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Moritzburg zeigt Schätze aus Stroh

Im Besucherzentrum des Fasanenschlösschens dreht sich ab Sonntag alles um ein fast vergessenes Kunsthandwerk. Das ist kein Zufall.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Mit märchenhaften Ausstellungen hat Schloss Moritzburg reichlich Erfahrung – und Erfolg. Die Schauen zum Aschenbrödel-Kultfilm ließen die Kassen kräftig klingeln. Der Titel der neuen Sonderausstellung lässt vermuten, dass die Museumsleute nun auf dieser Erfolgswelle weiterschwimmen möchten. Denn wer denkt bei „Stroh zu Gold“ nicht sofort an ein bekanntes Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm?

Fadenähren: Zu dünnen Schnürli gedrehtes Stroh
Fadenähren: Zu dünnen Schnürli gedrehtes Stroh © Norbert Millauer
Kaum zu erkennen: Auch diese Borte ist aus feinstem Stroh.
Kaum zu erkennen: Auch diese Borte ist aus feinstem Stroh. © Norbert Millauer

Tatsächlich geht es in der neuen Schau, die zum Saisonstart des Fasanenschlösschens in dessen Besucherzentrum öffnet, um Schätze. Allerdings nicht um dank Zauberkräften geschaffener. Sondern um kunsthandwerkliche Schätze, die mit viel Fleiß und Geschick aus Naturmaterialien gefertigt wurden. Mit über 200 einmaligen Exponaten aus sächsischen Sammlungen und dem Strohmuseum Wohlen in der Schweiz widmen sich die Ausstellungsmacher dem fast vergessenen Handwerk der Strohflechtkunst. Dass die Schau in unmittelbarer Nachbarschaft des Fasanenschlösschens gezeigt wird, ist dabei kein Zufall. Denn wie die bisherigen Sonderausstellungen in dem einstigen Hofküchengebäude hat auch die neue einen direkten Bezug zu dem nach elfjähriger Restaurierung 2007 wiedereröffneten Minischloss.

Zu dessen Ausstattung gehören auch Stroh- und Glasperlentapeten aus dem 18. Jahrhundert, die allerdings infolge des II. Weltkriegs erhebliche Schäden aufwiesen. Für die Wiederherstellung der Tapeten machten sich die Restauratorinnen auf die Suche nach dem passenden Stroh. „Was sich als sehr schwierig erwies“, wie Kuratorin Maritta Hensel von Schloss Moritzburg sagt. Denn das heutige Stroh war nicht geeignet.

Hilfe aus der Schweiz

Fündig wurde man schließlich in der Schweiz, wo ein Strohwarenhändler in in einem Ort bei Wohlen 80 Jahre altes Stroh hatte, das in Farbe und Art hervorragend zur Moritzburger Tapete passte. Im dortigen Strohmuseum erhielt die Restauratorin zudem bereitwillig Auskunft zu alten Herstellungs- und Verarbeitungstechnologien. „Der Ort in der Nähe von Zürich war über lange Zeit bis ins 20. Jahrhundert hinein einer der führenden Standorte der Strohflechtkunst“, sagt Margitta Hensel. Zudem gab es offensichtlich auch immer wieder Kontakte nach Sachsen.

„Denn auch im Raum Dresden war die Strohflechtkunst und die Strohhutindustrie sehr stark entwickelt.“ Viel Exponate stammen so auch aus den Museen in Dohna, Dippoldiswalde, dem Stadtmuseum und dem Volkskunstmuseum in Dresden. In Dresden wurde ab 1870 schließlich auch eine Nähmaschine hergestellt, mit der Strohhüte deutlich schneller zusammengenäht werden konnten als mit der Hand. Noch 1937, als die Hochzeit dieser Kopfbedeckung bereits vorbei war, wurden in sächsischen Hutfabriken 260 000 Stück im Monat produziert.

Noch beeindruckender als die teilweise sehr aufwendigen Hutkreationen sind allerdings die in der Ausstellung ebenfalls zu sehenden anderen kunstvollen Arbeiten. So zum Beispiel Musterbücher aus Wohlen und Dippoldiswalde mit filigranen Borten, die aus dünnsten Strohfäden gefertigt sind. Befestigt wurden diese teilweise auf einem hauchzarten Trägermaterial aus geklöppeltem Rosshaar. Aber auch Intarsienarbeiten aus Stroh. Ergänzt werden die kunsthandwerklichen Exponate durch für die Bearbeitung benötigte Gegenstände und Maschinen sowie sehr informative Texttafeln in deutscher und englischer Sprache.

Geöffnet ist vom 1. Mai bis 1. November täglich von 10 bis 17 Uhr (Wochenenden und feiertags bis 18 Uhr). Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 2 Euro. Besucher des Barockschlosses und des Fasanenschlösschens haben freien Eintritt.