Merken

Nachfolgerin im eigenen Haus gefunden

Vier Jahre suchte Agenturchef Jürgen Schnell. Erst nach einer Absage fand er die Lösung.

Teilen
Folgen
NEU!
© Lutz Weidler

Von Bettina Klemm

Manchmal liegt die Lösung direkt vor einem: So erging es Jürgen Schnell. Der frühere Wirtschaftsjournalist hatte sich 1990 für die Selbstständigkeit entschieden. Viele ehemalige Betriebsleiter baten um seine Hilfe, weil sie ein Unternehmen gegründet hatten. „Ich bin bis heute mit Leib und Seele Journalist“, sagt er. Dennoch reizte ihn die Herausforderung, ein eigenes Pressebüro zu führen. Damals war Schnell 39 Jahre alt. Heute ist er 63 und sucht schon seit vier Jahren einen geeigneten Nachfolger für seine PR-Agentur mit zehn Mitarbeitern. „Da geht der Kopf, wenn ich aufhöre“, sagt er.

Schnell hat sich bundesweit umgesehen. Um ihm und anderen bei ähnlichen Problemen zu helfen, haben sich Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammern, Ostsächsische Sparkasse Dresden und Dresden exists zum Netzwerk „Folgerichtig“ zusammengeschlossen. „Wir vereinen unsere Kompetenzen. Für viele Unternehmen ist es schwierig, einen Nachfolger zu finden“, sagt Sparkassen-Sprecher Andreas Rieger. „Folgerichtig“ will helfen, dass Übergeber und Übernehmer eines Unternehmens sich rechtzeitig vorbereiten. Da geht es um juristische Fragen ebenso wie ums Zwischenmenschliche.

Letztlich fand Jürgen Schnell einen Nachfolger in Nürnberg. Das war ein ehemaliger Dresdner, der zurückkommen wollte. Die Verträge waren schon ausgehandelt, als dieser absagte. Enttäuscht hielt Jürgen Schnell den Telefonhörer noch in der Hand, als ihm seine Kollegin Marion Perplies Tschüss sagen wollte. Mehr aus Spaß fragte er sie, ob sie nicht die Agentur übernehmen wolle. Als Antwort kam ein spontanes „Ja, lass uns reden.“ Sie war gerade nach der Geburt ihres zweiten Kindes aus der Elternzeit zurückgekehrt und dachte, sich selbstständig zu machen.

Die Arbeit in der Agentur ist ihr vertraut, vor vier Jahren hatte sich die heute 36-Jährige dort vorgestellt. Sie war gerade aus Leipzig nach Dresden gezogen. Schnell stellte die Diplom-Designerin als Kreativdirektorin ein. Sie hatte zuvor schon in Agenturen gearbeitet und zusätzlich Marketing und Kommunikation studiert. Inzwischen waren beide beim Notar und haben alles vertraglich geregelt. Marion Perplies wird peu à peu über einen langen Zeitraum einen monatlichen Betrag an Schnell überweisen. Sie muss sich dadurch nicht verschulden und Kredite aufnehmen, und für ihn ist es eine schöne Zusatzrente. Bis Ende nächsten Jahres werden beide gemeinsam die Agentur leiten. So lernt die neue Chefin nicht nur die Abläufe, sondern auch die zahlreichen Kunden und Partner kennen.

Jürgen Schnell will auch künftig schreiben, nur was, weiß er noch nicht genau. Mehr Zeit fürs Reisen, für Enkel und Garten – auf all das freut er sich auch schon.