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Modegeschäft in Neukirch schließt

Familie Thräne gibt den Standort nach über 20 Jahren auf. Dadurch verliert nicht nur das Hofgericht.

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© Steffen Unger

Ingolf Reinsch

Neukirch. Sonnabendmittag wird Andreas Thräne zum letzten Mal die Tür seines Geschäftes an der Neukircher Hauptstraße zuschließen. Dann ist Ende. Nach mehr als 20 Jahren gibt die Familie den Geschäftsstandort im Hofgericht auf. Der Verkaufsraum ist schon fast leer geräumt. Zum 30. April endet auch der Vertrag mit Lotto. Zu den Gründen der Schließung möchte sich der Ladeninhaber nicht äußern. Doch es ist allgemein bekannt, dass das Einkaufszentrum Hofgericht trotz der Lage unmittelbar an der B 98 als schwieriges Terrain gilt. Discounter im Lebensmittel-, Textil- und Möbelbereich als unmittelbare Nachbarn gaben nacheinander auf; die große Verkaufsfläche steht seit Jahren leer. Auch bei kleinen Geschäften gab es in der Vergangenheit mehr Aus- als Einzüge. Andreas Thräne plant neu. „Wir konzentrieren uns auf andere Geschäftsfelder“, sagt er. Das sind der Online-Handel und ein Modehaus in Altenberg.

Die Thränes sind in Neukirch ein Begriff, sie haben einen guten Ruf. 1993 gehörten sie zu den Ersten, die in den roten Backsteinbau mitten im Ort einzogen und auf 1 000 Quadratmetern das „Kaufhaus am Hofgericht“ betrieben. Im Jahr 2002 verkleinerte sich das Familienunternehmen und vollzog unter dem Namen „Thräne Mode & mehr“ auf 400 Quadratmeter Verkaufsfläche einen Neustart. Neben Bekleidung wurden unter anderem auch Kosmetikartikel, Geschenke und Schreibwaren verkauft. Und es gab Dienstleistungen wie Lotto.

Schade für Neukirch

Viele in Neukirch bedauern es, dass das Geschäft schließt. Die Mitarbeiter des benachbarten Naturschutzzentrums zum Beispiel sind schnell mal rüber gesaust, wenn sie was fürs Büro brauchten. „Schade für Neukirch, dass es das Geschäft bald nicht mehr gibt“, sagt die stellvertretende Chefin Isabel Dreßler. Die Mitarbeiter waren freundlich, die Beratung durch sie gut. „Es gab schöne Sachen“, sagt Christine Schöbel. Und nachdenklich fügt sie hinzu: „Was einmal weg ist, kommt nicht wieder. Wir haben es bei den Drogerien gesehen.“ Früher gab es zwei Drogeriemärkte in Neukirch; seit der Schlecker-Pleite vor ein paar Jahren keinen mehr.

Mit dem Unternehmen „Thräne Mode & mehr“ verliert Neukirch eins von seinen drei Bekleidungsgeschäften. Auch das Hofgericht verliert weiter. Dort war das Geschäft ein Zugpferd. Die letzten zwei Mieter im Gebäude sind jetzt die Schiebocker Fleisch GmbH und ein Orthopädie-Spezialist aus Bautzen. Beide wollen bleiben. „Wir sind mit unseren Umsätzen in Neukirch sehr zufrieden“, sagt Dr. Peter Grabein, Chef des Bischofswerdaer Unternehmens.

Neue Eigentümer kommen aus Worms

Die Zukunft des Einkaufszentrums, in dessen oberen Etagen sich einst ein Hotel befand, ist ungewiss. Das Haus stand jahrelang unter Zwangsverwaltung. Investiert wurde seit Jahren nicht mehr. Als die Immobilie 2014 versteigert werden sollte, wollte der Landkreis mitbieten, um darin Asylbewerber unterzubringen. Nach Protesten Neukircher Bürger und der Gemeinde ließ er dieses Vorhaben fallen. 2014 fand sich kein anderer Bieter. Inzwischen ist das Haus verkauft.

Neue Eigentümer sind zwei Bauunternehmer aus Worms. Zu ihren Plänen sagt Miteigentümer Eduard Duchat auf Anfrage: „Wir wollen das Haus vermieten oder verkaufen. Aber lieber vermieten als verkaufen.“ Dass sich die neuen Eigentümer schon nach kurzer Zeit von Haus und Grundstück wieder trennen würden, begründet der Unternehmer damit, dass man mehrere sächsische Immobilien im Paket ersteigern wollte. Das Gebäude in Neukirch war das Erste. Weitere der gewünschten Immobilien bekamen die Männer aus Worms nicht. Hier nur ein Haus zu sanieren und es gegebenenfalls umzubauen, rechne sich wegen des weiten Weges nicht, sagt Eduard Duchat. Anders wäre es gewesen, hätte man mehrere Häuser in Ostsachsen erwerben können.

Neue Mietinteressenten gibt es zurzeit nicht, sagt der Eigentümer. Dafür aber möglicherweise einen Kaufinteressenten. Auf der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend war das Hofgericht Thema im nichtöffentlichen Teil. Ein Interessent stellte dort seine Ideen fürs Haus vor.

Das nach der Wende errichtete Backsteingebäude an der Hauptstraße prägt Neukirchs Ortsbild in unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Rittergutes maßgeblich mit. Dass dort wieder Leben einzieht, liegt auch im Interesse der Gemeinde. Handel, Dienstleistungen, Gastronomie, vielleicht ein Café, nennt Bürgermeister Jens Zeiler (CDU) auf Anfrage angestrebte Nutzungsoptionen. Die Gemeinde kann und wird nicht selbst in ein Haus investieren, das ihr nicht gehört. Aber er nutze seine Kontakte um potenzielle Mieter für das Haus zu gewinnen, sagt der Bürgermeister.