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Mutmaßlicher Drängler bleibt straffrei

Martin K. soll auf der Autobahn A 17 einen Dresdner bedrängt haben. Doch saß er auch wirklich am Steuer?

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Von Jane Jannke

Es ist ein Freispruch „zweiter Klasse“, der Martin K. noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen lässt. Vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde musste sich der 29-Jährige aus Freital wegen Nötigung und Beleidigung verantworten. Mit halsbrecherischen Überhol- und Ausbremsmanövern soll er im Mai vergangenen Jahres auf der Autobahn A 17 zwischen Dresden-Prohlis und Dresden-Südvorstadt einen Dresdner und dessen Beifahrerin genötigt und damit den Verkehr gefährdet haben. Vor Gericht schweigt sich der Angeklagte aus. Dafür reden die beiden Betroffenen.

Vom Kaufpark Nickern aus will Alexander H. damals über die Autobahn A 17 Richtung Dresden-West fahren. Neben ihm auf dem Beifahrersitz seine damalige Lebensgefährtin, Alisa J. (28). Weil vor ihm auf der rechten Spur dichter Verkehr herrscht, setzt der 42-Jährige zum Überholen an. „Ich habe mich vorher überzeugt, dass die linke Spur frei war, das war sie“, so H. vor Gericht. Mit Tempo 140 passiert er nach und nach die neben ihm fahrenden Lkws, als plötzlich von hinten ein Auto heranrast. Es ist der rote BMW von Martin K. Deutlich ist das Nummernschild in einem Handyvideo zu erkennen, das Alisa H. kurz darauf vom Beifahrersitz aus aufnimmt.

„Der BMW fuhr mit hoher Geschwindigkeit dicht auf mich auf, vollführte bedrohliche Schlangenlinien. Der Fahrer gestikulierte wild hinterm Steuer. Er wollte mich dadurch zum Ausweichen nach rechts drängen“, schildert H. Doch da ist kein Platz: „Neben uns fuhren immer noch Autos, die ich erst überholen musste, ich konnte nicht ausweichen.“ Wie wenig der Fahrer des roten BMW von dem gemäßigten Überholvorgang hält, soll den beiden Zeugen zufolge kurz darauf deutlich geworden sein. In einem Kamikaze-Manöver habe der Wagen nach rechts gezogen und die Fahrzeugkolonne auf der rechten Fahrspur regelwidrig rechts auf dem Standstreifen überholt, berichtet Alexander H. „Anschließend zog er wieder in die linke Spur und setzte sich direkt vor uns.“

Fahrer nicht sicher erkannt

Doch das reichte dem Verkehrsrowdy offenbar noch nicht. Wie beide Zeugen ausführen, stoppt der rote Wagen vor ihnen plötzlich stark ab, sodass H. eine Gefahrenbremsung einleiten muss, um einen Unfall zu verhindern. „Es war knapp. Zwischen uns waren vielleicht noch drei bis fünf Meter, und wir konnten uns auch nicht zurückfallen lassen, weil hinter uns Autos fuhren“, so H. und Beifahrerin Alisa J., die in diesem Moment gerade mit ihrem Handy hantiert, nimmt die letzten Sekunden des Abbremsmanövers geistesgegenwärtig mit der Kamera auf. Doch vor Gericht ist der Filmschnipsel wenig wert.

„Ich kann darin nichts weiter erkennen, als dass das Auto von Herrn K. abbremst“, moniert die Verteidigung. Das könne gut und gerne auch aufgrund einer Geschwindigkeitsbegrenzung nötig gewesen sein. Auch der Stinkefinger, den der Fahrer den beiden Klägern gezeigt haben soll, ist auf der Aufnahme nicht zu erkennen. Zu vage sind zudem die Angaben, die beide zur Person hinterm Steuer machen können. „Es ging alles so schnell, und es waren ja auch noch ein paar Meter zwischen uns“, erklären beide.

Die Verteidigung setzt alles auf eine Karte: Weil die beiden Opfer nicht bezeugen können, dass es Martin K. war, der den auf ihn zugelassenen BMW fuhr, könne ihm eine direkte Schuld nicht nachgewiesen werden. „Sie sind deshalb freizusprechen, auch wenn ich nicht von Ihrer Unschuld überzeugt bin“, so Richter Christian Mansch. „Sehr wahrscheinlich sind Sie gefahren.“ Auch die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass alles sich so abspielte wie geschildert – aber ohne Nachweis der Identität des Fahrers gelte noch immer: im Zweifel für den Angeklagten. Martin K. verließ den Gerichtssaal ohne Strafe und ohne sich überhaupt geäußert zu haben.