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Denkmalliste liegt längst vor

Im Internet-Lexikon Wikipedia sind Radebergs Gedenkstätten zu finden. Damit könnten nun Prioritäten gesetzt werden.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Nun gut, seinen Schuh – wie einst der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow bei seiner Rede im Oktober 1960 vor der UN-Vollversammlung – zog Detlev Dauphin nicht aus, um damit in der jüngsten Stadtratssitzung auf den Tisch zu schlagen. Aber ein ziemlich lauter Paukenschlag war die harsche Kritik des Fraktionschefs der Freien Wähler an den Stadträten schon. Dauphin hatte sich darüber empört, dass nur eine Handvoll Räte den Weg zur Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nazi-Terrors am 27. Januar am Gedenkstein an der Pulsnitzer Straße gefunden hatte. „Wir müssen uns nicht wundern, wenn sich die Jugendlichen nicht für das Thema Judenverfolgung und Naziherrschaft interessiert, wenn wir keine Vorbilder sind“, ärgerte er sich. Und auch über die aktuellen Wahlergebnisse müsse man sich da nicht wundern, fügte er gleich noch an.

Zudem müsse man dann dringend darüber nachdenken, fand Detlev Dauphin, ob es denn dann Sinn mache, über die angestrebte und auch im Stadtrat immer wieder eingeforderte Sanierung von Denkmalen in der Stadt und den Ortsteilen nachzudenken. „Das können wir uns dann eigentlich sparen, wenn sowieso niemand Interesse hat – nicht mal von uns Stadträten“, spitzte der Freie-Wähler-Chef zu.

Beifall aus der Arbeitsgruppe Stadtgeschichte

Beifall bekommt Dauphin dabei nun auch aus den Reihen der Arbeitsgruppe Stadtgeschichte. Die dort aktiven ehrenamtlichen Geschichts-Enthusiasten – die ja unter anderem die jährliche Reihe „Radeberger Blätter zur Stadtgeschichte“ herausbringen – kämpfen bekanntlich seit Jahren darum, dass die Stadt sich stärker um die mehr und mehr ins Vergessen geratenden Denkmale kümmert. Dass nach langem Hin und Her im vergangenen Herbst das „Kriegerdenkmal“ unterhalb der Stadtkirche für immerhin rund 150 000 Euro saniert worden war, geht nicht zuletzt auf das stoische Drängen der Arbeitsgruppe zurück.

Das Erinnern an die Toten der beiden Weltkriege sei wichtig, um zu mahnen, sind sich die Aktiven einig. Nun solle Schritt für Schritt auch an anderen Denkmalen etwas passieren. „Und es sollten auch Informationstafeln aufgestellt werden, die einordnen helfen, in welchem Zusammenhang die Denkmale entstanden sind“, machte zum Beispiel Wolfgang Seifert in den Stadtratssitzungen immer wieder deutlich. Wolfgang Seifert ist ebenfalls in der Arbeitsgruppe aktiv und sitzt zudem für die Freien Wähler im Stadtrat. Einig ist man sich dabei, eine Prioritätenliste auf den Weg zu bringen, welche Denkmale in welcher Reihenfolge angefasst werden sollen – ein Vorschlag, der unter anderem von Matthias Hänsel (CDU) in die Debatte eingebracht wurde. Auch er macht sich regelmäßig für das Thema stark.

54 Objekte auf der Liste

Die Stadtverwaltung verweist in dieser Diskussion darauf, dass zunächst einmal ein Überblick her müsse, um überhaupt zu wissen, welche Denkmale es gibt und in welchem Zustand sie sind. „Es gibt wohl solche Listen bereits, hat man uns gesagt, die von der Arbeitsgruppe erstellt wurden“, sagte Stadtsprecher Jürgen Wähnert jüngst.

„Ja, das Ganze ist seit Längerem auf Wikipedia nachzulesen“, macht nun der Radeberger Klaus Schönfuß deutlich, ebenfalls einer der in der Arbeitsgruppe Stadtgeschichte Aktiven. Wikipedia ist eine Art Internet-Lexikon, das wahrscheinlich umfassendste Lexikon weltweit, das von Enthusiasten und Experten erarbeitet und ständig aktualisiert und überprüft wird. „Von mehreren ehrenamtlichen Wikipedia-Editoren aus dem Großraum Radeberg, zu denen auch ich gehöre, ist dabei eine vollständige Liste von Denkmalen, Skulpturen und Ehrentafeln in Radeberg mit insgesamt 54 Objekten erarbeitet worden“, stellt Klaus Schönfuß klar. Diese Liste enthalte auch alle 19 Ehrenmale, Denkmale und Ehrenhaine für die Opfer des Nazi-Terrors. „Und auch diese Liste wird im Rahmen unserer Wikipedia-Editor-Arbeit ständig gepflegt und aktualisiert“, fügt Klaus Schönfuß an.

Wer also beispielsweise bei der Internet-Suchmaschine Google als Suchbegriff „Denkmale Radeberg“ eingibt, komme schnell zu dieser Liste – die mit allen Informationen und auch mit Fotos ausgestattet ist –, beschreibt der Radeberger. „Der Wunsch des Stadtrates ist mit dieser Auflistung also bereits erfüllt“, sagt er.

Und Klaus Schönfuß geht auch noch einmal auf Detlev Dauphins Kritik im Stadtrat ein: „Ich stehe voll und ganz hinter der Kernaussage – es ist ein notwendiger und wichtiger Schritt unseres Stadtrates, sich um die Erhaltung der zahlreichen Denkmale in Radeberg verstärkt kümmern zu wollen und dahingehend auch zu investieren!“