Merken

Moderatorin zurückgetreten

Hilke Domsch vom Geokompetenzzentrum Freiberg war die Moderatorin der Leitbild-Debatte in Kamenz. Sie weist den Vorwurf eines Interessenkonfliktes zurück. „Ohne Vertrauen ist meine Mitwirkung allerdings sinnlos.“

Teilen
Folgen
© René Plaul

Von Frank Oehl

Die im Winter maßgeblich auch durch die Bürgerschaft mit angeschobene Leitbilddebatte in Kamenz wird durch eine wichtige Personalie überschattet. Kurz vor Himmelfahrt ist die externe Moderatorin Hilke Domsch überraschend zurückgetreten. Die Büroleiterin des Geokompetenzzentrums Freiberg hat damit die Konsequenz aus einer Diskussion gezogen, die sich in der sogenannten Steuerungsgruppe hochgeschaukelt hatte. Zwei Mitglieder hatten der Moderatorin Misstrauen bekundet. Sie befürchten und haben dies auch in Gesprächen mit dem Oberbürgermeister und Stadträten bekräftigt, dass Hilke Domsch in Kamenz auch für die Basalt-Actien-Gesellschaft tätig sein könnte.

Knackpunkt Wal- und Wüsteberg?

Die Basalt AG betreibt in Demitz-Thumitz den größten Gesteinstagebau Sachsens und hält über ihre Tochter, die Norddeutsche Naturstein GmbH, auch die Bergbaurechte an der Grauwacke im Sattel zwischen Wal- und Wüsteberg. Um die Abbaupläne war es zuletzt still geworden, woran auch der starke Widerstand der Bürgerschaft nicht nur aus den unmittelbar betroffenen Kommunen Kamenz, Haselbachtal und Schönteichen beigetragen hatte. Ab 2001 hatte es viele Jahre lang – meist zu Ostern – eine vom Walbergverein und vielen Mitstreitern organisierte Sternwanderung in den Bergsattel bei Lückersdorf-Gelenau gegeben. Ziel der Abstimmung mit den Füßen war es, den geplanten Aufschluss eines Grauwacketagebaus auf zunächst 20 Hektar zu verhindern. Das private Bergwerkeigentum am Gestein umfasst sogar 165 Hektar, was einem schwerwiegenden Eingriff in den landschaftsbildenden Höhenzug gleichkäme, würde es aus dem Boden geholt. Sogar das Landratsamt hatte sich am Abbau-Widerstand beteiligt und versucht, über die Regionalplanung Einfluss zu nehmen. Quintessenz: Es gibt in der Region bereits ausreichend Steinbrüche. Hier müssten Naturerhalt und Naherholung Vorrang haben.

Insofern ist der Vorwurf an Hilke Domsch, die Leitbilddebatte auch im Interesse der Basalt AG zu beeinflussen, natürlich ernst zu nehmen. Matthias Busch, Mitglied der Leitbild-Lenkungsgruppe, machte dies an der in der Debatte wieder aufgelebten Forderung nach der hutbergnahen Westumfahrung fest. „Die Westumfahrung könnte auch ein Start für den Abbau des Wal- und Wüsteberges sein.“ Die Straße würde am Fuße des Höhenzuges vorbeiführen und den Abtransport des abgebauten Gesteins erleichtern. Außerdem sei das Geokompetenzzentrum in Freiberg ein „Lobby-Verein“ von Bergbauunternehmen und allein deshalb mit großer Vorsicht zu genießen. „Frau Domsch hat hier offenbar einen Interessenkonflikt.“ Mit diesen Worten wird typischerweise ein Misstrauensantrag formuliert. Was aber ist dran an ihm?

Offenbar nicht viel. Hilke Domsch kann zunächst für sich in Anspruch nehmen, vom Planungsbüro Braun und Barth aus Dresden für die externe Moderation vorgeschlagen worden zu sein. Sie hatte sich also für den Job auf Zeit nicht etwa selbst beworben, sondern war angesprochen worden, weil sie bereits mehrfach bewiesen hat, dass sie Moderation gut kann. Zum Beispiel auch in Demitz-Thumitz, aber selbst dort nicht im Auftrag einer Steinbrecherfirma. „Ich habe für die Gemeinde an einem touristischen Leitbild mitgearbeitet. Es ging um das Themenerlebnisdorf.“ Die Basalt AG haben einen Artikel von ihr auch im betriebseigenen Internetprojekt „Lebensräume“ veröffentlich. „Darum bin ich gebeten worden. Und mehr war und ist da nicht.“ Dafür spricht auch, dass im Geokompetenzentrum Freiberg zwar einige auch in der Region tätige Abbaufirmen juristische Mitglieder sind, die Basalt AG aber nicht. Allerdings ist das Geokompetenzzentrum, das sich als „innovatives Netzwerk für weltweites Wirken“ versteht, durchaus auch an Projekten im Rohstoffbereich tätig. „Das hat doch aber nichts mit meiner Arbeit in Kamenz zu tun.“

Wer soll nun moderieren?

Das wird von jenen bestätigt, die mit ihr in den letzten Monaten zu tun hatten. Hilke Domsch hatte im Vorfeld der Leitbilddiskussion 40 Gespräche mit Kamenzern geführt und sich dort als interessierte Zuhörerin mit Empathie gezeigt, was ihr positiv zurückgegeben wurde. „In der Stadt herrscht eine Aufbruchstimmung, die mich tief beeindruckt hat.“ Derartiges habe sie in vielen anderen Stationen ihres Mittuns so nicht kennengelernt. Insofern sei es ihr schwer gefallen, jetzt von der Moderation der Leitbilddebatte in Kamenz zurückzutreten. „Ich will damit auch Schaden von den Beteiligten abwenden.“ Die „Ideologisierung“ seitens der Kritiker sei so weit gegangen, „dass man mir gar nicht mehr zuhören wollte“. Ohne Vertrauen sei ihre weitere Mitwirkung allerdings sinnlos. Wie es jetzt mit der Leitbilddebatte weitergehen kann, war am Freitag zunächst offen. Wer übernimmt nun die Moderation?