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Mohammeds Männer

Die SZ hat die Macher der Riesaer Gebetsstätte für Muslime getroffen. Sie hätten gern größere Räume.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Eine Moschee in Riesa? Seit einem Monat ist auch Riesa mit einem Eintrag beim Portal moscheesuche.de vertreten, das nach eigenen Angaben gut 2 300 islamische Gebetsstätten verzeichnet. Dabei würde Saad Elgazar auf den Begriff Moschee lieber verzichten. „Wir haben in Riesa eine multikulturelle Begegnungsstätte eröffnet“, sagt der Geschäftsführer der Unternehmensgesellschaft Sächsische Begegnungsstätte, kurz als SBS bekannt.

Man würde in den gemieteten Räumlichkeiten an der Goethestraße längst nicht nur beten – sondern auch Sprachkurse für Asylbewerber anbieten. „Wir wollen unseren Leuten die deutsche Gesellschaft erklären.“ So verstünden Menschen, die aus dem Krieg kommen, oft keine Gesetze. „Die wundern sich, dass Autos hupen, wenn sie bei Rot über die Ampel gehen.“ In Dresden gebe man längst auch Deutsch-, Arabisch-, Englischkurse. In Riesa habe man mit einem Deutsch- und Arabischunterricht für 22 Kinder angefangen. Gibt es auch Koranunterricht? „Ja, natürlich.“

Die meisten Besucher aber kommen wohl zum Freitagsgebet, freitags 14 Uhr. „Das ist für Männer verpflichtend“, sagt Muhammed-Ronald Wellenreuther, Geograf mit Doktortitel, der als Erwachsener zum Islam konvertiert ist. Auch beim Freitagsgebet fange man in Riesa klein an. „In Dresden kommen zu normalen Abendgebeten 60 bis 80 Teilnehmer, freitags können es auch mal mehr als 1 000 sein.“ Dafür habe man neben dem Gebäude am Straßburger Platz extra ein Zelt errichtet. „Überall, wo eine Freifläche ist, wird eine Matte ausgerollt“, sagt Wellenreuther. „Unser größtes Problem ist das Platzproblem.“

Und wie sieht es damit in Riesa aus? Laut dem Eigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sind die Gewerberäume 133 Quadratmeter groß. Zuletzt teilten sich die Malteser und eine Finanzmaklerin die Räumlichkeiten. Seit dem Auszug der Malteser nutzen SBS und Maklerin die Erdgeschoss-Räume gemeinsam. Der Eigentümer schätzt, dass wöchentlich rund 30 Muslime kommen. Eine Nachbarin hatte der SZ gesagt, dass sie eines Freitags in fünf Minuten 62 Besucher im Treppenhaus gezählt habe. „Das war vielleicht ein Feiertag“, sagt Saad Elgazar.

Ohnehin gäbe es laut Vermieter – das Wohn- und Geschäftshaus ist unter verschiedenen Eigentümern aufgeteilt – kein Problem. „Ich habe vor Abschluss des Mietvertrags geprüft, ob die SBS ein verlässlicher Mieter ist“, sagt der Riesaer Unternehmer. Er habe beim Finanzamt nachgefragt, mit dem Vorvermieter Kontakt aufgenommen, ein polizeiliches Führungszeugnis abgefordert. „Es gab nichts Negatives.“

Auch heute gäbe es keine Probleme: „In den Räumen ist alles sauber, es gibt keinen Lärm, die Miete fließt immer pünktlich.“ Von der SZ befragte Mieter hatten angegeben, von den neuen Nachbarn völlig überrascht worden zu sein: Plötzlich seien Dutzende Asylbewerber im Haus aus- und eingegangen. Einen sichtbaren Hinweis an der Tür gab es auch Wochen nach dem Bezug des Gebetsraums noch nicht. – In Görlitz hatte die Stadtverwaltung zuletzt einen Gebetsraum der SBS schließen lassen – aus baurechtlichen Gründen.

Die SBS will das nun vom Verwaltungsgericht klären lassen. Saad Elgazar deutet an, dass man mangels Räumlichkeiten auch auf dem Markt den Gebetsteppich zum Freitagsgebet ausrollen könne. Awad Al Mahamied vom SBS-Vorstand sieht dagegen die deutsche Regierung in der Pflicht. „Die Regierung hat die Leute hergebracht! Die wusste doch, dass 90 Prozent der Asylbewerber Muslime sind, die freitags beten müssen!“

Deshalb sei eigentlich die Regierung für geeignete Räume verantwortlich. Die könne froh sein, dass sich die SBS kümmere – und die Mietkosten für den Gebetsraum durch Spenden decke. „Wenn die Stadt ein Problem mit unseren Besucherzahlen hat, soll sie uns ein größeres Gebäude zur Verfügung stellen“, sagt Elgazar. Man stehe gern für ein Gespräch mit Riesas OB zur Verfügung. Schließlich leben laut SBS im Raum Riesa mittlerweile mehr als 1 000 Muslime.