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Nach der Feuerwehr kommt die Rechnung

Bei der Großbäckerei Raddatz und beim Fahrradhändler Häslich hatte es gebrannt. Dann sollen sie auch noch Tausende Euro zahlen.

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© Symbolfoto: Marko Förster

Von Eric Weser

Gröditz/Röderaue. Die beiden Großbrände von Ende November und Anfang Dezember vorigen Jahres in Gröditz haben für die Betroffenen ein unerfreuliches Nachspiel. Und damit sind nicht die Schäden oder die Rennerei zu deren Beseitigung gemeint. Sondern die Zahlungsaufforderungen der Gemeinde Röderaue.

Der Gröditzer Fahrradhändler Volker Häslich zum Beispiel soll etwa 8 500 Euro für den Einsatz der Wehren aus Frauenhain, Pulsen und Koselitz auf seinem Grundstück zahlen. Das bestätigte der Fahrradladen-Inhaber. „Eine Unverschämtheit“, findet der 65-Jährige, der nach eigenen Angaben Widerspruch bei der Gemeinde eingelegt hat. Und auch die Bäckerei Raddatz hat nach SZ-Informationen einen Kostenbescheid in vierstelliger Höhe von der Frauenhainer Verwaltung erhalten. Für eine Nachfrage war das Unternehmen am Mittwoch nicht zu erreichen.

Radhändler Volker Häslich zeigt sich derweil nicht nur verärgert, sondern auch verwundert. Denn die Stadt Gröditz hat ihm keine Rechnung gestellt – obwohl auch die Gröditzer Feuerwehr bei dem Brand im Fahrradgeschäft gelöscht hatte. „Wir erheben keine Kosten, weil Einsätze der Gemeindefeuerwehr zur Brandbekämpfung und zur technischen Hilfe laut Brandschutzgesetz unentgeltlich sind“, so Gröditz’ Hauptamtsleiterin Tina Noack.

„Da ist ein Fehler passiert“

Bleibt die Frage, warum die Röderaue Geld von den Gröditzer Brand-Betroffenen haben möchte. Auf Nachfrage bestätigt die Gemeindeleitung, dass Kostenbescheide an die beiden Gröditzer Unternehmer verschickt wurden. Doch inzwischen habe sich herausgestellt, dass es sich um ein Missverständnis handle, so Hauptamtsleiterin Kerstin Herklotz. Die Bescheide würden von der Gemeinde zurückgenommen, kein Betroffener müsse etwas zahlen.

Dass die Gröditzer überhaupt mit Kostenbescheiden konfrontiert wurden, liege an einem Kommunikationsproblem zwischen der Verwaltung und Gemeindewehr nach dem Einsatz: „Wir sind ja nicht vor Ort, wir müssen uns auf die Informationen der Gemeindewehrleitung verlassen“, so Herklotz. Da sei „ein Fehler passiert“.

Allerdings in gleich zwei Brandfällen, zwischen denen mehrere Tage lagen? Kritiker hegen starke Zweifel. Hinter vorgehaltener Hand werfen sie der Röderaue vor, die Zahlungsaufforderungen absichtlich losgeschickt zu haben – in der Hoffnung, die Betroffenen zahlen ohne Widerspruch. Als Motiv wird die äußerst angespannte Finanzlage der Gemeinde angeführt. Diesem Vorwurf widerspricht Hauptamtsleiterin Kerstin Herklotz energisch. „Das ist eine infame Verleumdung.“

Dass die Feuerwehr zusätzliches Geld gebrauchen könnte, daraus macht Herklotz indes keinen Hehl. Die Politik auf Landes- und Bundesebene müsse für eine bessere Finanzausstattung sorgen, fordert sie – und bringt die in den 1990ern abgeschaffte Feuerwehrabgabe ins Gespräch. Die mussten männliche Gemeindebewohner zwischen 18 und 60 Jahren zahlen, wenn sie nicht am freiwilligen Feuerwehrdienst teilnahmen. Der Europäische Gerichtshof kippte die Regelung. Begründung: Sie verstoße gegen die Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Aus Sicht von Kerstin Herklotz kann die Abgabe jedem Gemeindebürger problemlos abverlangt werden, auch Frauen. Sie könnten ja zum Beispiel auch beim Roten Kreuz einen Freiwilligendienst leisten.