Merken

Prozess gegen Vergewaltiger

Ein 21-Jähriger soll sich an einer Frau an einer Haltestelle vergangen haben. Jetzt wird ihm der Prozess gemacht.

Teilen
Folgen
NEU!
© René Meinig

Christoph Springer

Dresden. Es ist Februar, ein Sonntagmorgen, etwa 9 Uhr. Neben einem der runden Brunnen auf dem Albertplatz, nur wenige Meter entfernt von der Straßenbahnhaltestelle Richtung Klotzsche, fällt Eric H. über eine 24-Jährige her. Er umklammert die junge Frau von hinten, droht, sie zu töten, hält ihr mit einer Hand den Mund zu und zwingt sie auf eine Bank. Dann öffnet er ihre Hose und greift ihr zwischen die Beine. Weil sein Opfer bei der Auseinandersetzung von der Bank rutscht, zerrt H. die junge Frau auf dem Boden in ein Gebüsch. Dort zieht er die 24-Jährige aus, droht ihr wieder und vergeht sich an ihr. Niemand reagiert, Zeugen laufen vorbei und kümmern sich nicht um die Frau, H. kann schließlich unerkannt entkommen.

Seit gestern wird dem gebürtigen Dresdner im Landgericht der Prozess gemacht. Dabei legt die Staatsanwaltschaft dem Studenten weitere einschlägige Straftaten zur Last. An jenem Sonntag, an dem er Stefani S. auf dem Albertplatz vergewaltigt hat, soll er auch drei Kinder belästigt haben. Das Trio spielte gegen 7.30 Uhr auf dem Alaunplatz. H. ging zu den Kindern, öffnete seine Hose, zeigte sein Geschlechtsteil und forderte sie auf, es anzufassen, steht in der Anklageschrift. Die neun und elf Jahre alten Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen, gingen nicht auf die Forderung des Mannes ein.

Gefasst wurde der mutmaßliche Sexualstraftäter im März dieses Jahres. Wieder fiel er einschlägig auf. Am 25. März fuhr er gegen 1.35 Uhr in einer Straßenbahn mit, in der sich auch die 18-jährige Vivien T. befand. Das Mädchen stieg in Gruna an der Haltestelle Zwinglistraße aus, H. ebenfalls. Dann ging er vor wie am Albertplatz: Er umklammerte sein Opfer von hinten und hielt ihm zugleich mit einer Hand den Mund zu. Vivian T. wehrte sich nach Kräften, sie schlug auf den Täter ein und trat nach ihm. Als es ihr schließlich gelang, um Hilfe zu rufen, gab der Täter auf. Die 18-Jährige alarmierte die Polizei, kurz darauf erwischten die Beamten Eric H. auf der Stübelallee.

Schon der identische Tathergang sprach damals dafür, dass es sich bei dem jungen Mann auch um den Täter vom Albertplatz handeln könnte. Gewissheit erbrachte später ein DNA-Vergleich im Landeskriminalamt. Bei den Ermittlungen gegen den damals noch 21-Jährigen kam heraus, dass er mit seinem Handy jede Menge pornografische Bilder mit Kindern aus dem Internet heruntergeladen hatte. Auch zwei solcher Videos fanden die Ermittler auf seiner Handy-Speicherkarte.

H. sitzt seit Anfang April in Untersuchungshaft. Der auffällig große 22-Jährige muss sich unter anderem wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten. Die Anklageseite vertritt Staatsanwältin Liane Pospischil, die sich vor zehn Jahren im Fall Stephanie einen Namen gemacht hat. Mario Mederake, der Mann der die Gymnasiastin Stephanie R. aus Gruna vergewaltigt und in eine Kiste gesperrt hatte, kam damals für 15 Jahre hinter Gitter. Nach der Haftstrafe bleibt er in Sicherungsverwahrung. An der Seite der Staatsanwältin sitzen als Nebenklage-Vertreterinnen die Vertreterinnen der zwei jungen Frauen, die H. angegriffen hat. Gerichtspsychiater Stephan Sutarski hat die Aufgabe, den mutmaßlichen Sextäter zu beurteilen.

Nachdem seine Verteidigerin Ines Kilian den Ausschluss der Öffentlichkeit durchgesetzt hatte, antwortete der jetzt 22-Jährige am Dienstag mehr als eine Stunde lang auf Fragen des Richters und der Anklagevertreter. Anschließend kam Stefani S. zu Wort. Um die Privatsphäre des Opfers zu schützen, war die Presse auch dabei ausgeschlossen.

Der Prozess wird Anfang nächster Woche fortgesetzt. Die Beteiligten vereinbarten mehrere zusätzliche Verhandlungstermine bis in den Februar hinein, unter anderem sollen Zeugen vom Albertplatz angehört werden. Das Urteil fällt voraussichtlich erst im 1. Quartal des nächsten Jahres. (SZ/csp)