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Modelleisenbahner unter Dampf

Die 50. Ausstellung ist die erste des neuen Vorsitzenden. Sie ist größer und entscheidet über die Zukunft des Vereins ab.

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© Andreas Weihs

Von Heike Sabel

Heidenau. Darius hat Brokkoli, Salat, Tulpen und Rosen im Garten. Das Gemüse und die Blumen sind winzig und ungenießbar. Das liegt nicht am Wetter oder gärtnerischen Unvermögen von Darius, sondern vielmehr an seinem Geschick. Der 18-Jährige ist bei den Modelleisenbahnern nämlich fürs Grün verantwortlich. „Ich habe mir Mühe gegeben, damit es echt aussieht.“ Steffen Schäfer nickt. Er ist Darius’ Vereinschef bei den Heidenauer Modelleisenbahnern. Während Schäfer erst seit drei Jahren dabei und seit Anfang des Jahres Vorsitzender ist, baut und bastelt Darius schon seit er elf Jahre war mit. Jetzt stehen beide mit dem Verein vor elf entscheidenden Tagen. So lange dauert ab Sonnabend die 50. Ausstellung. Es ist eine in mehrfacher Hinsicht besondere Ausstellung. Die 50. – das ist eine Leistung. Sie immer wieder durch all die Jahre und ihre Wirren zu organisieren. Zugleich ist es die erste nach dem Tod des langjährigen Vorsitzenden Lutz Rossig im Januar und damit die erste des neuen Chefs Steffen Schäfer. Und es die Ausstellung, die über die Zukunft des Vereins entscheidet. Die Einnahmen müssen das Überleben im nächsten Jahr sichern. Trotz Zuschuss der Stadt Heidenau, die Miete für die Räume in der Erlichtmühle muss jeden Monat bezahlt werden. Auch die 150 Euro für den zusätzlichen Raum im Erdgeschoss jetzt für die Jubiläumsausstellung. Erstmals sind nun auch hier Anlagen, unter anderem von Gästen, zu sehen.

Das Aufbauen und Vorbereiten auf zwei Etagen und in drei Räumen dauert fast so lange wie die Ausstellung. Oben stehen die große Anlage und eine Vitrine mit historischen Märklin-Fahrzeugen aus der Sammlung von Lutz Rossig und seinem Vater. Marcel Wegemuth hat die Anlage seines Onkels fahrbereit gemacht. Noch sind zwar nur die Gleise verlegt, dafür originalgetreu. Lange wird es dauern, Bahnhöfe zu bauen, Figuren und Autos einzufügen, für Grün sorgen. Eine Aufgabe für Darius.

Zum Verscherbeln und zum Basteln

Unten wird neben einer Anlage für Kinder zum Spielen unter anderem auch Schäfers Anlage stehen, die ihn zum Verein brachte. Sie ist nur 60 mal 60 Zentimeter groß, dafür aber mit viel Schnee. Meist steht die Anlage zugedeckt zu Hause neben seinem Schreibtisch. Wenn der Selbstständige Rechnungen schreibt, lässt er die Züge ab und zu eine Runde drehen. Vor drei Jahren fragte er im damaligen Spielzeug-Geschäft von Silke Stelzner auf der Heidenauer Thälmannstraße nach der nächsten Ausstellung. Als Vereinsmitglied wusste Silke Stelzner natürlich Bescheid. Er kam, stellte aus – und wurde schließlich Vorsitzender. Der Zusammenhalt ist in diesem Jahr gewachsen, sagen die Mitglieder.

Ein Mann verabschiedet sich bis zum Helfen am nächsten Tag. Ein anderer Mann hat noch was für den Flohmarkt „zum Verscherbeln“ gebracht. Zwei Kisten mit Büchern stehen schon unter einem Tisch. Eine Frau führt die Bastelangebote für die Kinder zur Ausstellung vor. „Das ist gut, das ist mit Rauch und unserem Logo“, sagt Schäfer. Es handelt sich um zwei Bilder, die um einen kleinen Stab zusammengeklebt werden. Wenn man ihn dann schnell dreht, ähnelt es einem Leporello, bei dem in diesem Fall eine Lok Dampf bläst. Wieder ’was erledigt.

Die Stimmung beim Aufbau der Ausstellung ist locker und doch ein bisschen angespannt. Wird alles klappen, werden genug Besucher kommen, die auch zufrieden sind, reichen die Kuchen, hält die Kaffeemaschine durch. Alle sind einbezogen. Der zwölfjährige Luca bringt gerade den mit Klettband versehenen Vorhang an der Kinderanlage an. Das sieht gut aus, und dahinter verschwinden die Kisten. Der Jüngste im Verein ist der einjährige Sohn von Marcel Wegemuth. Der Knirps hat schon mal ein Vereins-T-Shirt bekommen. Über das hat sich auch Luca gefreut. Ihn haben sie schon mal weggeschubst und gesagt: „Du stehst jetzt schon so lange hier, mein Kind will auch mal spielen.“ Das passiert nun nicht mehr.

Die ältesten Mitglieder sind die Großeltern von Mandy Plachtas verstorbenem Mann. Auch sie machen mit – am Wochenende unter anderem den Kartoffelsalat für die Helfer. Mandy Plachtas 17-jährige Tochter sitzt diesmal an der Kasse. Mit den Eisenbahnen hat es die Mutter nicht so – „Ich kümmere mich im Verein als Stellvertreterin mehr ums Organisatorische.“ Ihr Mann brachte sie einst zum Verein. Seither dreht sich bei der sozial Engagierten fast alles um die kleinen Eisenbahnen. Und weil die anderen genau so ticken, passen sie zusammen. Wenn Steffen Schäfers Frau fragt: „Willst Du in den Club fahren?“ dann sagt er: „Das Angebot kann ich nicht ablehnen.“

Geöffnet: 21. bis 31. Oktober, Wochenende 10 bis 18 Uhr, 31. Oktober: 10 bis 17 Uhr, Montag bis Freitag, 16.30 bis 18 Uhr; Eintritt: Erwachsene 3,50 Euro, Kinder 2,50 Euro; Erlichtmühle, August-Bebel-Straße 26