Merken

Müllverbrennung gleich hinter der Grenze?

Die Stadt Varnsdorf möchte ihren Abfall künftig verfeuern. Ein Standort ist schon ins Auge gefasst.

Teilen
Folgen
NEU!
© Rafael Sampedro

Von Gabriela Lachnit und Petra Laurin

Varnsdorf. Die Stadt Varnsdorf erwägt die Errichtung einer Müllverbrennungsanlage, die den Hausmüll aus dem Schluckenauer Zipfel beseitigen soll. Das sind Überlegungen in Varnsdorf, um das Müllproblem zu lösen, denn die Müllhalde im Grenzort Rozany (Rosenhein) ist voll und deshalb gesperrt. Die Städte und Gemeinden aus dem Schluckenauer Zipfel müssen ihren Hausmüll rund 30 Kilometer weit bis nach Volfartice (Wolfersdorf) oder Osecna (Oschitz) transportieren lassen. Das ist eine teure Lösung. Spätestens 2024 ist auch sie passé, denn dann ist in Tschechien die Lagerung von Hausmüll auf Deponien verboten.

Ein Standort für die Verbrennungsanlage ist bereits ins Auge gefasst: In Varnsdorf soll sie errichtet werden, auf dem Gelände des Heizwerkes. Intensive Verhandlungen zum Vorhaben laufen mit dem privaten Besitzer des Heizwerkes seit einem Jahr. „Bisher ohne ein konkretes Ergebnis“, beklagt der Varnsdorfer Bürgermeister Stanislav Horacek. Das Heizwerk wird mit Kohle betrieben und versorgt die Hälfte der Haushalte in der Stadt mit rund 15000 Einwohnern. „Die Fernwärmeleitung wurde in den 1990ern modernisiert und gehört der Stadt“, sagt Horacek und denkt daran, dass das Kesselhaus des Heizwerkes schon ab dem nächsten Jahr die neuen zulässigen Emissionswerte überschreiten wird.

Eine Müllverbrennung wäre für Varnsdorf und die anderen 17 Städte und Gemeinden im Schluckenauer Zipfel eine ideale Lösung des Müllproblems, sagt Eva Dzumova, Bürgermeisterin in Schluckenau. „Wir geben jedes Jahr sechs Millionen Kronen für die Müllentsorgung aus“, sagt sie. In Varnsdorf sind es sogar rund 14 Millionen Kronen für die Müllbeseitigung, wobei der Anteil der Gebühren von Einwohnern höchstens acht Millionen Kronen beträgt, ergänzt Bürgermeister Horacek.

Die Varnsdorfer Müllverbrennung soll eine jährliche Kapazität von rund 20000 Tonnen haben. Das ist etwa zehnmal weniger, als die thermische Abfallbehandlung in Lauta zu leisten vermag. Dort wird der Müll aus dem Landkreis Görlitz verbrannt.

Die neue Anlage in Varnsdorf wird mit dem Müll aus dem Schluckenauer Zipfel nicht ausgelastet. Deshalb soll auch Restmüll aus Novy Bor (Haida) und Ceska Lipa (Böhmisch Leipa) herangefahren werden. 300 Millionen Kronen (über elf Millionen Euro) soll die neue Anlage kosten. Bewirtschaftet werden soll sie von einer noch zu gründenden Betreibergemeinschaft aus Vertretern der beteiligten Kommunen.

„Ich habe nicht von vornherein eine ablehnende Meinung zu dem Vorhaben bei unseren Nachbarn“, sagt die Seifhennersdorfer Bürgermeisterin Karin Berndt (parteilos). Solange sie keine Planungen gesehen habe, könne sie jedoch kein Urteil abgeben. Ähnlich sieht das der Leutersdorfer Bürgermeister Bruno Scholze (CDU). „Wenn wir Unterlagen da haben, sagen wir unsere Meinung.“ Beide Bürgermeister verweisen darauf, dass es für derartige Anlagen in der Europäischen Union strenge Vorschriften gibt, die jedes Mitgliedsland beachten muss. Das bestätigt das Sächsische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Dort hat man noch nichts von den Überlegungen in Varnsdorf gehört, sagt der Pressesprecher des Ministeriums, Frank Meyer. „Aufgrund der Nähe des geplanten Standortes zur deutschen Grenze wird wohl eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, sollten die Baupläne konkret werden“, sagt der Sprecher. Die Landesdirektion Sachsen gibt dann eine Stellungnahme ab, die von den tschechischen Behörden zu berücksichtigen wäre. „Ein Veto-Recht für die deutsche Seite ist damit aber nicht verbunden.“ Die Entscheidung über ein solches Vorhaben sei souveräne Angelegenheit der tschechischen Behörden, sagt Frank Meyer.