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Müllers Mühle mahlt nicht mehr

Einige Jahrzehnte machte Rudolf Müller, was sein Name verspricht. Doch heute klappert an der Röder höchstens das Frühstücksgeschirr.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Folbern. Die berühmtesten Mühlenbesitzer der Region hießen Boeltzig. Müller dagegen gab es als Name und Beruf vermutlich nur in Folbern. Und das schon seit drei Generationen. Zwar war es ein Hugo Schöne, der 1896 die Wassermühle an der Großen Röder baute. Doch schon dessen Schwiegersohn Otto brachte den Familiennamen Müller mit. Bei Sohn Karl und dessen Sohn Rudolf war es ebenso.

Dass ein Müller in die Mühle gehört, hat Letzterer auch nie angezweifelt. Im vorletzten Kriegsjahr geboren, lernte der Folberner von seinem Vater das Mehlmachen und wollte nie was anderes tun. Da kam es genau richtig, dass sein älterer Bruder in den Westen ging, um zu studieren. So blieb ein Kampf um die Mühle aus. Rudolf Müller konnte 1975 den väterlichen Betrieb übernehmen. Seinen Meisterbrief hatte er zehn Jahre früher, kurz vor Weihnachten, in Brotterode in Thüringen gemacht. Dort waren 20 angehende Meister aus der ganzen DDR zusammengekommen. „Wir waren drei, die auch noch Müller heißen“, erinnerte sich Rudolf Müller amüsiert jetzt anlässlich der Überreichung des Goldenen Meisterbriefes nach mehr als 50 Jahren.

Wichtig für die Versorgung

„Ich bin hier geboren und habe immer hier gelebt“, sagt der 73-Jährige und setzt sich gemütlich auf einen Brunnen an der Röder. Früher wurde in Folbern Mehl für die regionalen Bäckereien in zwei Schichten gemahlen. Drei Tonnen war nach Auskunft von Rudolf Müller die Kapazität. Weil das Familienunternehmen für die örtliche Versorgungswirtschaft wichtig war, wurde man bevorzugt. „So bekamen wir auch rasch eine Freigabe zum Gebäudeabputzen“, erinnert sich der Folberner.

34 Jahre war die Wassermühle sein Leben und das seiner Frau Ute. Die Viehzucht bot einen Zuverdienst. Die Müllers konnten trotzdem wie andere in den Urlaub fahren. Doch nach der Wende hatte er bei seinem Bruder in Bayern sehen können, wie das Schicksal kleiner Mühlen in der Marktwirtschaft aussieht: viel Arbeit, geringes Einkommen. „Deshalb haben wir 1992 aufgehört“, so der Müller. Die Wasserturbine ist nun nur für Strom in Betrieb.

Aus einer Mühlenetage wurden die Wassermühlenzimmer – eine kleine Pension. Acht Betten bieten die Folberner, und bekommen Gäste sogar von der Nordsee. Die ersten Jahre boten Rudolf Müller – seit Kindesbeinen passionierte Reiter und mit Pferden aufgewachsen – sowie seine Tochter Claudia Reiterferien für Kinder an. Nun kommen Wochenendurlauber, Familien und Monteure. Vom Frühjahr bis in den Herbst. Aus dem Mahlraum im Erdgeschoss wurde eine kleine Frühstücksstube. Hier klappert höchstens noch Geschirr. Die alte große Transmissionswelle dient als Schmuck. Urig lässt es sich hier sitzen.

Zehn Jahre ist die Mühle nun schon in den Händen der Tochter. Sie betreibt auch einen Landhandel mit allem, was Reiter und Pferd brauchen. Der Reitsportbedarf deckt einen großen Umkreis ab, ein weiteres Geschäft gibt es erst in Moritzburg. Die Reitsportler in Kalkreuth sind genauso Kunden wie private Pferdebesitzer.

So hat Müllers Mühle noch immer ihre Berechtigung, wenn auch nicht mehr im eigentlichen Sinne. Rudolf Müller reitet nicht mehr, muss auch kein Mehl mehr wie ganz früher mit den Pferden ausfahren – er sitzt heute auf dem Kutschbock. Der Folberner ist Ehrenmitglied des Reit- und Fahrvereins Kalkreuth. Und er genießt das Leben auf dem Lande. Manchmal ist er sogar mit dem Kahn auf der Röder bis Kalkreuth unterwegs. Auch unterstützt er jetzt seine Tochter, die fünfte Generation. „Ich könnte nicht ohne das sein, könnte nicht in der Stadt wohnen“, bekennt Rudolf Müller. Die idyllische Lage der Mühle am Wasser begeistert ihn noch immer.

www.reitsportmuellersmuehle.de