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Mittags in die Neustadtküche

Die SZ erinnert an Orte, Institutionen und Menschen, die in Zittau jeder kannte und noch heute kennt. Heute: die Neustadtküche.

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© privat

Von Elke Schmidt

Zittau. Zuerst kam ein Windfang, dann ein lang gezogener Raum, der wie ein Schlauch wirkte. Gleich am Eingang stand rechts am Fenster ein kleiner und auf der linken Seite bis hinter zur Küche eine lange Reihe größerer Tische mit Plastetischdecken. Ein uriger Ofen sorgte in der Neustadtküche auf der Frauenstraße mit einer damals sehr fortschrittlichen Kachelofen-Luftheizung sowohl für schnelle Wärme als auch für lang anhaltende. So erinnern sich viele Zittauer an die ehemalige HO-Gaststätte.

© Rafael Sampedro

Sie war immer recht gut besucht. Hierher kamen zum Beispiel Menschen, die nach dem Markttag vor der Abfahrt ihres Busses noch schnell etwas essen wollten, sagt Georg Bielaß. Der Zittauer wohnt gleich nebenan und erinnert sich noch gut an damals. Auch die Leute, die rund um die Neustadt arbeiteten, die FDJ-Kreisleitung von gegenüber und die HO-Geschäftsleitung bekamen hier ein schnelles Mittagessen, sagt er. Das Essen sei bodenständig und immer gut gemacht gewesen. Geöffnet hatte die Gaststätte nur von Mittag bis gegen 18 Uhr. Am Wochenende war sie geschlossen, aber manchmal öffnete sie wie andere Zittauer Gaststätten am 1. Mai. Wer zur Demo ging, bekam dort eine Bockwurst und dazu eine Wertmarke über fünf DDR-Mark, sagt Georg Bielaß. Die konnte man dann einlösen.

Im Haus gab es einen Schreibwarenladen und im ersten Obergeschoss den Kostümverleih Hopfstock, der weit über die Stadtgrenzen Zittaus bekannt war und bei dem sich damals nicht nur die Einwohner Fräcke und anderes ausliehen, sondern auch das Theater seine Kostüme. Dort war auch der Friseursalon Scheffter. Später ein Salon der PGH „Figaro“, außerdem Wohnungen und das Büro der Volksbildung.

Heute gehört das Haus Gert Thomas. Er vermietet dort Wohnungen und hat in der ehemaligen Neustadtküche seine Firma untergebracht. Auf einer Website veröffentlicht er die Geschichte des Hauses. Demnach lässt sie sich bis in das Jahr 1532 zurückverfolgen. Der damalige Besitzer des Grundstücks, Lucas Mahler, ließ es nach einem Brand im Jahre 1526 im Renaissancestil erbauen. Es blieb beim großen Stadtbrand im Jahre 1608 verschont. 1748 kaufte Tobias Burkhardt das Anwesen, ließ ein Jahr später das alte Haus abtragen und das jetzige an dessen Stelle errichten. Es war Bierhof und Hotel. Es gab fünf Läden und die Obergeschosse waren vermietet. Die letzten Mieter zogen um die Jahrtausendwende aus.

www.saechsischerhof-zittau.de