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Mutmaßlicher Sextäter bleibt in Haft

Das Gericht lehnt auch seinen zweiten Haftprüfungsantrag ab. Das quittiert Eric H. mit einer seltenen Gefühlsregung.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Dresden. Olivia Z. ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken, als Richter Andreas Ziegel ihrem Freund Eric H. am Freitag einen Strich durch die Rechnung machte. Der 22-Jährige, der wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung im Gefängnis sitzt, wollte das lange Wochenende mit dem 1. Mai in Freiheit verbringen. Doch Ziegel wehrte ab und begründete dies zum zweiten Mal mit dringendem Tatverdacht. Damit bekräftigte er eine gleichlautende Entscheidung seiner Kammer vom Februar.

Der 22-jährige Angeklagte muss noch eine reichliche Woche hinter Gittern aushalten, bevor sein Prozess zu Ende geht. Dann hat sich die Kammer etwa ein halbes Jahr mit den Vorwürfen gegen den ehemaligen Leistungssportler auseinandergesetzt. Eric H. wird eine Vergewaltigung im Februar 2016 zur Last gelegt. Außerdem soll er am gleichen Tag drei Kinder auf dem Alaunplatz sexuell belästigt und am 25. März 2016 in Gruna eine 18-Jährige angegriffen haben, um sie zu vergewaltigen. Die Frau wehrte sich allerdings und konnte fliehen.

Eric H. hat eingeräumt, dass er am Morgen des 27. Februar 2016 in einem Gebüsch am Albertplatz mit der damals 24-jährigen Stephanie S. intim geworden ist. Mehr aber auch nicht. Deshalb war es Sache des Gerichts, in einer langen Beweisaufnahme zu untersuchen, ob der damals 21-Jährige wirklich zur Vergewaltigung fähig ist und was damals tatsächlich geschehen ist. Am 8. Mai werden Ines Kilian, die Verteidigerin des Angeklagten, sowie Staatsanwältin Liane Pospischil und die zwei Nebenklage-Vertreterinnen in ihren Plädoyers erklären, zu welchem Ergebnis sie gekommen sind. Danach ist das Gericht an der Reihe.

Am Freitag hat die Kammer zunächst sechs Anträge der Verteidigerin abgelehnt, die unter anderem zum zweiten Mal ein Gutachten des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers verlangt hat. Der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel erklärte, seine Kammer habe keine Hinweise darauf bekommen, dass Stephanie S. eine „emotionale, instabile Persönlichkeitsstörung“ habe. Auch eine andere psychische Erkrankung sei nicht zu erkennen gewesen. Widersprüche und Ungenauigkeiten in ihren Aussagen einzuordnen, sei Sache des Gerichts.

Dass keiner der Zeugen, die das Paar am Morgen des 27. Februar auf dem Albertplatz gesehen haben, von einer Vergewaltigung ausging, findet die Kammer nachvollziehbar. Anders als die Verteidigerin Ines Kilian vertritt sie die Ansicht, dass es dennoch kein Fehler der Polizei war, danach in einem öffentlichen Zeugenaufruf gleich von einer Vergewaltigung zu sprechen. Daraufhin meldeten sich damals etwa eine Handvoll Zeugen, die erst nach dem Aufruf überzeugt waren, dass sie genau die darin genannte Gewalttat gesehen hatten.

Eric H. muss sich allerdings nur noch wegen drei Vorwürfen vor Gericht verantworten. Dass die Ermittler auf seinem Handy pornografische Aufnahmen mit Kindern gefunden haben, ist nicht mehr Thema beim Prozess gegen den 22-Jährigen. Diese Tat wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt, weil die zu erwartende Strafe kaum ins Gewicht fällt im Vergleich zu dem Urteil, das Eric H. wegen der Vergewaltigung zu erwarten hat. Dafür sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von wenigstens zwei Jahren vor.

Wird der Angeklagte dazu verurteilt, dann wird seine Zeit in Untersuchungshaft angerechnet. Eric H. sitzt seit mehr als einem Jahr im Gefängnis. Anders als seine Freundin ließ er sich zu einem Kopfschütteln hinreißen, als ihn das Gericht am Freitag nach diesen Monaten hinter Gittern nicht auf freien Fuß setzte. Eine seiner spärlichen Gefühlsregungen in dem langen Prozess.