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Mitlesen bei WhatsApp-Nachrichten

Bald kann die Polizei bei Verdächtigen auch Messengerdienste überwachen. Die Innenminister schließen auf ihrer Konferenz in Dresden eine Lücke.

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© Robert Michael

Thilo Alexe

Dresden. Der Zeitpunkt hatte es in sich. Von Montag bis Mittwoch trafen sich die Innenminister des Bundes und der Länder in Dresden. Es war die erste der turnusmäßigen Runden nach dem islamistischen Lastwagenanschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt. Und es war die letzte vor der Bundestagswahl, bei der das Thema innere Sicherheit eine entscheidende Rolle spielen dürfte. Der Chef der Innenministerkonferenz, der sächsische CDU-Politiker Markus Ulbig, sprach von anstrengenden, aber auch konstruktiven Tagen. Die 17 Innenminister von Bund und Ländern konnten sich erwartungsgemäß nicht überall einigen. Dennoch gibt es Verschärfungen.

Minister befassen sich mit Risiken von Technik zur Kommunikation

Bislang können Polizisten Telefone und SMS-Nachrichten von Verdächtigen überwachen – nicht aber über Messengerdienste wie WhatsApp verbreitete Nachrichten. Das soll sich nun ändern. Die Bundesregierung werde in Kürze die Strafprozessordnung ändern, kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) an. Nötig sei aber, wie bei anderen Überwachungen auch, die Zustimmung eines Richters. Zudem wollen die Minister die Gefahren eines Cyberangriffes auf die Infrastruktur verkleinern. Niedersachsen bereitet, wie Innenminister Boris Pistorius (SPD) mitteilte, eine länderübergreifende Übung vor.

Sechsjährige müssen sich Fingerabdrücke nehmen lassen

Die Minister stehen zur Entscheidung des Bundes und der Ministerpräsidenten für einen Abschiebestopp nach Afghanistan. Minister Ulbig betonte aber, die Länder erwarteten vom Bund einen Bericht zur Sicherheitslage in dem Land vor der Sommerpause. Um Mehrfachidentitäten zu vermeiden, senken die Länder die Altersgrenze zur Abnahme von Fingerabdrücken bei Kindern von Asylbewerbern von 14 auf sechs Jahre.

Reichsbürger sollen keine Waffen haben dürfen

Einen Dissens gibt es zwischen CDU- und SPD-Innenministern beim Thema Reichsbürger. Einig sind sich zwar alle, dass jene keine Waffen haben sollen. Doch das Wie ist umstritten. SPD-Innenminister drängen auf eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz, wenn Reichsbürger einen Waffenschein beantragen. Die CDU-Seite sieht die bisherigen Möglichkeiten als ausreichend an. Reichsbürger lehnen die Grundordnung der Bundesrepublik ab. Rund 12 600 leben in Deutschland, einige Hundert gelten als rechtsextrem. Rund 700 sind im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis.

Gefährder sollen stärker überwacht werden

Rund 680 Gefährder leben derzeit in Deutschland. Sie sollen stärker überwacht werden. Ressourcen sollen dazu länderübergreifend sowie beim Bund geschaffen beziehungsweise Neujustierungen vorgenommen werden. Im Zentrum steht ein neues Analysemodell des Bundeskriminalamts. Es soll dabei helfen, potenzielle islamistische Attentäter rascher zu erkennen. Zudem soll es dazu beitragen, unterschiedliche Bewertungen zu vermeiden. Bundesminister de Maizière betonte mit Blick auf den Berliner Lastwagenattentäter, der in mehreren Bundesländern gelebt hatte: „Es darf zukünftig nicht mehr passieren, dass eine als gefährlich qualifizierte Person im Bundesland A polizeilich völlig anders behandelt wird als in Bundesland B.“

Jugendliche sollen vor Radikalisierung geschützt werden

Sicherheitsbehörden beobachten, dass sich nicht nur Männer radikalen islamischen Positionen zuwenden. Salafisten werben auch Frauen und Jugendliche an. Die Minister wollen die Szene besser aufklären, um dann Präventionsprogramme zu entwickeln beziehungsweise auszubauen.

Maßnahmen gegen Einbrecher werden nicht verschärft

Wie kann die Polizei die Aufklärung von Wohnungseinbrüchen steigern? Der sogenannte Wohnungseinbruchsdiebstahl ist bereits als Verbrechen eingestuft worden. Ermittler haben Zugriff auf Verkehrsdaten Verdächtiger, das heißt, auf Eckdaten der Telekommunikation wie etwa den Standort eines Mobiltelefons oder eine Verbindungsübersicht. Gescheitert ist die CDU-Seite damit, eine Überwachung der Kommunikation, die auch Abhören einschließt, einzuführen – „leider“, wie der Schweriner Minister Lorenz Caffier (CDU) sagte.

Ulbig will sich mit Vertretern des Deutschen Fußballbundes treffen

Im September will sich Ulbig als Vorsitzender der Innenministerkonferenz mit Vertretern der Fußballverbände DFB und DFL treffen. Pistorius bezeichnete Gewalt sowie die sogenannte Kriegserklärung von Dresdner Fans in Militärkleidung beim Auswärtsspiel in Karlsruhe als Zustände, „die wir nicht mehr hinnehmen können“.