und im SSG-Kreisvorstand ausreichend informiert. Er habe sich mit dem Haushaltsentwurf mehrfach auseinandersetzen können. In der CDU-Fraktion hätten er und seine Parteikollegen sich ebenfalls intensiv mit der Materie beschäftigt. „Ich finde es nicht in Ordnung, wenn sich Kreisräte über unzureichende Information beschweren, aber zuvor das Angebot der Information durch den Kreiskämmerer ausgeschlagen haben.“

Bereits im Vorfeld der Dezember-Sitzung des Kreistages gab es eine hitzige Debatte zum Thema Kreisumlage und Sparpotenziale im Haushaltsentwurf, die die Fraktion SPD-/Grüne losgetreten hatte. Deren finanzpolitischer Sprecher ist Oberbürgermeister Sven Krüger aus Freiberg. Kreiskämmerer Andreas Müller rechnet mit 97,5 Millionen Euro an Einnahmen durch die Kreisumlage. Der Umlagesatz in Höhe von 31,65 Prozent bleibt identisch wie 2017. Dass die Einnahmen trotzdem um rund sechs Millionen Euro steigen, hänge mit den Umlagegrundlagen zusammen. Diese belaufen sich laut Plan auf rund 308 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2017 lag dieser bei 292 Millionen Euro. Die Kreisumlage ist damit eine der wichtigsten Einnahmequellen für Landkreise. Sie macht reichlich ein Viertel des 378-Millionen-Euro-Haushalts in diesem Jahr aus.

Der Zschaitzer Bürgermeister Immo Barkawitz (parteilos) erklärte, dass es für „kleine, finanzschwache Kommunen“ wie seine schon schwierig sei, die Kreisumlage aufzubringen: Zschaitz-Ottewig muss 253 000 Euro zahlen, nimmt durch die sogenannten allgemeinen Schlüsselzuweisungen vom Land aber nur knapp 227 000 Euro ein. „Über eine Klage haben wir trotzdem noch nicht nachgedacht. Bei der Bürgermeisterdienstberatung saßen wir in Freiberg alle zusammen und haben über die Kreisumlage gesprochen. Die Erklärungen waren verständlich“, sagte Immo Barkawitz. Die übrigen Kommunen ließen eine DA-Anfrage zum Thema, bis auf Hartha – der Bürgermeister war nicht im Haus –, gänzlich unbeantwortet. (mit FP)