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Muss die Sauna am Nieskyer Waldbad schließen?

Die Stadt sperrt die Parkplätze und begründet das mit dem Trinkwassereinzugsgebiet. Das überrascht die Betreiber.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Katrin Natusch und Yvonne Klar stehen ratslos vor dem Metallzaun, den die Stadt Niesky vor zwei Wochen aufgestellt hat. Die beiden Frauen, die die Sauna am Waldbad betreiben, wurden damit regelrecht überrascht. Ebenso die Besucher der Sauna. Die Stadt Niesky begründet die drastische Maßnahme damit, dass zwischen Waldbad und Plittstraße ein Trinkwassereinzugsgebiet ist. Darauf verweist auch ein großes Schild der Stadtwerke Niesky mit dem Hinweis, das Auto in den umliegenden Straßen zu parken.

Auf dem früheren Parkplatz parallel zur Plittsraße darf jedenfalls kein Fahrzeug mehr abgestellt werden. Ein Halteverbotsschild legitimiert die Stadt, an dort parkende Autos Knöllchen zu heften. „Und davon macht die Stadt regen Gebrauch“, hat Katrin Natusch in den zurückliegenden Tagen beobachtet. Und nicht nur das. „Wir selbst dürfen nicht mehr vor der Sauna parken, nur zum Ein- oder Ausladen, teilte uns die Stadt mit“, berichtet die Saunachefin. Also fahren die beiden Frauen ihre Autos auch ums Eck und laufen zurück. „Was wir nicht verstehen: Seit es die Sauna gibt, ist hier Trinkwassereinzugsgebiet. Bisher hat sich keiner daran gestört, wenn die Autos parken. Nun soll das auf einmal nicht mehr möglich sein?“, fragt Katrin Natusch. Diese Frage hat sie vor Kurzem auch der Oberbürgermeisterin gestellt. Aber sie verweist auf das Schutzgebiet und wenn die Parkplätze wieder genutzt werden sollten, dann müssen sie gründlich ausgebaut werden, also eine Sperre zwischen die Erdschicht bekommen. „Und dafür hat die Stadt derzeit kein Geld, bekamen wir zur Antwort“, so Katrin Natusch. Ihre Kollegin sieht das als geschäftsschädigend an, was die Stadt vor ihrer Saunatür praktiziert. Yvonne Klar sagt: „Drei Viertel unserer Stammkunden sind über 80 Jahre. Nicht wenige gehen am Stock und haben ihre schwere Saunatasche dabei. Sollen wir ihnen den weiten Weg aus der Gersdorfstraße oder der Poststraße zumuten?“

Anscheinend doch. „Wer in die Sauna geht, kann auch 100 Meter zu Fuß zurücklegen“, sagte Oberbürgermeisterin Beate Hoffmann jüngst in der Sitzung des Verwaltungsausschusses. Voran ging eine Anfrage des Niesykers Gunther Hoffmann, wie sich die Stadt das vorstellt, wenn am Waldbad nicht mehr geparkt werden darf. Der 61-Jährige besucht die Sauna seit Jahrzehnten – und immer war ein Parken davor möglich. Es selbst nutzt das Fahrrad nicht nur zum Saunabesuch. „Aber es gibt auch viele Saunagänger, denen es schwerfällt, zu Fuß in die Sauna zu kommen“, betont er. „Sollen sie sich jedes Mal von ihren Kindern oder Enkeln in die Sauna fahren lassen?“ Das sei realitätsfremd, urteilt Hoffmann.

Hildegard Büttner ließ sich diese Woche von ihrem Mann zur Frauen-Sauna fahren. „Sonst fahre ich selbst mit dem Auto, aber es gibt ja keine Parkplätze mehr“, sagt die 78-Jährige. Dabei hebt sie ihren schweren Rollkoffer an und sagt, dass sie damit nicht einen Weg von einigen Hundert Metern zu Fuß zurücklegt. „Ich bin schon zweimal wieder gefahren, weil ich keinen Parkplatz gefunden habe“, fügt sie noch hinzu. Ihr Mann, 81 Jahre, besucht ebenfalls wöchentlich die Sauna, aber dann, wenn „Männertag“ ist, also kommen Büttners nie gemeinsam in die Sauna.

Dass Leute mit dem Auto ankommen, schauen und dann doch weiterfahren, haben Katrin Natusch und Yvonne Klar in den zurückliegenden Tagen öfters beobachten können. „Das merken wir auch an den Besucherzahlen. Sind am Mittwochvormittag meist sechs bis acht Frauen in der Sauna, so hatten wir diese Woche nur vier, die gekommen sind“, berichtet Katrin Natusch. Von der Stadt hat sie den Auftrag bekommen, bis zum Montag die Besucher der Sauna täglich zu zählen. An diesem Tag sitzen die Stadträte zusammen und finden hoffentlich eine Lösung, dass die Sauna aufgrund zurückgehender Besucherzahlen nicht schließen muss. Das sind die Befürchtungen der Saunafrauen. „Von uns werden jeden Monat Miete, Betriebskosten und Steuern verlangt. Aber die können wir nur aufbringen, wenn wir auch die entsprechenden Einnahmen haben“, sagt Yvonne Klar. Sie befürchtet, dass ohne Parkplätze die Sauna schließen muss – und ein neuer Betreiber wird sich hüten, die Einrichtung ohne Parkplätze weiterzuführen.

Das machten die beiden Betreiberinnen in einem Brief an die Oberbürgermeisterin deutlich. Dazu sammelten sie Unterschriften von 77 Saunagästen, die den Brief inhaltlich mittragen. „Eines muss ich noch loswerden“, sagt Katrin Natusch an die Nieskyer gerichtet. „Ob das Waldbad oder das Eisstadion, wenn diese nicht viel Geld in der Saison einnehmen, muss keines schließen. Wenn aber bei uns die Kunden wegbleiben, haben wir keinen, der uns finanziell auffängt. Wir müssen dann leider schließen. Das wollen auf jeden Fall verhindern, dass die Sauna wegen dem Parkplatzproblem schließen muss.“