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Modernes Wohnen in der alten Schule

In die Leninschule will die WG Fortschritt die Seniorenwohnung von morgen einbauen. Die ist sogar Forschungsobjekt.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Die Wohnungsgenossenschaft Fortschritt kann die ehemalige Leninschule in Döbeln Ost kaufen. Der Stadtrat hat dem Verkauf zugestimmt. Für das seit 13 Jahren stillgelegte Gebäude und das fast 10 000 Quadratmeter große Grundstück will die Stadt knapp 130 000 Euro.

Mehrfach hatte es Interessenten gegeben, die in dem Gebäude betreutes Wohnen unterbringen wollten. Die Wohnungsgenossenschaft macht jetzt Nägel mit Köpfen. Das Vorhaben habe oberste Priorität, sagte Vorstand Stefan Viehrig. Voraussichtlich im kommenden Jahr werden die Umbauarbeiten beginnen.

Für die Wohnungsgenossenschaft wird das eine Art Pilotprojekt. Fortschritt will die neusten Konzepte in der Praxis umsetzen, mit denen das selbstständige Wohnen älterer Leute besser funktionieren soll. Die Genossenschaft hat vor allem Altneubauten im Bestand, in denen sich die Konzepte nicht so gut realisieren lassen. „In der Schule kann man das am Schnellsten umsetzen“, sagte Viehrig. Der riesige Plattenbau soll dafür verkürzt und ausgebaut werden. Er wird mit einem Aufzug ausgestattet. 18 Ein- bis Dreiraumwohnungen lassen sich in dem Plattenbau unterbringen, alle sollen barrierearm gestaltet, aber nicht nur an Senioren vermietet werden. Ins Haus soll auch ein Anbieter von sozialen Dienstleistungen mit einziehen. „In den nächsten 14 Tagen werden wir die Konzepte stricken, den Bauantrag vorbereiten und im zweiten Halbjahr eventuell mit dem Bau beginnen.“ Die Wohnungen sollen einen besseren Ausstattungsgrad bekommen und so gestaltet werden, dass sie nicht nur für ältere Leute attraktiv sind. Die Kosten für den Umbau gibt Viehrig mit drei bis vier Millionen Euro an. Ein Neubau hätte zwar Vorteile, aber auch der vorhandene Raster im fast 40 Jahre alten Plattenbau lasse Gestaltungsspielräume.

Wie das Wohnen für Ältere optimieren?

Dem Thema Wohnen im Alter hat sich die Genossenschaft seit einigen Jahren verschrieben. Sie arbeitet beim Projekt „Chemnitz+“ mit, bei dem mit viel Geld vom Bundeswissenschaftsministerium ermittelt werden soll, wie das Wohnen für ältere Leute optimiert werden kann. So wurden unter anderem wissenschaftlich die Bewegungsabläufe in Bädern untersucht. Wie müssen die Bewegungsräume aussehen, wenn eine Pflegeperson mit im Bad ist. Wo sind Türen und Ablagen anzuordnen und der Handtuchhalter? Dazu wurde bei einer Firma in Dresden ein Versuchsstand aufgebaut und die Abläufe in dem nachgestellten Bad gefilmt, erzählte Viehrig. Im April soll auch ein Versuchsstand in Döbeln aufgebaut werden. „Dann wollen wir mit Partner wie der Heimerer Schule und einigen Mietern Bewegungsabläufe testen“, so Viehrig.

Hinter der ehemaligen Schule hat die Wohnungsgenossenschaft noch jede Menge Platz, in den nächsten Jahren weitere Ideen umzusetzen. Als es um das Grundstück ging, blitzte in der Stadtratssitzung für einen Augenblick Widerspruch auf. Es kam die Frage auf, ob die Stadt die Fläche nicht selbst braucht, wenn in den nächsten Jahren eventuell ein Neubau der benachbarten Grundschule Döbeln Ost ansteht. Nach der Darstellung von Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer hat die Stadt auf dem Gelände der Grundschule fast 20 000 Quadratmeter zur Verfügung, sodass auf die rund 10 000 Quadratmeter an der ehemaligen Leninschule verzichtet werden kann.

Von dem Schulgebäude in Döbeln Ost steht praktisch nur noch die Außenhülle. Im Jahr 1977 war das Haus als Polytechnische Oberschule in Betrieb genommen und bis 2003 als Außenstelle des Gymnasiums genutzt worden. Als die Schülerzahlen zurückgingen, zog sich das Gymnasium aus. Sämtliche Medien im Gebäude sind mittlerweile zurückgebaut.

Ursprünglich hatte die Stadt geplant, die Schule samt Grundstück gegen Flächen der Wohnungsgenossenschaft Fortschritt in Döbeln Nord einzutauschen. Das hatte sich aber zerschlagen. Mittlerweile hat die Genossenschaft auch mit diesen Flächen in Pläne. Dort sollen hochwertige Wohnungen entstehen. Die Genossenschaft hatte für die Häuser einen Ideenwettbewerb initiiert und ist gerade dabei, einen Architekten auszuwählen, wie Vorstand Stefan Viehrig sagte.