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Nachwuchs gesucht

Um gut ausgebildetes Personal zu haben, muss sich das Klinikum in Zittau, Ebersbach und Weißwasser stark anstrengen.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Hebamme Maria Sovadinová hat Glück – und ist ein Glück für andere. Die Tschechin arbeitet seit zwei Jahren am Klinikum Oberlausitzer Bergland (KOB) in Zittau. Frauen wie sie sind begehrt, denn allzu viele ihrer Zunft gibt es nicht. Das liegt zum einen daran, dass es wenig Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Zum anderen hat auch die Diskussion um die enorm hohen Versicherungspolicen bei freiberuflichen Hebammen in den vergangenen Jahren einige abgeschreckt. Ganz anders geht es Frau Sovadinová: „Ich bin hergekommen, weil der Beruf der Hebamme in Deutschland viel höher angesehen ist als in meinem Heimatland“, erklärt die angestellte Hebamme. Am Klinikum fühle sie sich sehr wohl und die enge Bindung an die Patienten ist für sie etwas Wunderbares.

Klinikum-Geschäftsführer Steffen Thiele freut sich über solche Begeisterung, doch zurücklehnen könne man sich nicht, sagt er. Zwar gebe es aktuell keinen Notstand bei der Geburtshilfe. „Aber wir müssen uns jetzt schon bemühen, damit auch künftig keine Lücken entstehen“, sagt er. Ein Überblick über die derzeitige Personalsituation:

Fachkräftemangel: Seit Jahren auf Schwierigkeiten eingestellt.

Dass es nicht leicht ist, Arztstellen neu zu besetzen, kennt Petra Puschmann aus dem Alltag. Seit zehn, 15 Jahren sei das so. Und deshalb muss die Personalleiterin der Managementgesellschaft Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz, zu der die Standorte in Zittau, Ebersbach und Weißwasser gehören, oft länger suchen. „Diese Situation hat sich nicht verändert“, erklärt sie. Aktuell bestehe beispielsweise Bedarf an Fachärzten in der Anästhesie und der Orthopädie – und bei Hebammen. Neu ist aber, dass in diesem Jahr erstmals nicht alle Ausbildungsstellen in der Gesundheits- und Krankenpflege besetzt werden konnten: Mit 20 Auszubildenden waren es zehn weniger als in den vergangenen Jahren. Gerade auf die eigene Ausbildung setzt man aber seit Jahren. Und um möglichst viele junge Leute zu erreichen, beteiligt man sich in Aus- und Weiterbildungsnetzwerken wie „Ärzte für Sachsen“.

Ausbildung: Status als akademisches Lehrkrankenhaus hilft.

Dass das Klinikum seit 2010 wieder akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden ist – und so Medizinstudenten hier ihr praktisches Jahr absolvieren können – sei ein wichtiger Baustein für den Ärztenachwuchs. Aus ganz Deutschland stammen die Studenten, die hier Krankenhausluft schnuppern. „Etwa fünf Prozent bleiben bei uns“, schätzt Frau Puschmann. Wie viele Studenten zum Lernen kommen, sei unterschiedlich – im Schnitt zehn bis fünfzehn pro Jahr. Doch Ärzte allein halten kein Krankenhaus am Laufen: „Wir bilden nicht nur in medizinischen Berufen aus, sondern in unserem Gesundheitszentrum auch Elektroniker, Hauswirtschaftler oder IT-Experten“, fügt Steffen Thiele hinzu. In vielen Fällen bekommen die Lehrlinge anschließend ein Job-Angebot im Gesundheitszentrum des Landkreises. So wurden aktuell im Anschluss an ihre Ausbildung aktuell sechs von zehn Gesundheits- und Krankenpflege-Schülern in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Fünf der 14 Krankenpflegehelfer starten eine weitere Ausbildung im KOB und eine der zwei Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen wird ebenfalls im Klinikum übernommen. „Dass die jungen Leute nicht alle dableiben, ist verständlich, viele wollen auch einmal woanders arbeiten“, sagt die Personalleiterin. Schön sei es aber immer, wenn sie später zurückkehrten, sagt sie.

Konkurrenz: Mit besseren Bedingungen auf dem Markt punkten.

Um gute Mitarbeiter buhlen längst nicht nur die Krankenhäuser untereinander. Auch das Angebot, eine Artpraxis zu übernehmen, ist für viele Mediziner eine Alternative. „Das sehen wir nicht als Konkurrenz, denn eine gute Versorgung vor Ort ist wichtig, wir arbeiten mit den Kollegen ja zusammen“, erklärt Petra Puschmann. Sie und auch Geschäftsführer Thiele wissen seit Jahren, dass für viele Bewerber ohnehin vor allem die Rahmenbedingungen insgesamt, nicht nur das Geld zählen. Teilzeit zu arbeiten, Elternzeit zu nehmen, das sei für Frauen und Männer im Haus inzwischen selbstverständlich. Auch bei Hebamme Maria Sovadinová ging es nicht nur um sie selbst: „Wir haben ihrem Mann einen Job in unserer Servicegesellschaft anbieten können“, sagt Frau Puschmann. Sich darum zu kümmern, dass auch der Partner eine Arbeit in der Region bekommt, gehöre inzwischen zum guten Ton: „Wenn wir bei uns nichts anbieten können, greifen wir auch schon mal zum Telefon und erkundigen uns, wo es Möglichkeiten gibt“, skizziert Geschäftsführer Thiele. Auch bei der Wohnungssuche oder der Suche nach einem Kita-Platz hilft das Klinikum. „Gute Fachkräfte zu bekommen, ist mit viel mehr Bemühungen verbunden, es ist kein Selbstläufer“, sagt er. Immerhin ist die Grenzlage in diesem Fall eher ein Vorteil: Bei etwa 40 Prozent liegt und lag der Anteil polnischer und tschechischer Ärzte in den vergangenen Jahren. So manchem gefällt dabei, dass er aus seiner Heimat pendeln kann, weil es nicht so weit ist.

Zukunft: Pflegereform zwingt noch mehr zu Fachpersonal.

Geschäftsführer Steffen Thiele geht davon aus, dass durch die im Juni verabschiedete Pflegeberufereform die Anforderungen steigen. „Schon seit zwei Jahren haben wir deshalb ein weiteres Ausbildungsprogramm aufgelegt“, sagt er. Denn reagieren müsse man schon im voraus. So wie auch bei den Hebammen und Frau Sovadinová, deren Beispiel inzwischen auch eine weitere Tschechin gefolgt ist.