Merken

Mobbing per Handy

Vier Wilsdruffer Schüler wurden in einem Klassen-Chat beleidigt und bedroht. Der Fall zeigt ein Dilemma.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Wilsdruff. Es herrschen Unruhe, Misstrauen und heillose Aufregung unter Schülern, Lehrern sowie Eltern der Oberschule Wilsdruff. Nachdem Bürgermeister Ralf Rother (CDU) in der vergangenen Woche einen Mobbing-Fall bekannt gemacht hatte, gibt es nun neue Details dazu. Laut Aussage der Polizei sollen vier Jungen über den Kurznachrichtendienst Whats App beleidigt und bedroht wurden sein.

Losgetreten wurde der Fall am 12. Mai und der Auslöser war zunächst harmlos. An jenem Tag bat eine Lehrerin einen Schüler der siebenten Klasse zum Gespräch. Es ging um Krakeleien auf einem Tisch. Was im Gespräch genau gesagt wurde und was passierte, darüber hüllt sich die Schule in Schweigen. Fakt ist: Die Polizei wurde gerufen. Denn der Junge hatte während des Gesprächs die Pädagogin beleidigt und bepöbelt. Zudem trug er ein Taschenmesser bei sich – dem Vernehmen nach, um sich selbst zu schützen.

Nach allem, was die Polizei anschließend herausfand, sollen insgesamt vier Schüler der Klasse von Mitschülern per Handy beleidigt und bedroht worden sein – darunter der Taschenmesserträger. „Soweit wir wissen, gelten die Jungen als Außenseiter“, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner. Eines der Mobbing-Opfer ist nun erst einmal in ärztlicher Behandlung, zur Schule geht er derzeit nicht. Die Schulleiterin Marlies Loibl will zu dem Vorfall keine Stellung nehmen.

Umso mehr sorgt der Fall auf der Facebook-Seite der Sächsischen Zeitung für Diskussionen. „Es wird an jeder Schule gemobbt, nur kaum einer sieht das und unternimmt was dagegen“, schreibt Isabel Hennig. Ramona Tefs kommentiert: „Vielleicht sollten Eltern öfter schauen, wie die lieben Kleinen die sozialen Medien nutzen.“ Das ist genau der Punkt, der auch Sozialarbeitern Sorge macht. Beate Sommer zum Beispiel. Sie arbeitet bei der Stiftung Leben und Arbeit in Wilsdruff. „Die Schüler beschäftigen sich mit dem Smartphone und weniger miteinander.“ Es falle immer schwerer, die Jugendlichen zu einer anderen Beschäftigung zu motivieren. Gesellschaftsspiele, Billard, Tischkicker – alles out. Das Lieblingsspielzeug ist heutzutage das Handy.

Und da gehe es bei den Kindern genauso wenig gesittet zu wie bei den Erwachsenen. Immer tiefer würden die Hemmschwellen sinken. Das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem. Sommer: „In Chats und Foren werden Dinge geäußert, die man niemandem persönlich ins Gesicht sagen würde.“ So wohl auch im Falle der Wilsdruffer Schulklasse. Auf die Frage, welche Projekte gegen Mobbing es bereits gab und wie die Schulleitung nun reagieren möchte, antwortet Schulleiterin Loibl lediglich: „Der Vorfall wurde der Polizei zur Klärung und Ermittlung übergeben.“ Die Polizei aber hat ihre Ermittlungen bereits eingestellt. Es liege keine Strafanzeige vor, zudem sei Mobbing kein Straftatbestand, so Sprecher Geithner. Unabhängig von dem Vorfall und bereits länger in Vorbereitung ist für den 12. Juni ein Informationsabend im Wilsdruffer Kleinbahnhof. „Aufwachsen mit Smartphones und dem Mitmachnetz Web 2.0“, heißt die Veranstaltung, organisiert von mehreren Jugendhilfeeinrichtungen. Auch der Mobbing-Fall könnte dann Thema werden. Eventuell werden sich die Schul-Sozialarbeiter im Anschluss an die Veranstaltung mit Eltern, Schülern und Lehrern der siebenten Klasse treffen. Man müsse miteinander reden, um das Verhältnis in der Klasse zu verbessern, so die Sozialarbeiter.(hey)