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Mordopfer soll mit Drogen gehandelt haben

Einem Häftling gegenüber soll der Angeklagte den „Aladin“-Mord gestanden haben. Der benennt zwei völlig neue Tatverdächtige.

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Von Peggy Zill

Sechs Justizbeamte sicherten gestern den Verhandlungssaal im Chemnitzer Landgericht, als ein Häftling gegen den Angeklagten im „Aladin“-Prozess aussagte. Der 56-Jährige sitzt seit drei Jahren im Gefängnis. In der JVA Zwickau habe er den Angeklagten Ayman E. kennengelernt. Der sitzt seit März in Untersuchungshaft und wird verdächtigt, Jamal Al Mortada am 1. November 2011 in seinem Bistro „Aladin“ in Döbeln erschossen zu haben. Bei einem Hofgang habe Ayman E. den Mithäftling, der im Gefängnis offenbar häufig zu Rechtsfragen konsultiert wird, um Rat gebeten. Doch sein Wissen wollte der Inhaftierte nur dann teilen, wenn der Angeklagte den Gerichtssaal verlässt. Denn im Vorfeld habe er Todesdrohungen erhalten. Ein Unbekannter hatte einen toten Fisch in die JVA Zeithain geschickt, mit dem Hinweis, er solle sich überlegen, was er sagt, man würde ihn auch im Knast finden. Da der Angeklagte die Aussage schon kannte und ein Recht hat, alles zu hören, lehnte die Vorsitzende Richterin den Antrag ab.

Straferlass gefordert

Eine überzeugende Aussage konnte der 56-Jährige ohnehin nicht liefern. Ayman E. habe gesagt, man sei zu zweit im Bistro gewesen und habe, nachdem Jamal Al Mortada erschossen worden war, die Waffe im Fluss entsorgt. Wer abgedrückt hat und wer der zweite Mann war, konnte der Häftling nicht sagen. Konkrete Fragen zum Tathergang habe Ayman E. nie beantwortet. „Trotzdem hatte ich nach unseren Gesprächen das Gefühl, dass da etwas nicht ganz koscher ist und ich aussagen muss“, so der Zeuge. Und dann hat er Ayman E. noch einen guten Anwalt empfohlen: Prof. Bernd Max Behnke, der neben Enrico Brand aus Waldheim Verteidiger beim Mordprozess ist.

Vielleicht hatte der 56-Jährige, der nach eigenen Angaben gesundheitliche Probleme hat, aber auch nur das Bedürfnis, früher aus der Haft entlassen zu werden. Das zumindest vermutet Enrico Brand. Denn vorher habe er eine Vereinbarung zum Straferlass gefordert. Immerhin hat er erst die Hälfte seiner sechsjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung abgesessen.

Dass der Angeklagte nicht ganz unbeteiligt ist und zahlreiche Zeugen im Vorfeld eingeschüchtert oder gar bedroht worden sind, bestätigte ein weiterer Döbelner Autohändler in seiner Aussage. Schon zweimal hatte er sich davor gedrückt, vor Gericht zu erscheinen. In Polizeibegleitung wurde er gestern darum vorgeführt und musste mehrere Stunden in einer Zelle auf seine Aussage warten.

Drogenkurier nicht bezahlt

„Ich habe damit nichts zu tun“, betonte der 45-Jährige. Man solle ihn doch endlich in Ruhe lassen. Vor der Ermittlungsrichterin hatte er vor einigen Monaten jedoch ausgesagt, dass Ayman E. ihm gegenüber gestanden habe, etwas mit der Sache zu tun zu haben. Genauere Angaben konnte der Autohändler damals nicht machen, weil er Angst um seine Familie habe. An diese Worte erinnerte sich die Richterin, die die Befragung durchgeführt hatte. Gestern behauptete der Zeuge, dass Polizei und Richterin ihn vorher falsch verstanden hätten.

Eine ganz neue Variante zur Tat kam vom angeklagten Iraker. Von einem Mithäftling habe er erfahren, dass das Opfer in Drogengeschäfte verwickelt war und darum sterben musste. Ein Autohändler aus Döbeln soll in Tschechien Drogen für Mortada gekauft haben – für 55000 Euro. Doch Mortada habe nie gezahlt. „Der hat ihn verarscht“, so der Angeklagte. Der betrogene Autohändler und Marwan H., der seit Monaten auf der Flucht ist und mit dem Opfer einen Autohandel betrieb, hätten dann den Mordplan entworfen, ihn aber nicht selbst ausgeführt. Stattdessen sollen das zwei Männer getan haben, die sich im Raum München aufhalten. Einen der beiden müsste man unter Druck setzten, dann würde es neue Erkenntnisse geben, so der Angeklagte. Der geheimnisvolle Mitwisser aus dem Gefängnis würde auch aussagen, möchte dabei aber unbedingt anonym bleiben. Der Prozess wird am 26. November fortgesetzt.