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Muss die Stadt zahlen?

Regine Töberich verlangt von der Stadt Dresden Schadenersatz für das gescheiterte Marina-Garden-Projekt. Vor Gericht hat die auch als Baggerlady bekannt gewordene Investorin Chancen.

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© Sven Ellger

Von Thomas Schade

Voraussichtlich am 8. November will die 5. Zivilkammer des Dresdner Landgerichtes nun verkünden, ob die Landeshauptstadt Dresden der Architektin Regine Töberich Schadenersatz zahlen muss. Das verkündete Ralf Högner, der Vorsitzende der Kammer, am Dienstag nach einer erneuten eineinhalbstündigen Erörterung von Rechtsfragen. Bis dahin hat das Rathaus noch einmal Gelegenheit, schriftlich Stellung zu nehmen.

Die auch als Baggerlady bekannt gewordene Investorin klagt gegen die Stadt und verlangt, dass das Rathaus für Kosten und entgangene Gewinne aufkommt, die sie im Zusammenhang mit dem gescheiterten Projekt Marina Garden hinnehmen musste. Töberich wollte zwischen Leipziger Straße und Elbufer eine Wohnsiedlung mit zuletzt etwa 200 Wohnungen errichten.

Seit März dauert der Streit vor Gericht nun an, und Richter Högner zeigte sich erstaunt, dass die Parteien zum dritten Termin tatsächlich kaum etwas Neues vorzutragen hatten. Insbesondere zur Frage des Hochwasserschutzes erwartete die Kammer wohl erhellende Informationen. Im Raum steht die Frage, ob das Elbehochwasser 2013 in dem Bauareal höher stand als 2002. Stattdessen drehte sich der Streit um Bauvoranfragen, Bauvorbescheide und deren bindende Wirkung.

Für das in Rede stehende Gebiet gibt es einen städtischen Masterplan, der eine Gestaltung vorsieht, die aufgrund der Elbnähe den Hochwasserschutz in besonderer Weise berücksichtigt. Wichtiger Bestandteil ist beispielsweise die Freihaltung eines breiten Grünstreifens entlang der Elbe. Marina Garden sollte in einem beträchtlichen Teil dieses Areals entstehen.

Im Juli 2014 beantragte Regina Töberich einen Bauvorbescheid zum Bau von sechs Wohn- und Geschäftshäusern sowie einer Tiefgarage. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Investorin ging daraufhin auf die Einwände der Stadtverwaltung ein und legte im Oktober 2014 einen modifizierten Antrag vor. Der blieb lange liegen. Zudem lehnte es die Verwaltung im November 2014 ab, einen wasserrechtlichen Vorbescheid zu erlassen. Stattdessen tauchte ein wasserrechtliches Gutachten auf. Das bezeichnete Töberich im Gerichtssaal als „Fake-Gutachten“, das Teil einer „Verhinderungsstrategie“ gewesen sei, die es von Anfang an gegeben habe.

Nachdem die Anträge der Investorin monatelang nicht beschieden worden waren, eskalierte die Situation am 7. Mai vergangenen Jahres. Regine Töberich wusste wohl, dass der Stadtrat ihrem Projekt an diesem Tag eine kaum zu überwindende Hürde in den Weg stellen würde.

Spektakulär ließ sie am Elbufer Bagger anfahren und zerstörte den Elberadweg auf einigen Metern, während die Stadträte im Clara-Schumann-Saal des Kulturrathauses mehrheitlich einer sogenannten Veränderungssperre zustimmten, die ihr Vorhaben blockierte. Im Antrag hieß es: Marina Garden stehe „den Zielen der Landeshauptstadt Dresden entgegen“. Nach Würdigung der Sach- und Rechtslage müsse nunmehr aber eingeschätzt werden, dass das Bauvorhaben „nicht rechtssicher zurückgewiesen werden kann.“ Müsse es nach einem Rechtsstreit zugelassen werden, würde es die „städtebauliche Planung ad absurdum“ führen.

So zogen die Stadträte die Notbremse, während die Baggerlady den Radweg traktierte. Das Marina-Garden-Projekt ist ihren Worten zufolge inzwischen tot. Und von einer gütlichen Einigung in Sachen Schadenersatz konnte schon am ersten Verhandlungstag keine Rede sein.